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„Sie kommen zu mir mit 1000 Fragen”

Gelebte Integration: Silke Lebelt-Holm ist Ausländerbeauftragte für deutsche Residenten in Santa Eugènia

VON

ANJA MARKS
Es ist eine Geschichte über Freundschaft und Integration, Fleiß und der Liebe zu Mallorca. Und über eine kleine Gemeinde, die es geschafft hat, ihre mallorquinische Idylle zu bewahren und gleichzeitig offen zu sein für Fremde.

Silke Lebelt-Holm ist Ausländerbeauftragte in Santa Eugènia. Wenn dienstags von 19 bis 20 Uhr im Rathaus des Dorfes der „Día público“ ist, wie die Bürgersprechstunde für die Einwohner hier heißt, dann ist sie die Kontaktperson für die deutschen Residenten. Immerhin zwölf Prozent Ausländeranteil verzeichnet die 1500-Seelengemeinde, der größte Teil davon sind Deutsche. „Sie kommen zu mir mit 1000 Fragen, meist auf der Suche nach Unterstützung im mallorquinischen Behördendschungel.“ Dann leistet sie Hilfestellung bei Übersetzungen, An- oder Ummeldungen, erklärt Dokumente, berät bei Kindergarten- oder Schulwahl oder hilft bei der Beantragung einer Steuernummer. Kurz, bei allem, was einem ausländischen Residenten mit wenig Sprachkenntnissen auf Mallorca das Leben schwer machen kann.

Ihre Arbeit ist ehrenamtlich, läuft neben dem Job im eigenen Unternehmen und nimmt mal mehr, mal weniger Zeit in Anspruch. Zu verdanken hat sie diese Aufgabe der stellvertretenden Bürgermeisterin des Ortes, der gebürtigen Französin Jaqueline Voleit Matrat. Als diese im Mai 2007 zusammen mit Bürgermeister Guillem Crespí y Sastre und der neugewählten PP ins Rathaus einzog und damit den sozialistischen Block nach zwölf Jahren ablöste, stand das Thema „Ausländerintegration“ ganz oben auf der Liste der Jaqueline Voleit. Eine Kontaktperson musste her, als Bindeglied zwischen Gemeinde und deutschen Residenten, um diesen das Leben in der Gemeinde leichter zu machen. Seitdem gibt es für Neuankömmlinge zum Beispiel Begrüßungsbriefe auf deutsch.

Warum gerade sie mit der Aufgabe betraut wurde, erklärt sich Silke Lebelt-Holm durch ihren Bekanntheitsgrad und die perfekte Integration ins mallorquinische Dorfleben. 2001 zogen sie und ihr Mann, der Glaser Torsten Holm, in ihr Haus in Ses Olleries, doch die Liebe zur Insel und ihren Einwohnern hatte die gelernte Hotelfachfrau schon viel früher erwischt. „Ich war 1980 das erste Mal mit meiner Familie hier im Urlaub, seitdem haben wir jedes Jahr die Sommerferien hier verbracht.“ Später kam sie mit ihrem Mann, vor acht Jahren kappten sie dann in Deutschland alle Seile und siedelten ganz nach Mallorca über.

Der gute Kontakt zu den Einheimischen geht nicht nur auf ihr sympathisches Wesen zurück, sondern vor allem auf harte Arbeit. „Wir haben in den ersten Jahren einen Hausbetreuungsservice aufgebaut, haben Ferienhäuser betreut und instand gehalten, aber auch jede Art von kleinen handwerklichen Arbeiten angenommen“. Dabei hätten sie immer mehr Freunde und Bekannte in der Gegend gewonnen, auch zwei Deutsche, Catrin Mucha und Jörg Szabadi, mit denen sie dann 2004 die Glaserei „Muchas Cristales“ gründeten. „Den Hausbetreuungsservice mussten wir nach und nach aufgeben, die Kontakte aus der Zeit konnten wir aber immer weiter ausbauen“, sagt Silke Lebelt-Holm.

Sie scheint wirklich jeden zu kennen im Ort, kaum eine Minute vergeht, ohne dass sie jemanden grüßt, der vorbeikommt an dem Café vor dem Rathaus. „Ich freue mich, dass ich meine Erfahrungen weitergeben kann, und es macht Spaß, mit Mallorqinern zusammenzuarbeiten, die so offen für alle Einwohner sind.“ Vielleicht ist dies das Geheimnis der besonderen Stimmung in dem kleinen Dorf, in dem es schon in den 60er Jahren die erste weibliche Bürgermeisterin Spaniens gab. „Die Menschen hier behandeln alle offen, liebenswert und freundlich, egal, welche Sprache man spricht.“ Die ehrenamtliche Arbeit der deutschen Ausländerbeauftragten geht schon lange über die Informations-Stunde im Rathaus hinaus. Gemeinsam mit den Mallorqinern organisiert sie Weihnachtsmärkte mit landestypischen Spezialitäten und Flohmarkt, Oldtimertreffen, veranstaltet auf ihrer Finca im März Calçots-Essen und im Mai das Ansetzen des inseltypischen „Hierbas“, sponsort die lokale Mädchen-Fußball-Mannschaft.

Gelebte Integration, mit Hilfestellung zum Nachahmen.

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