Die haarsträubende Geschichte des „lieben” Alain, der bei der deutschen Insel-Society so gut ankam und deshalb seine „Freunde” ausnehmen konnte wie Weihnachtsgänse, ist sie symptomatisch für Mallorca? Wir sind versucht, schnell ja zu sagen. Denn gerade in fremder Umgebung läuft man Gefahr, neuen Bekannten allzu schnell zu vertrauen.
Was hat die Insel schon an Hochstaplern, Betrügern und Verbrechern gesehen! Am tollsten trieben sie es wohl Ende der 90er Jahre, in der Zeit also, als Mallorca eine Art Goldgräberstimmung erlebte. Wer damals keine „Mallorca-Finca” hatte, riskierte die soziale Ächtung. Das war der Nährboden für üble Geschäftemacher. Da dealten „Makler”, deren gesamte Infrastruktur in einem Handy bestand, mit angeblichen Millionenvillen; Handwerker, die keine waren, verschwanden mit den Vorschüssen oder lieferten bestenfalls Pfusch ab. Dazu ein Heer von Deutschen, die auf der Flucht waren vor deutschen Staatsanwälten, Finanzämtern oder Ehefrauen (Letzteren, weil sie ihnen Unterhalt schuldeten) und sich auf Mallorca sicher fühlen konnten.
Hier trafen sie auf viele Inselneulinge, die für jede neue Bekanntschaft dankbar waren und sich mangels Sprachkenntnisse bevorzugt jenen anvertrauten, die Deutsch sprachen. Die Selbstwarnsysteme waren abgeschaltet. Ein Bussi hier, ein Bussi da – und schon war man ein Dutzfreund. Das schnelle Vertrauen wurde von den Ganoven schamlos ausgenutzt.
Inzwischen ist vieles anders geworden. Es hat sich herumgesprochen, dass Deutschkenntnisse noch kein Leumundszeugnis sind, und die ehrlichen Geschäftsleute haben die Handymakler und sonstigen „Windbeutel” überdauert. Vor allem aber: Die Strafverfolgungsbehörden der Länder arbeiten besser zusammen – Mallorca ist für Gangster kein allzu sicherer Hort mehr.
Das heißt aber nicht, dass sie ausgestorben sind. Der „liebe Alain” ist der schmerzhafte Beweis dafür. Eine gesundes Maß an Misstrauen müssen wir uns wohl bewahren.