Wenn am 27. September der Bundestag gewählt wird, dann sind auch Zehntausende Mallorca-Deutsche stimmberechtigt. Ob sie nun per Briefwahl, an der heimatlichen Urne oder auch gar nicht davon Gebrauch machen – das Interesse an der Entscheidung, wer das Land in den nächsten vier Jahren regiert, dürfte groß sein unter den Inselresidenten. Das zeigt die Verbundenheit, die viele Deutsche auf Mallorca mit der Heimat pflegen – verständlicherweise, führt doch ein Großteil von ihnen ein Leben zwischen den Welten: ein paar Monate Deutschland, ein paar Monate Mallorca.
Für immer mehr Auswanderer aber wird die Insel zur neuen Heimat, zum dauerhaften Lebensmittelpunkt. Die Beteiligung am politischen Leben ist für Bürger der Europäischen Union, die in einem anderen EU-Staat leben, allerdings auf die Lokal- und Europawahlen beschränkt. Das Wahlrecht basiert im zusammenwachsenden Europa weiterhin auf dem Herkunfts-, nicht auf dem Wohnortprinzip. Entscheidend ist die Nationalität. Angesichts des in Deutschland nun voll entflammten Wahlkampfs stellt sich die Frage, ob das geltende Wahlsystem noch zeitgemäß ist. Ist es nicht in der heutigen Zeit allgemeiner Freizügigkeit immer häufiger so, dass Heimat da ist, wo die Menschen leben und arbeiten? Verliert die Staatsangehörigkeit nicht ohnehin an Bedeutung? Würde es nicht viel eher den Realitäten entsprechen, wenn es ein EU-weit für alle EU-Bürger geltendes Wahlrecht gäbe?
Für diejenigen, die sich dauerhaft auf Mallorca niederlassen, gibt es wahrlich wichtigere Entscheidungen, als die, wer als Nächstes ins Berliner Kanzleramt einziehen darf. Zum Beispiel, wer im „Consolat de Mar”, dem Sitz des balearischen Ministerpräsidenten, das Sagen hat. Oder im „Palacio de la Moncloa”, wo der spanische Regierungschef residiert. Hier nämlich fallen die Entscheidungen über die Politik auf den Balearen und in ganz Spanien. Entscheidungen, die alle Bürger auf Mallorca betreffen.