Mallorca Magazin: Wie schnell laufen Sie die 100 Meter, Herr
Odonkor?
David Odonkor: Weiß ich nicht. Aber auch wenn ich es wüsste, würde
ich es nicht verraten.
MM: Warum das?
Odonkor: Überleg mal, es kommen elf oder zwölf Sekunden dabei raus.
Das wäre zu langsam. Darum würde ich es nicht verraten. Außerdem
sind beim Fußball die ersten 30 bis 40 Meter entscheidend, nicht
die ersten 100.
MM: Seit wann sind Sie wieder ganz fit?
Odonkor: Seit sechs Wochen bin ich wieder im
Mannschaftstraining.
MM: Bisher saßen Sie aber fast nur auf der Bank. Die Situation
ist unbefriedigend für Sie?
Odonkor Ich werde einfach weiter mein Bestes geben und dann werden
wir weitersehen. Ich fühle mich gut, das Knie hält. Mal sehen, wann
ich zum Einsatz komme.
MM: Sie lächeln, wenn Sie das sagen. Sehen Sie das
tatsächlich so locker?
Odonkor: Natürlich bin ich frustriert und enttäuscht. Aber wass
soll ich dazu sagen. Ich muss einfach das Beste daraus machen.
Warum soll ich jetzt traurig sein oder im Boden versinken? Ich
werde so sein wie immer: lustig. Ich lache viel und das werde ich
beibehalten.
MM: Sie sind kürzlich 24 geworden. Was haben Sie sich fürs
neue Lebensjahr vorgenommen?
Odonkor: Gesund zu bleiben. Alles andere kommt von alleine.
MM: Wo werden Sie im Mai dieses Jahres sein?
Odonkor: Ich will hoffen, dass ich mit der Nationalmannschaft hier
auf Mallorca bin, dass ich da eine große Zeit feiere. Aber das
liegt daran, ob ich spiele oder nicht. Wenn ich spiele, dann kann
ich es gut schaffen. Wenn nicht, muss ich mir meine Gedanken
machen.
MM: Sie haben noch Vertrag bis 2011 bei Betis...
Odonkor: Ich schau jetzt mal bis zum Sommer und dann sehen wir
weiter.
MM: Sind Sie im Kontakt mit dem Bundestrainer?
Odonkor: Wir telefonieren sehr oft miteinander und sprechen
darüber, wie es mir geht und ob ich spiele. Über die EM haben wir
noch nicht geredet. Das ist ja noch lange hin.
MM: Wenn Sie regelmäßig telefonieren, dann bedeutet das aber
schon, dass Sie zum Stamm der Nationalmannschaft gehören?
Odonkor: Ich will's hoffen. Das liegt nur an mir selbst, ob ich
meine Leistung bringe.
MM: War die WM 2006 für Sie bisher der Höhepunkt Ihrer
Karriere?
Odonkor: Ja. Aber den nächsten Schritt möchte ich jetzt auch
machen. Und das ist die Europameisterschaft. Wenn ich das schaffe,
habe ich wieder den nächsten Höhepunkt erreicht.
MM: Auch um Sie herrschte ein enormer Rummel während der WM
in Deutschland. Wie haben Sie das erlebt?
Odonkor: Ich kann damit gut umgehen. Ich will mich einfach nur auf
den Fußball konzentrieren.
MM: Kreischende Mädchen stören Sie also nicht?
Odonkor: Ich finde das immer schön, wenn Fans meinen Namen rufen
oder mir zukreischen. Ich liebe Kinder und es ist immer schön, wenn
Jugendliche einen als Vorbild haben. Ich möchte einfach nur mein
Bestes zurückgeben und das versuche ich halt.
MM: Und wenn sich dann plötzlich wildfremde Leute für Ihr
Privatleben in-teressieren?
Odonkor: Das können sie ja machen. Ich weiß, was ich mit meiner
Familie zu tun habe und was die anderen sagen, interessiert mich
nicht.
MM: Als Sie wegen eines Verkehrsdelikts zu einer Geldstrafe
verurteilt wurden, interessierten sich plötzlich alle
dafür...
Odonkor: Ich bin noch jung und jeder Mensch macht mal Blödsinn.
Aber man lernt aus Fehlern und dann versucht man, sie
abzustellen.
MM: Wie sind Sie von den Fans bei Betis aufgenommen
worden?
Odonkor: Sehr freundlich. Wie auch von der Mannschaft. Ich habe vom
ersten Tag an dazugehört. Das fand ich sehr positiv.
MM: Ihr Schweizer Mitspieler Johann Vogel hat Ihnen anfangs viel
geholfen...
Odonkor: Er hat mir sehr geholfen. Wir sind auch jetzt noch in
Kontakt, obwohl er ja leider nicht mehr für Betis spielt. Ich muss
da jetzt selbst durch. Außerdem habe ich ja jetzt Marko Babic
dazubekommen, der auch Deutsch spricht. Den kenne ich noch aus der
Zeit, als er in Leverkusen gespielt hat.
MM: Es spielen noch zwei weitere Deutsche in der Primera
División. Haben Sie zu denen Kontakt?
Odonkor: Mit Christoph Metzelder telefoniere ich ab und zu. Mit
Timo Hildebrand auch.
MM: Betis hat 6'5 Millionen Euro Ablöse für Sie an Borussia
Dortmund gezahlt. Ist das ein zusätzlicher Druck gewesen?
Odonkor: Natürlich habe ich mir am Anfang Gedanken gemacht, warum
Betis so viel Ablöse gezahlt hat, aber ich habe mir das aus dem
Kopf geschlagen, weil ich andere Dinge zu tun habe, als mir
Gedanken zu machen. Ich will einfach meine Leistung bringen und das
Vertrauen so zurückzahlen.
MM: Ihr Vater ist Ghanaer. In Spaniens Stadien gehören
rassistische Ausschreitungen zur Tagesordnung. Haben Sie das schon
erlebt?
Odonkor: Nein. Wenn so etwas auf mich zukommen sollte, kann ich
ohnehin nichts machen. Ich bleibe ganz ruhig und spiele mein Spiel
weiter.
MM: Wie gut haben Sie sich eingelebt in Sevilla?
Odonkor: Ich fühle mich sehr wohl. Am Anfang hatte ich
Schwierigkeiten, aber das ist jetzt vorbei. Ich habe Freunde
gefunden und meine Familie ist auch sehr oft gekommen. Die Stadt
ist schön, unser Haus ist schön, wir haben jeden Tag schönes
Wetter. Da kann man sich nicht beklagen.
MM: Sprechen Sie Spanisch?
Odonkor: Im ersten Jahr habe ich keinen Spanischkurs gemacht. Jetzt
habe ich mir Gedanken gemacht und mir vorgenommen zu lernen. Ich
muss mich ja irgendwann auch mal mit der Mannschaft verstehen. Wenn
ich mal mit denen weggehe, will ich mich ja auch unterhalten.
MM: Ihre Spanischkenntnisse sind also noch nicht so
gut?
Odonkor: Also, perfekt sind sie nicht. Ich verstehe aber schon sehr
viel.
MM: Das ist aber nicht der Grund, warum Sie im Moment nicht
spielen?
Odonkor: Nein. Ob einer spielt, liegt immer an seiner Leistung.
Mein Problem ist, dass ich dreieinhalb Monate verletzt war.
MM: Es heißt, Sie hätten Extraschichten eingelegt, um schnell
wieder fit zu werden?
Odonkor: Ich habe mir für fast zwei Wochen einen eigenen
Fitnesscoach aus Deutschland geholt. Den habe ich aus meiner Tasche
bezahlt. Ich wollte einfach fit werden, auch in Hinsicht auf die
Europameisterschaft. Das hat mir gut getan.
MM: Wie unterscheidet sich der spanische vom deutschen
Fußball?
Odonkor: Real Madrid und der FC Barcelona spielen schon guten
Fußball. In Deutschland spielen wir auch guten Fußball, aber nicht
so wie in Spanien. Die Deutschen haben ja nicht die Topstars wie
Ronaldinho, Messi, Eto'o. Hier wird schneller gespielt, man hat
auch mehr Techniker in der Mannschaft. Das heißt ja nicht, dass die
Bundesliga schlecht ist.
MM: Wo sehen Sie Ihre Stärken und Schwächen?
Odonkor: Also meine Stärken sind meine Schnelligkeit und meine
Zweikampfstärke. Zu meinen Schwächen will ich nichts sagen.
MM: Dazu sagen Sie grundsätzlich nichts?
Odonkor: Nein.
MM: Aber Sie wissen schon, welches Ihre Schwächen sind?
Odonkor: Natürlich. Wenn ich das nicht wüsste, hätte ich irgendwas
falsch gemacht.
Fragen: Jonas Martiny