Die Olympischen Spiele von Peking fanden ohne Birgit Fischer statt. Ungewöhnlich. Denn beginnend mit den Spielen von Moskau 1980 war Fischer (abgesehen von 1984 in Los Angeles, als die DDR den Event boykottierte) immer dabei.
Sechsmal reiste die Kanutin an, holte in Einzel- und Mannschaftswettbewerben zwölf Medaillen, darunter acht goldene. Birgit Fischer ist die erfolgreichste deutsche Olympionikin der Sportgeschichte und auch die erfolgreichste Kanusportlerin der Welt (27 WM-Titel). Jetzt war die 46-Jährige für ein paar Tage in Cala Rajada, nahm als Gast am „Champions Club” des „Verbundnetzes für den Sport” teil.
Die Fans hatten gehofft, dass Birgit Fischer auch in Peking auf Goldkurs gehen würde. Doch dann sagte die Brandenburgerin ein erneutes, durchaus mögliches Comeback im Februar ab. „Ich hätte das mit dem Training zeitlich nicht hingekriegt”, meint sie im MM-Gespräch. Es bleibt also beim Karriere-Ende der Sportlerin.
Verändert hat sich in den vergangenen Jahren ohne den Kanusport allerdings nicht viel im Leben von Birgit Fischer, wie sie betont. „Dieses typische Leben nach der Karriere gibt es in dem Sinne für mich nicht. Ich habe ja zwischendurch schon aufgehört, zweimal drei Jahre und einmal ein Jahr keinen Sport getrieben. Anders ist, dass es diesmal ziemlich endgültig ist.”
Moment mal: Die Ausnahmesportlerin sagt tatsächlich „ziemlich endgültig” - ein definitiver Abschied klingt irgendwie anders ... „Nein, es ist schon endgültig”, versucht Birgit Fischer deutlicher zu werden. So ganz will das aber nicht gelingen: „Im Prinzip ist ein Comeback nicht geplant.” Aber: „Als ich 2003 zurückkam, habe ich gesagt, man soll nie nie sagen.” In Peking war sie für das ZDF, sah unter anderem ihre Nichte Fanny Fischer, die die Kanu-Familientradition mit Gold im Vierer fortsetzte (Fischer kam durch ihren Vater zum Kanusport, ihr älterer Bruder Frank wurde ebenfalls mehrmals Weltmeister in dieser Sportart).
In Peking verspürte Birgit Fischer noch Lust aufs Kanu. Eine schwierige Situation? „Ich würde nicht sagen schwierig. Ich kann damit umgehen. Aber es kribbelt noch. Ich würde schon gerne ins Boot steigen und paddeln.” Seit 2003 kümmert sich die zweifache Mutter (Ole ist 22, Ulla wird im Oktober 19) um ihre eigene Firma „Kanufisch”. Sie veranstaltet Kanutouren, betreibt eine Bootsvermietung, organisiert Events für Firmen, hält Vorträge – „die bringen am meisten Geld ein”. Am Herzen liegt Fischer auch die Fotografie. Sie stellt ihre Bilder aus und verkauft sie. Impressionen gibt es unter www.mein-brandenburg.com.
Von 2001 bis 2003 war Birgit Fischer Kanu-Bundestrainerin. „Ich habe den Vertrag nicht verlängert. Ich brauche Luft zum Arbeiten, mehr Kreativität, als möglich war.” Auch an anderen Funktionen im Kanuverband hat Fischer kein Interesse. „Um die Pöstchen und Posten habe ich mich nie gekümmert. Ich bin relativ kritisch, und das mögen viele nicht.”
Birgit Fischer liegt viel daran, das eigene Leben fest in der Hand zu behalten. Das bezieht sich auf ihre Firma wie auf das Private. „Ich mache alles allein. Das war schon mein Leben lang so. Ich hatte weder eine Haushaltshilfe noch ein Kindermädchen oder einen Manager. Und seit 1988 auch keinen Trainer mehr.” Ratschläge, zum Beispiel für bestimmte Dinge bei „Kanufisch” jemanden einzustellen, lehnt Fischer ab. „Wenn das andere für mich machen, dann ist das nicht mehr meines. Und Verantwortung für Angestellte übernehmen? Die Verantwortung für meine zwei Kinder reicht mir."
Und wenn der Tag mal wieder zu kurz war, um alles zu erledigen, nimmt Fischer es locker. „Was ich nicht schaffe, das schaffe ich eben nicht. Ich bin sicherlich nicht auf die Welt gekommen, um zu arbeiten, sondern um zu leben. Ich arbeite nur so viel, wie zum Leben nötig ist.”