Noch vor drei Tagen hätte der von langer Hand geplante Besuch nicht stattfinden können. Doch die Staatssekretärin im spanischen Verkehrsministerium, Concepción Gutiérrez del Castillo, traf am Mittwochvormittag bei bester Laune, schönstem Wetter und im lila-roten Kostüm auf Mallorca ein, um sich den nahezu vollendeten Umbau des C-Terminals am Airport Palma zeigen zu lassen. Das bedeutete: Großer Bahnhof für die Spitzen der balearischen Politik und Wirtschaft. Ministerpräsident Francesc Antich sowie die versammelten Airliner, Touristiker und Verbandspräsidenten gaben sich höchst aufgeräumt und feierlich. Der neue Terminal für die Drehkreuzflüge sieht auch wirklich edel und gediegen aus. Da passte es zur guten Stimmung, dass just an diesem Mittwochmorgen die Luftraumsperre über Deutschland vollständig und über England weitgehend aufgehoben worden war.
Noch am Wochenende zuvor hatte das Szenario für Mallorca als Aviationszentrum im Mittelmeer und als Europas Tourismusregion Nummer eins ganz anders ausgesehen. Der meistangeflogene Ferienflughafen der Alten Welt erlebte bislang nie Dagewesenes: Eine Vollsperrung des Flugbetriebes, am Sonntag von offiziell 12 bis 15.30 Uhr, auch wenn schon Stunden zuvor und Stunden danach so gut wie keine Flugzeuge mehr gelandet oder gestartet waren. Die Aschewolke des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull hatte sich am europäischen Himmel immer weiter ausgedehnt und am Ende auch vor den Balearen nicht halt gemacht. So sah es zumindest auf einer umstrittenen Computersimulation aus, auf die sich das Europäische Luftfahrtzentrum berief und unzählige Airports sperren ließ.
Wie bereits an anderen Flughäfen in Nord-, Mittel- und Südeuropa brach auch in Palma das Chaos aus. Tausende von Reisenden, die nicht einmal mehr auf das spanische Festland entschlüpfen konnten, umringten die Geschäftsschalter der Airlines und versuchten Flüge auf einen späteren Zeitpunkt umzubuchen, ohne dass auch nur irgendein Mensch in der Lage war, zu wissen, wann die Maschinen wieder regulär in den Himmel abheben könnten. Die Meldungen aus Island widersprachen sich. Mal spuckte der Vulkan mehr, mal weniger Lavaasche. Wer hinter vorgehaltener Hand die Befürchtung aussprach, der Ausstoß der Aschewolken könnte noch Wochen oder Monate andauern, der wusste auch, dass Mallorca – abhängig vom Tourismus und den Ferienfliegern – so gut wie erledigt gewesen wäre. Eine Horrorvision, die sich niemand ausmalen wollte.
Die Mitarbeiter so mancher Airline schufteten im Dauerstress, um die Massen an gestrandeten Urlaubern mit Informationen und alternativen Flugterminen zu versorgen. Der Schalter von Air Berlin – immerhin Mallorcas aufkommensstärkste Luftbrücke von und nach Deutschland – hatte mehrere Tage hintereinander 24 Stunden geöffnet.
Anders als etwa in Frankfurt verwandelte sich Palmas Airport nicht in einen riesigen Schlafsaal. Die Reisenden kamen, mal auf Kosten der Reiseveranstalter, mal auf eigene Kosten, in den vielen Hotels an der Playa de Palma unter. Nach Angaben der Hotelverbände waren die rund 40.000 Plätze voll ausgelastet.
Die Frage, die nun alle beschäftigt, ist, wie sich die Folgen der Luftraumsperrungen auf den Tourismus der Insel auswirken werden. Denn Tausende von verunsicherten Reisewilligen haben ihre Buchungen nach Mallorca storniert. Die Hotelverbände sprechen gar von einer Flut von Absagen und geben zumindest den April für verloren. Auch im Mai werde das Geschäft nur laufen, wenn sich die Situation nun rasch normalisiere.
Genau danach sah es zumindest am Mittwoch aus: Nach einem „Übergangstag” rechnen die Airlines für Donnerstag wieder mit planmäßigem Flugprogramm. „Keine Sorge”, beruhigt die balearische Tourismusministerin Joana Barceló am Rande der Politikvisite im C-Terminal, bereits in wenigen Tagen werde sich wieder eine vollständige Normalisierung des Tourismusgeschäfts einstellen. Ähnlich sieht es ein Airliner. „Die Flieger, die jetzt wieder nach Mallorca kommen, sind nicht leer. Die Popularität der Insel ist ungebrochen.” Zweckoptimismus oder nicht, Mallorca scheint mit einem blauen Auge aus der Aschewolke herauszukommen.