Mit einem tiefen, lang gezogenen Schluck leert Mark die Flasche "San Miguel" in einem Zug. Ein genüsslich erfrischtes "Aaaah" entfährt seinem Mund, dann ein Rülpser. Wieder eine geschafft! Christi Himmelfahrt, mittags, kurz nach drei. Mit einem Klirren landet die leere Bierflasche auf dem Haufen Altglas im Sand, der seit elf Uhr stetig wächst: 164 Bierflaschen. Die Handballerjungs vom SG Schalksmühle-Halver haben einen gesegneten Durst. Feiern sie etwa schon das Saisonende? "Psst - wir haben Sonntag noch ein Spiel", nuschelt der 22-jährige Dennis hinter vorgehaltener Hand. Samstagnacht fliegt die Mannschaft zurück, ausgenüchtert wird im Flieger, Sonntag 13 Uhr stehen sie schon wieder zum Lauftraining in der Halle. Aber Sonntag ist ja noch weit weit weg... und der kühle Biervorrat in den eisbefüllten blauen Eimern so lecker und so nah...
Sie sind wieder da - die Clubs. Pünktlich zum Vatertag haben sie auch in diesem Jahr wieder die Playa de Palma bevölkert: Handballer, Fußballer, Stammtische, meist bleiben sie nur ein paar Tage. Ihre Mission: Party. "Dieses Jahr kracht es richtig", erzählt Michael Bormann vom Deutschen Eck, "alles passt zusammen: der späte Vatertag, das Saisonende, Pfingsten. Es wird jeden Tag voller!" Wird an solchen Trinkgelagen in Krisenzeiten nicht der Rotstift angesetzt? "Auf keinen Fall - den Leuten ist der Kurztripp nach Mallorca heilig: Sonne, Weiber, Happy Hour, da vergisst man die Sorgen, die in Deutschland warten."
Unweit der Handballer aus Schalksmühle hat sich der Kölner Stammtisch "Wer kütt, der kütt" breit gemacht. Unter aufgespannten Regenschirmen mit Kölner Wappen und auf blauen aufblasbaren Sesseln. "Komm ruhig rein in unser Wohnzimmer!", ruft Dieter, "haben wir's nicht gemütlich? Edel geht der Wohlstand zugrunde. Nächstes Mal packen wir noch 'ne Schrankwand mit eingebautem Kühlschrank ein!" Die Stimmung ist gut bei den Mitt-Vierzigern - zum dritten Mal gönnen sich die sieben Mann eine Woche Stammtisch auf Mallorca. Angereist sind sie schon vor ein paar Tagen, "jetzt ist es knallevoll geworden, aber die Tage vor Vatertag war es überall schweineleer". Kein Grund, sich die Laune vermiesen zu lassen - nur eines finden sie nicht ideal: "Das Publikum wird mit jedem Jahr jünger, das hat schon was von Abi-Fahrt."
"Sexy" prangt in großen goldenen Lettern auf der Brust der Handballer vom DJK TuS Ruhrtal Witten - aber auch sonst geben die 24 jungen Männer ein ulkiges Bild ab: Stimmungsmacher Andreas trägt trotz Hitze Pelzmütze, gibt Anweisungen per Megafon. Andere haben sich aufblasbare Krokodile oder Plastikgitarren unter den Arm geklemmt, einer trägt ein Rüschenschürzchen, der andere das Outfit einer Krankenschwester. "Jeder bekommt immer sein ganz spezielles Überraschungspaket mit Accessoires", erklärt Andreas augenzwinkernd. Mallorca sei jeden Frühling ein Pflichttermin - und das schon seit über zehn Jahren. "Überrascht waren wir nur, dass dieses Jahr die Preise zugelegt haben - wir sind immer im gleichen Hotel, dieses Mal zahlt jeder 70 Euro mehr."
Bulgarien oder die Türkei scheinen aber trotz besonders günstiger Angebote für niemanden eine Alternative zu sein: "Goldstrand, ja - klar, da waren wir auch mal", bringt es Günther, Trainer der Fußballmannschaft TSG Dissen auf den Punkt, der mit seinen Jungs bereits zum zwölften Mal hier ist "aber es geht einfach nichts über Malle. Mallorca - das ist wie zu Hause." Auch die 20 Spieler des FC TuRa Bergkamen sind da einer Meinung, seit 1997 gehört die Inseltour zum Spielplan, "es gibt zwar keine Musik mehr nach Mitternacht und auch kein Eimersaufen mehr. Aber hier sind einfach immer noch die besten Partys - für Mallorca spielen wir das ganze Jahr Fußball", erzählt Kiki. Über seinem Kopf flattert die übergroße Mannschaftsbanderole, die die Jungs zwischen zwei Sonnenschirmen aufgespannt haben.
Flaggezeigen ist populär, auffallen um jeden Preis heißt die Devise: Mit dem Mannschaftsemblem, Kostümen, dem Abstecken des Sitzplatzes mit ausgetrunkenen Bierflaschen. Lautstark machen die Alten Herren SG Jägerfreude aus Saarbrücken auf sich aufmerksam: Die leistungsstarke Musikanlage mit der Aufschrift "Mallemucke" dröhnt so laut, dass man kaum sein eigenes Wort versteht. Muss man aber auch nicht. Im Eiseimer stehen Freixenet-Flaschen, ein eingeschweistes Papier mit der Überschrift "Mallorcapsalmen 2009" gibt genaue Auskunft darüber, wann die 18 Männer welches Gruppen-Shirt überstreifen müssen. "Wir sind ja schließlich keine Anfänger", sagt der 34-jährige Sascha - seit 1991 sind sie jedes Jahr mit dabei.
Ein Hingucker sind auch die selbst ernannten "Abschlepper vom Mallorca-Beach", Handballer, die ihren Aufstieg feiern. Sie haben nicht nur alle ein rot-weißes Baywatch-Outfit übergezogen, sondern sich auch gleich ihr eigenes Plantschbecken aufgebaut. "Die Stimmung ist geil - wie jedes Jahr" ruft der 27-jährige Thomas, trommelt rhythmisch auf seiner roten Rettungsboje. Und für wie viel Bier reicht die Mannschaftskasse noch? Schallendes Gelächter. "Die war doch schon in den ersten fünf Stunden weg!"