Mallorca Magazin: Seit Anfang Juni ist bekannt, dass Sie
in der kommenden Saison nicht mehr Trainer des 1. FC Köln sein
werden. Bisher hat man aber noch nicht gehört, wohin Sie wechseln.
Zumindest nicht aus Ihrem Mund ...
Christoph Daum: Die Reise geht zu einem Verein, der in einem
internationalen Wettbewerb steht und das Ziel hat, um die
Meisterschaft mitzuspielen. Das war eigentlich immer meine
ambitionierte Vision, daher freue ich mich auf meine neue
Aufgabe.
MM: Die Fußballwelt weiß, dass es Sie zurück zu
Fenerbahçe zieht. Sie selbst sprechen das aber immer noch nicht
aus. Warum ist das so?
Daum: Ich habe mit dem neuen Verein Stillschweigen
vereinbart. Solange ich kein grünes Licht von diesem Verein
bekomme, werde ich den Namen nicht nennen.
MM: Ist das nicht ein ungewöhnlicher, ziemlich
merkwürdiger Vorgang?
Daum: Mir wurde mitgeteilt, dass noch einige vertragliche
Dinge geklärt werden müssen, die aber nicht meine Person betreffen,
bevor eine offizielle Bekanntgabe möglich ist.
MM: Nun gut. In Köln ist Ihre Kündigung ja eingeschlagen
wie eine Bombe. Sie wurden heftig angegriffen, mussten sich
Beleidigungen wie Verräter oder Söldner anhören. Hatten Sie mit
solch heftigen Reaktionen gerechnet?
Daum: Ich habe mich vertragsgerecht verhalten, was bei
anderen aktuellen Trainerwechseln nicht unbedingt der Fall gewesen
ist. Trotzdem waren die Reaktionen in Köln stärker als woanders. Es
hat mich schon überrascht, mit welcher Heftigkeit mein
vertragsgetreues Vorgehen kommentiert worden ist und welche Worte
dabei gewählt wurden.
MM: Ihre Verbindung zum FC war aber nach innen und außen
schon immer emotionaler und gewachsener, als beispielsweise die
eines Felix Magath zu Wolfsburg oder die eines Martin Jol zum HSV.
Der FC war Ihre Herzensangelegenheit, was Ihnen nun mancher Fan
nicht mehr glauben mag. Tut das weh?
Daum: Als ich nach Köln zurückkehrte, hatte ich auch
Anfragen von Klubs, die in der Champions League spielten. Ich habe
mich aber für die zweite Liga entschieden, weil der FC für mich
eine Herzensangelegenheit war und ist. Wer das anzweifelt, der will
die Fakten nicht verstehen. Es war eine Herzenssache. Sonst wäre
ich das Risiko zweite Liga nicht eingegangen. Das hätte ich für
keinen anderen Verein gemacht.
MM: Es heißt, dass Sie den Verein bereits nach dem
Aufstieg verlassen wollten, stimmt das?
Daum: Ich habe mir überlegt, ob ich noch helfen kann. Dann
bin ich die Aufgabe angegangen, den 1. FC Köln in der Bundesliga zu
etablieren. Auch jetzt wäre ich bereit gewesen, von meinen Visionen
Abstriche zu machen, doch dann kam dieses ambitionierte Angebot
herein und ich habe abwägen müssen. In Köln habe ich ein bestelltes
Feld hinterlassen.
MM: Laut Medienberichten sollen unter den Reaktionen in
Köln auch Ihre Kinder gelitten haben. Was ist vorgefallen?
Daum: Viele Beschimpfungen sind auch auf die Kinder mit
übertragen worden, und die konnten das überhaupt nicht einordnen
und verarbeiten. Die heile Welt ist von heute auf morgen
eingebrochen, sie wurden mit Ausdrücken konfrontiert, die ich hier
nicht wiederholen möchte.
MM: Das Geld ist immer ein wichtiger Aspekt. Wir gehen
davon aus, dass Sie bei Ihrem neuen Verein eine ganze Menge mehr
verdienen als bisher. Wie weit beeinflusst denn zum Beispiel ein
Milliönchen zusätzlich eine Entscheidung?
Daum: Das Geld, das ich verdiene, kann bei mir kein
entscheidender Punkt mehr sein. Ich habe das Glück gehabt, dass ich
immer gut gewirtschaftet und nie spekuliert habe. Meine Gelder sind
immer alle solide angelegt gewesen. Auch wenn ich keinen Job hätte,
was ich mir nebenbei gesagt nicht vorstellen kann, würden wir gut
über die Runden kommen.
MM: Sie haben eben selbst schon erwähnt, dass Sie nicht
der einzige Trainer sind, der zu neuen Ufern aufbricht. In den
vergangenen Wochen haben mehrere Trainer aus eigener Initiative den
Verein gewechselt. Ist das ein neuer Trend?
Daum: Ich glaube, das ist ein absoluter Zufall. Keiner der
Trainer will schmutzige Wäsche waschen oder Vorwürfe erheben. Wir
wissen, dass hohe Erwartungen an uns gestellt werden und wir
wissen, was die Mannschaft zu leisten vermag. Wenn dann zwischen
Anspruch und Wirklichkeit ein Riesenloch klafft und du weißt, dass
es nur eine Frage der Zeit ist, bis du dann der Leidtragende bist,
dessen Kopf geopfert wird, dann ist es doch nur verständlich, dass
man im Gütlichen einen Weg sucht, auseinander zu gehen.
MM: Ein anderes Thema, das die Fußballfans in diesen
Tagen bewegt, sind die riesigen Summen, die bei Spielertransfers im
Gespräch sind. Zum Beispiel die Einkaufstour von Real Madrid, Kaká,
Cristiano Ronaldo. Auch Sie werden sicher noch Spieler einkaufen
dürfen. Sind die Summen eine normale Entwicklung oder Irrsinn?
Daum: Es ist eine ungesunde Entwicklung. Aber irgendwo muss
sich diese Sache ja auch rechnen und refinanziert werden. Bei Real
Madrid ist das ja immer wieder irgendwie aufgegangen, auch in der
Vergangenheit.
MM: Bald geht es erstmal wieder zurück nach Köln. Bis Sie
das nächste Mal schöne Tage auf Mallorca genießen können, wird wohl
einige Zeit verstreichen, oder?
Daum: Ja, aber Mallorca bleibt für mich im Sommer der
paradiesische Rückzugsort. Diese Insel bietet mir alles, was ich
brauche. Zum Beispiel hier auf meinem Lieblingsgolfplaz Son Gual.
Da schlägt das Golferherz höher. Das ist einfach die richtige
Umgebung zum Relaxen.
Mit Christoph Daum sprach MM-Redakteur Nils Müller
Kein Wort zu Fenerbahçe
Christoph Daum wird wieder Trainer bei Fenerbahçe Istanbul. Jeder weiß es, nur er selbst sagt es nicht. Warum? Fenerbahçe, in der abgelaufenen Saison Vierter der Turkcell Süper Lig, trennt sich in diesen Tagen von Luis Aragonés, der im vergangenen Sommer Spanien zum EM-Titel führte und vor seinem Engagement als Nationaltrainer Coach von Real Mallorca war. Die Verhandlungen sind offenbar recht schwierig, es geht natürlich um Geld. Die türkischen Statuten verbieten, dass Fenerbahce einen neuen Cheftrainer inthronisiert, bevor die Trennung vom Vorgänger geregelt ist. Sobald mit Aragonés alles klar ist, wird Christoph Daum präsentiert.