Aale gelten auf Mallorca als ganz besondere Delikatesse. Man verspeist sie besonders im Januar während der Fiesta Sant Antoni und danach in verschiedenen Zubereitungsformen. Die "Espinagada" ist das mit Abstand bevorzugte Aal-Essen: eine "Coca mallorquina", also ein ölhaltiger Blechkuchen mit lauter Gemüsen und Gewürzen, der mit zehn Zentimeter langen Aal-Stücken geschmückt ist. Darüber eine weitere Schicht Coca, das Ganze dann im Ofen gegart. Man kann die Espinagada aber auch offen servieren. Die Gemüse, ihr Verhältnis zueinander sowie die Beize aus Öl und Pfeffer bleiben Geheimnisse des Koches oder der Köchin. Die besten Espinagadas werden in Sa Pobla und Umgebung zubereitet.
Die Aale für die Espinagada kamen früher ausschließlich aus dem Sumpfgebiet der Albufera, im Norden der Insel. Heute müssen die Fischläden in Sa Pobla auch Ware aus Tarragona oder Valencia besorgen.
Früher konnten die Fischer der Albufera noch tonnenweise Aale an Land ziehen, mussten ihren Fisch sogar exportieren. Heutzutage sind die Fangerträge sehr gering, denn die Aale mögen das geklärte Wasser nicht, das von den Hotels um Alcúdia oder Can Picafort in die Albufera geleitet wird. Obwohl Aale grundsätzlich nicht anspruchsvoll sind: Süßwasser, Salzwasser, trübe Brühe, klare Quelle - es ist ihnen gleichgültig.
Die wenigen Aale, die den Fischern noch ins Netz gehen, sind männliche Tiere. Sie bleiben oft bis zu einem Dutzend Jahre in den Wassern der Albufera, wo sie dick und fett werden. Die weiblichen Tiere reisen in großen Schwärmen quer durch den Atlantik, nachdem sie zuvor die Meer-enge von Gibraltar passiert haben; dann versammeln sie sich mit Aal-Damen aus anderen Meeresregionen in den warmen Wassern um die Bahamas.
Hier legen sie ihre Eier, Millionen um Millionen, und sterben. Ihr Reisezweck ist erfüllt. Die ausschlüpfenden Geschöpfe fristen ihr junges Leben gut zwei Jahre als Larven, die sich von Plankton ernähren. So reifen sie allmählich zu "Angulas", kleinen Aalen, heran.
Die "Angulas" formieren sich zu dichten, kompakten Schwärmen und lassen sich von den Meeresströmungen, am besten vom warmen Golfstrom, nordostwärts durch den großen Teich treiben. Bis wieder Land in Reichweite kommt, was nach rund 5000 Kilometern vor der spanischen Küste der Fall ist.
Durch die Straße von Gibraltar kommen sie ins Mittelmeer und nach Mallorca. Und in der Albufera werden dann aus den "Angulas", den kleinen Aalen, ,,Anguilas", große Aale. Nach etwa zwölf Jahren machen sich die weiblichen Tiere wieder auf die Reise. Die männlichen bleiben. Es ist nicht selten, dass ein Aal von einem guten Meter Länge im Netz zappelt.
Heute sind es meist Pensionäre, die sich dem Aal-Fang widmen: Leute, die Zeit haben, denn Aale sind Nachttiere, die das Tageslicht meiden. So simpel die Fangmethoden, etwa mit "la cucada" (Rohr mit Wurmköder) oder "los morenells" (eine Art Reuse), so raffiniert die Küchenkunst in Sachen "anguila".
Neben der Espinagada gibt es noch eine andere famose Art, Aal zu essen, in zwei sich ergänzenden Gängen: "Fideus" und "Greixonera" genannt. Man benötigt Lauch, Tomaten, Petersilie und Knoblauch gut gewürfelt, sowie in fünf Zentimeter lange Stücke geschnittenen Aal; dazu Salz, Pfeffer und Öl. Alles kommt zusammen aufs Feuer. Wenn der Aal gar ist, hebt man die Stücke aus dem Sud, in den man dann die "Fideus", die Nudeln, gibt. Das ist der erste Gang. Ihm folgt der zweite, die "Greixonera", die Tonschale, in der die Stücke vom Aal duften.