Mallorca Magazin: Herr Maffay, Sie veranstalten am Samstag
wieder ein Hoffest auf Ihrer Finca. Was erwartet die
Besucher?
Peter Maffay: Man kann mal hautnah mitbekommen, welche
Arbeit wir hier machen, die Struktur der Finca begreifen. Wie sich
das alles verzahnt mit der Ökoarbeit, der Käserei, den
Kindergruppen.
MM: Geht es vorrangig um die Öko-Komponente oder um die
Arbeit mit traumatisierten Kindern, die hier Urlaub machen
können?
Maffay: Der Bio-Hof ist Teil des Systems, welches die Kinder
hier erfahren sollen. Die Natur als Therapeut, das ist das Beste,
was man Kindern antun kann. Sie kommen in Kontakt mit vielen
Werten, die sie nicht kennen, zum Beispiel die Integration des
Menschen in die Natur.
MM: Was wird eigentlich auf dem Biohof produziert?
Maffay: Also, das gesamte Gelände umfasst etwas mehr als 100
Hektar, davon werden zirka 40 Hektar bewirtschaftet. Wir pflanzen
Gemüse an, das wir im eigenen Hofladen und sonntags auf dem Markt
von Pollença verkaufen. Auch Restaurants gehören zu unseren
Abnehmern. Auf dem Hof gibt es zudem eine Käserei, eine Bäckerei
sowie diverse Tiere wie zum Beispiel Schafe und Ziegen.
MM: Sie denken über eine Vermarktung Ihrer Produkte in
Deutschland nach ...
Maffay: Ja, das stimmt. Wir haben vor, Produkte, die wir
hier erzeugen, aber auch andere Produkte von der Insel unter der
Marke „Can Sureda” zu verkaufen. Ich sehe das als eine Möglichkeit,
dahin zu kommen, dass sich die Landwirtschaft hier eines Tages ohne
Subventionen trägt.
MM: Das heißt, momentan schießen Sie zu?
Maffay: Aber sicher. Würden wir keine CDs verkaufen, dann
wäre das alles nicht machbar. Zu einem gewissen Zeitpunkt muss der
Biohof aber unabhängig sein. Dann können Kinder auch noch in 20
Jahren hierher kommen.
MM: Aber es werden nicht alle Produkte, die man demnächst
unter dem Namen „Can Sureda” in Deutschland kaufen kann, auch
direkt von hier kommen?
Maffay: Nein, aber wir werden Vorgaben machen. Bei uns
handelt es sich ja um einen Öko-Betrieb mit Öko-Zertifikat, so
etwas wird überall, auch auf Mallorca, immer mehr geschätzt. Es
gibt aber noch viele bürokratische Hürden, die den Landwirten das
Leben schwer machen. Da muss sich noch einiges ändern. Es geht
jedoch in die richtige Richtung. Ökologische Landwirtschaft trägt
zur Qualität der Insel bei, hebt die Lebensqualität aller. Wenn wir
hier anstatt Tomaten zu züchten Häuser bauen, den Boden versiegeln,
noch mehr Straßen bauen und mehr Müll produzieren würden, dann
würden wir der Insel noch mehr als bisher schon die Qualität
nehmen, für die sie berühmt ist.
MM: Sind Bio-Produkte nicht etwas, das sich nur Reiche
leisten können?
Maffay: Wir müssen dahin kommen, öko nicht als
Zusatzgeschäft zu verstehen, sondern als Voraussetzung für eine
vernünftige Ernährung für alle. Aus meiner Sicht muss öko nicht
teurer sein als nicht-öko. Öko-Produktion setzt aber erheblich mehr
Wissen voraus. Fehlendes Wissen wird kompensiert durch
Investitionen, die vielleicht gar nicht nötig sind, die Produkte
aber verteuern.
MM: Setzen manche Produzenten auch höhere Preise an, weil öko
einfach in ist?
Maffay: Ja, ich glaube dieser spekulative Faktor spielt bei
der Gestaltung von Preisen auch eine Rolle. Dann geht es um reines
Profitdenken, von dem wir in vielen Bereichen wegkommen müssen.
Dass jemand von seiner Arbeit etwas hat, ist legitim. Es geht nur
um wie und wie viel. Wenn irgendwelche Verbrecher, die sich Banker
nennen, Geld verzocken, das ihnen nicht gehört, dann zeigt das, wie
die Gesellschaft sich entwickelt hat. Wenn Firmen Geld aus
irgendwelchen Töpfen abzapfen, damit sie Boden versiegeln und
Autobahnen bauen können und jeder Quadratmeter Asphalt die Taschen
füllt, wenn die Korruption, die wir hier auf Mallorca gerade extrem
erleben, in Länder schwappt, wo man sie so nicht kannte, dann
müssen wir zurück an den Ursprung. Wir müssen einfach umkehren und
versuchen, einen respektvolleren Umgang zu erzeugen. Nicht nur mit
der Natur, sondern auch mit anderen Menschen.
MM: Umkehren ist ein gutes Stichwort. Ein führender
Mallorca-Ökonom fordert eine Art „grüne Umkehr”. Ist das Wasser auf
Ihren Mühlen?
Maffay: Diese Erkenntnis als etwas Neues zu empfinden, ist
Schwachsinn. Das ist dummes Zeug. Die Frage war doch schon lange:
Wie viel Boden darf man versiegeln und den kommenden Generationen
damit wegnehmen? Als die ersten Leute Solarenergie empfohlen haben,
wurde das doch ignoriert. Wir leben seit 30 Jahren mit einer
einseitigen Wirtschaftsorientierung und einige haben gut daran
verdient. Man hätte schon seit Langem viele Dinge ändern können.
Aber ich glaube, dass das auch jetzt noch möglich ist. Dazu muss
die Gesellschaft sich allerdings über die Fehlentwicklung im Klaren
sein.
MM: Die Erhaltung der Natur kann auch ein Beitrag zur
Qualität sein ...
Maffay: Das meine ich ja. Wenn die Qualität erhalten bleibt,
dann bleibt die Insel attraktiv für ihre Gäste. Vielleicht kommen
dann einige weniger. Aber wir können uns nicht so einseitig
orientieren. Autarkie hat diese Insel jahrhundertelang
ausgezeichnet. Und ich glaube, dass die Insel auch heute noch alle
ihre Bewohner ernähren könnte. Aber dann muss einiges zurück in die
Landwirtschaft, dann muss die Landwirtschaft stärker gefördert
werden.
MM: Sie sind Mitglied der mallorquinischen
Umweltschutzorganisation GOB geworden und haben sich im vergangenen
Sommer an der Forderung nach Ausweisung von Jagdschutzgebieten auf
der Insel beteiligt. Sind aktuell weitere Aktionen geplant?
Maffay: Konkret nicht. Ich war in den letzten Monaten auch
zu viel unterwegs. Aber dieses Engagement erscheint mir als eine
der sinnnvollen Möglichkeiten, sich auf Mallorca einzusetzen.
Wohlgemerkt als Gast, als der ich mich immer noch sehe.
MM: Sie haben am Montag das Bundesverdienstkreuz bekommen,
waren mit Ihrem neuen Album „Ewig” auf Platz eins der deutschen
Charts, außerdem wurde ein Wachs-Ebenbild von Ihnen bei Madame
Tussauds in Berlin aufgestellt. Was war für Sie
bedeutender?
Maffay: Madame Tussauds war Spaß. Ein netter Aspekt ist,
dass sich Leute hinter mich ans Schlagzeug setzen und sich gegen
Geld fotografieren lassen können. So kommt etwas für meine Stiftung
zusammen. Dass wir Nummer eins waren, ist eine absolute Zahl, mehr
geht nicht. Einfach geil, ein Prädikat für alle, die mitgearbeitet
haben. Und eine wunderschöne Motivation. Dasselbe gilt in ähnlicher
Weise für das Bundesverdienstkreuz. Das gab es nicht für unsere
Musik, sondern für unsere karitative Arbeit.
MM: War es etwas Besonderes, dass Bundespräsident Horst
Köhler Sie persönlich ausgezeichnet hat?
Maffay: Ja, auf jeden Fall. Weil ich ihn und seine Frau sehr
bewundere. Man trifft selten Menschen mit dieser Ausstrahlung,
Herzlichkeit und Menschlichkeit.
MM: In den vergangenen Monaten haben Sie viel PR-Arbeit für
Ihre neue Platte gemacht, auch einige Interviews gegeben, die recht
persönlich waren. So erzählten Sie zum Beispiel von einem
Selbstmordversuch Ihrer Mutter. Haben Sie da Ihr Privatleben nicht
etwas zu weit geöffnet?
Maffay: Ich habe auf eine korrekt gestellte Frage
wahrheitsgemäß geantwortet und würde das auch wieder tun. Jetzt
weiß jeder, was passiert ist, und das Thema wird nicht
weitergekocht. Wobei alle Fragen, die gestellt wurden, immer den
nötigen Respekt dem Thema gegenüber aufwiesen. Was meine Familie
anbelangt, gab es keine Schlüssellochgeschichten, keine Fotos von
Yaris, keine Homestory. Und das wird auch so bleiben.
MM: Sie stammen aus Rumänien und wollen mit Ihrer Stiftung
auch in Ihrer Heimat Siebenbürgen aktiv werden. Was ist
geplant?
Maffay: Wir werden 80 Kilometer nördlich von Kronstadt eine
Kirchenburg mieten. Ähnlich wie hier auf Mallorca sollen dort
Kinder Urlaub machen. Hier haben wir eine Finca, dort eine
Kirchenburg – beides sind Schutzräume für Kinder.
MM: In den nächsten Monaten sind Sie wieder viel unterwegs
...
Maffay: Ja. Wir gehen auf Tournee, spielen bis Juni 2009
immerhin 64 Konzerte. 2010 wird ein Jubiläumsjahr, dann sind wir 40
Jahre dabei. Dazu ist derzeit geplant, einen Sampler zu
veröffentlichen, auf dem alte Titel neu interpretiert werden.
Mit Peter Maffay sprach MM-Redakteur Nils Müller