Rita Bleifeld ist ruhiger, seit sie auf der Insel ist. Zum ersten Mal seit Wochen kommt sie ohne Schlaftabletten durch die Nacht. „Vielleicht liegt es daran, dass ich ständig unterwegs und abends schlicht und einfach müde bin”, sagt sie.
Rita Bleifeld sucht ihren Mann. Der 65-jährige Albert Bleifeld verschwand am 23. November. Den Sonnenuntergang wollte er knipsen, bevor er am nächsten Tag in die Heimat zurückkehren würde. Am Flughafen wartete seine Frau vergeblich.
Nun ist Rita Bleifeld auf Mallorca. Obwohl Polizei und Botschaft ihr davon abgeraten hatten. Obwohl sie ihre 89-jährige Schwiegermutter in Rösrath zurücklassen musste. „Es war mir ein Bedürfnis zu kommen”, sagt sie. „Auch wenn es anfangs schwierig war.” Sie ist im gleichen Hotel abgestiegen wie ihr Mann. „Eigentlich wollte ich das gleiche Zimmer, in dem auch er gewohnt hat”, sagt sie. Es war belegt. „Ist vielleicht auch besser so. Ich frage mich ohnehin ständig: Hat er dort neulich noch gesessen? Ist er hier vor Kurzem noch entlanggegangen?”
Auch Rita Bleifeld hat sich nun wie ihr Mann einen Mietwagen genommen. Damit fährt sie kreuz und quer über die Insel. „Vielleicht finde ich ja durch Zufall den blauen Fiat”, sagt sie. „Irgendwie hatte ich mir das einfacher vorgestellt.” Es ist eine hoffnungslose Suche.
Auf dem Sofa in Rita Bleifelds Hotelzimmer sitzt ein großer Plüschhund. Der sollte das Weihnachtsgeschenk für die Enkeltochter sein. Nun sitzt er immer noch hier und stiert mit traurigen Augen in die Gegend. „Die Kleine ist zwar erst zwei Jahre alt, aber auch sie weiß, dass etwas mit dem Opa geschehen ist”, sagt Bleifeld. „Die Kleine verteidigt seinen Lieblingssessel. Da darf sich keiner draufsetzen.”
Albert Bleifeld ist im Ruhestand. Jahrelang war er bei der Berufsfeuerwehr in Köln, zuvor beim Bundesgrenzschutz. Im März ist er 40 Jahre mit seiner Frau verheiratet. Das Jubiläum wollten sie auf den Seychellen feiern. „Wir hatten ein schönes Leben”, sagt Rita Bleifeld. „Mein Mann hatte keinen Grund zu verschwinden. Da war er auch gar nicht der Typ für.”
Vor ihr auf dem Tisch liegt das Tagebuch von Albert Bleifeld. Am 16. November war er im Torrent de Pareis. Am Abend notierte er: „Mal abends mit Sonnenuntergang erleben. Wäre toll.” Ist er dort an jenem 23. November gewesen? Hat er sich dort verlaufen? Ist er eine Böschung hinabgestürzt? Ist er mit dem Wagen von der Straße abgekommen? Fragen, die Rita Bleifeld keine Ruhe lassen. „Man klammert sich an alles”, sagt sie. Aus der Zeitung hat sie eine Notiz ausgeschnitten. Darin geht es um eine Rückrufaktion des Autoherstellers Fiat. Beim Modell Grande Punto könne es zum Bruch der Lenkachse kommen. Hat das Verschwinden ihres Mannes etwas damit zu tun?
Es ist eine Situation, in der es keine Hilfe gibt für Rita Bleifeld. Die Polizei weiß ebenso wenig wie sie, wo sie suchen soll. Derzeit hat Rita Bleifeld nur eine Gewissheit: „Hätte ich ihn doch nicht alleine nach Mallorca fliegen lassen.”