Kein Sportereignis elektrisiert die Massen hierzulande dermaßen, wie der Klassiker des spanischen Fußballs zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid. Das Duell der beiden größten Klubs des Landes lässt kaum jemanden kalt und sorgt meist schon Tage vor dem Anpfiff (Sonntag, 29. November, 19 Uhr) für einen emotionalen Ausnahmezustand bei Fans und wohl auch Spielern.
Tickets für das Spiel werden auf dem Schwarzmarkt für horrende Summen gehandelt, Kamerateams und Reporter lassen im Vorfeld kein Detail außer Acht. In tagelangen Verbalschlachten heizt die spanische Sportpresse die Stimmung an. So verkündet das auflagenstärkste Blatt des Landes, die Sportzeitung „Marca”, vollmundig: „Die vielfältigen Probleme, die das Land hat, werden für 90 Minuten in den Hintergrund rücken.” Vermutlich ist das noch nicht einmal arg übertrieben, gehört es doch quer durch alle Gesellschaftsschichten zum guten Ton, sich offen entweder zu Barça oder zu den „Königlichen” zu bekennen. Folgerichtig sagt „Marca” mit seinem ureigenen Pathos voraus: „Zwischen 19 und 21 Uhr am Sonntag wird Spanien ein durch den Fußball vereintes Land sein und für diesen Zeitraum alles Schlechte hinter sich lassen.”
Die menschenverbindende Kraft des Fußballs hat allerdings gerade im Falle des schlicht „der Klassiker” („el clásico”) genannten Aufeinandertreffens enge Grenzen. Die Rivalität ist enorm und nährt sich keineswegs nur aus dem sportlichen Wetteifern um Sieg, Titel und Ruhm, sondern hat stets auch eine politische Dimension. Während Real Madrid die Verkörperung des spanischen Nationalstolzes ist, steht der FC Barcelona für die Abgrenzung der Katalanen vom Zentralstaat – Barça gilt als links, Real Madrid eher als rechts. Kein Wunder, dass Spaniens sozialistischer Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero erklärtermaßen zu den Katalanen hält, der konservative Oppositionsführer Mariano Rajoy dagegen eingefleischter „Madridista” ist.
Diesmal steht das Aufeinandertreffen der beiden erfolgreichsten Klubs des spanischen Fußballs auch im Zeichen des Duells zweier Spieler, die zu den begabtesten Balltretern der Gegenwart gehören. Zum ersten Mal treffen der Argentinier Lionel Messi und der Portugiese Cristiano Ronaldo in einem Ligaspiel aufeinander. Zwar waren beide zuletzt wegen Verletzungen angeschlagen, dennoch dürften Messi, der im Champions-League-Spiel am Dienstag gegen Inter Mailand (2:0) geschont wurde, und Ronaldo fit sein (Real Madrids Einsatz in der Champions-League begann erst nach Redaktionsschluss).
Als Favorit für Sonntagabend gilt der FC Barcelona, der die beiden letzten Vergleiche für sich entscheiden konnte und obendrein amtierender spanischer Meister, Pokalsieger sowie Champions-League-Sieger ist. Real Madrid aber hat vor der Saison weit mehr als 200 Millionen Euro in neue Stars investiert, um die Dominanz der Katalanen zu brechen. In der Liga steht Real seit dem Wochenende tatsächlich an der Spitze. Und schlussendlich geht es für die Hauptstädter auch um Wiedergutmachung: Das letzte Duell geriet für die „Königlichen” zur Schmach. Sie unterlagen dem FC Barcelona im Frühjahr vor eigenem Publikum mit 2:6.