Man traut es sich kaum zu sagen, vorbildhaft war das nicht: Als ich Mitte der 90er Jahre auf die Insel zog, hatte ich hier zwar Freunde, aber keinen konkreten Plan, wie es beruflich weitergehen soll. Nur so viel wusste ich: Mallorca erlebte damals einen ungeheuren Aufschwung und war so stark von Deutschen geprägt, dass man sich ausrechnen konnte, irgendwie einen Platz an der Sonne zu ergattern. In die Hände gespuckt. Die Rechnung ging auf. Die Medienlandschaft der Insel ist seither regelrecht aufgeblüht und ich kann mir bis heute kaum einen interessanteren Flecken Erde zum Leben und Arbeiten vorstellen.
Die Sehnsucht nach dem mediterranen Lebensgefühl ist ungebrochen – und offensichtlich stärker denn je: 2007 haben 165.000 Deutsche den Sprung in ein anderes Land gewagt. Spanien und Mallorca stehen immer noch mit obenan auf der Liste der beliebtesten Ziele für den Neustart. Ob der Umzug nach Melbourne oder Malle klappt, betrachten sich viele gerne bequem vom Fernsehsessel aus: Der Boom der TV-Formate, die sich mit dem Thema Auswanderer beschäftigen, hält seit Jahren an, auch wenn die Einschaltquoten seit Ausbruch der Krise ein wenig zurückgegangen sind.
Alles deutet darauf hin, dass die Ungewissheit über die weltwirtschaftliche Entwicklung die Goldgräberstimmung überdeckt: Man träumt derzeit vielleicht noch von einem Leben im Süden, aber genauso wie man sich den Autokauf verkneift, verschiebt man auch sein neues Leben.
Und das ist in der Regel wohl gut so: Die Krise ist nicht freundlich zu Menschen, die keinen guten Plan haben oder ein dickes finanzielles Polster. Im Ausland gilt das noch mehr als in der Heimat. Gelegenheitsjobs – schon immer nur eine vorübergehende Möglichkeit, sich über Wasser zu halten – sind heute hart umkämpft auf dieser Insel, seitdem die Zahl der Arbeitslosen derart in die Höhe geschossen ist und die touristische Saison statt länger eher kürzer wird. Es sind schlechte Zeiten für Glücksritter unter den Auswanderern.