Sprache auf Mallorca ist ein Politikum. Das hat vergangene Woche nicht nur die deutsche Fluggesellschaft Air Berlin spüren müssen, als deren Chef Joachim Hunold satirische Spitzen gegen das Inselidiom Català setzte. Der sprachpolitische „Regionalisierungseifer”, so hatte Hunold im Editorial seines Bord-Magazins geschrieben, sei ein „Rückfall in mittelalterliche Kleinstaaterei”.
Gleich einem Wirbelsturm erhob sich auf der Insel und weit über ihre Gestade hinaus, auf dem katalonischen Festland, die Empörung. Es regierte die Polemik. Sachargumente kamen kaum zum Zuge. Katalanistische Politiker nahmen Air Berlin unter Feuer, die konservative PP-Opposition schoss Breitseiten gegen die Balearen-Regierung, diese wiederum kam mit Air Berlin überein, den Konflikt am besten zu deeskalieren. Man einigte sich auf freundliche Floskeln, um die durchaus engen wirtschaftlichen Beziehungen nicht zu schädigen.
Air Berlin hatte unbedacht in ein Wespennest gestochen. Denn auf den Inseln findet eine latente Sprachpolitik statt, die innerhalb der Gesellschaft durchaus umstritten ist, ohne dass der Konflikt bislang jedoch offen zutage trat. Seit ihren Amts-antritt vor einem Jahr setzt die links-regionalistische Balearen-Regierung auf die Förderung der katalanischen Sprache. Das war sehr wohl Teil des Wahlprogramms der sie bildenden Einzelparteien, und darf deshalb nicht überraschen. Überraschend ist jedoch, dass die Sprachförderung nicht mit Pauken und Trompeten begonnen wurde, sondern ganz allmählich erfolgt. Sie soll, bei sanftem Druck, möglichst alle Bereiche des öffentlichen Lebens durchdringen.
Die verantwortlichen Politiker müssen dabei nicht einmal neue Gesetze und Verordnungen erlassen. Sie greifen auf die teils seit Jahrzehnten gültige Rechtslage zurück, setzen diese jedoch viel konsequenter um. So füllen sie Paragraphen, die lediglich auf dem Papier standen, mit Leben, und haben dabei das Recht auf ihrer Seite. Im Klartext: Anders als die konservativen Balearen-Regierungen zuvor macht der jetzige Govern ernst: Es ist Schluss mit Català light.
Das zeigte sich kurz nach der Wahl, als der Balearen-Sender IB3 ganz auf Katalanisch umgestellt wurde. Ein weiteres Beispiel: Nach wenigen Wochen im Amt pochte die neue Regierung auf die Umsetzung des balearischen Handelsgesetzes von 2001. Es sieht vor, dass in Geschäften mit mehr als drei Mitarbeitern mindestens einer in der Lage sein müsse, Kunden auf Català zu bedienen. Unbeeindruckt von Protesten des Einzelhandels achtet die Regierung verstärkt auf die Einhaltung der Vorgabe.
Nächstes Beispiel: Seit wenigen Wochen erinnert die Kampagne „Català, la teva eina de feina” (Katalanisch, das Handwerkszeug für Deine Arbeit) die Beamten und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung daran, dass sie mit der Laufkundschaft und am Telefon auf Katalanisch zu sprechen haben. Erst wenn der Gesprächspartner es ausdrücklich fordere, sei die zweite offizielle Sprache der Autonomen Region, Spanisch, anzuwenden. Zudem sollen Broschüren künftig nicht mehr zweisprachig, sondern nur noch auf Català erscheinen. Das gilt auch für Hinweisschilder, die etwa den Ausgang nurmehr mit „Sortida” anzeigen dürfen. Die Rechtsgrundlage für dieses quasi neuartige Vorgehen ist ein Dekret für die öffentliche Verwaltung aus dem Jahre 1990. Es war damals von der konservativen PP (mit den Stimmen der UM) verordnet worden. Das Dekret basiert seinerseits auf dem balearischen „Gesetz zur sprachlichen Normalisierung” von 1986, das damals von allen Parteien, auch der PP, einstimmig verabschiedet worden war, um das Català entsprechend zu fördern.
Wer unmittelbar nach dem jüngsten Regierungswechsel mit radikalen Änderungen in der Schulpolitik gerechnet hatte, sah sich zunächst nicht bestätigt. Erst vergangene Woche stellte das Kultusministerium ein neues Dekret vor, das das dreisprachige Erziehungsystem der konservativen Vorgängerregierung, „Trilingüisme”, abschafft. Auch hier beruft sich die Balearen-Regierung auf eine Verordnung aus dem Jahre 1997: Das Dekret schreibt vor, dass mindestens 50 Prozent des Unterrichts in Català zu erfolgen habe.
Einen Wandel dürfte es zudem im Justizbereich geben. Sobald Madrid die Kompetenzen an die Regionen abtritt – damit ist in dieser Legislaturperiode zu rechnen – dürfte auch vor Gericht zunehmend auf Katalanisch verhandelt werden.