Die Aschewolke des isländischen Vulkans verdunkelt die Aussichten der mallorquinischen Tourismusindustrie auf eine Erholung nach dem Krisenjahr 2009. Noch auf der Internationalen Tourismusbörse ITB im März in Berlin hatte sich die Branche hoffnungsvoll gegeben, nach dem Tief des vergangenes Jahres infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise nun wieder auf Erfolgskurs zu gehen. Doch die jüngsten Beschränkungen des Luftverkehrs haben die Branche verunsichert. Es gibt inselweit kaum einen Hotelunternehmer, der derzeit nicht ohne Sorgenfalten zu sehen ist. Denn es geht die Furcht um, dass sich die Urlaubswilligen andere – autosichere – Ziele wählen, sollte der Vulkan noch wochen- oder monatelang mit seiner Asche den Luftraum belasten.
Ein Blick in die isländischen Chroniken zeigt, dass der Eyjafjallajökull schon einmal – von 1821 bis 1823 – zwei Jahre lang Lavastaub in die Atmosphäre schleuderte. Spanische Wissenschaftler, die den Vulkan jetzt vor Ort inspizierten, gehen davon aus, dass der Berg den Flugverkehr in Europa voraussichtlich noch längere Zeit behindern wird. „Das wird ähnlich wie bei Regenwolken sein. Sie kommen mal, und dann ziehen sie wieder ab.”
Der Generaldirektor für Außenwerbung im balearischen Tourismusministerium, Vicens Torres, nannte es beunruhigend, dass das Naturphänomen möglicherweise mehr oder minder regelmäßig die gesamte Sommersaison trüben könnte. „Das würde sich vor allem auf die kurzfristigen Buchungen auswirken, die in diesem Sommer ohnehin maßgeblich für unser touristisches Geschäft sein werden.”
Schon die bisherigen Geschäftsausfälle durch die Aschewolke Mitte April haben einen Krater in die Einnahmen gerissen. Nach einer Schätzung des Präsidenten des mallorquinischen Hotelverbandes Fehm, Antoni Horrach, gingen den Hoteliers durch die erste sechstägige Sperrung der europäischen Luftraums im April Einnahmen von rund 40 Millionen Euro verloren. Eine jüngere Schätzung des spanischen Hotelverbandes (Cehat), der auch die Flugausfälle vom Mai mit berücksichtigt, beziffert die Verluste auf 60 Millionen Euro. Die spanischen Airlines wiederum geben die Kosten und Verluste, die ihnen entstanden sind, mit 41 Millionen Euro an.
Geradezu glimpflich ist der Flughafen von Palma durch die jüngsten Ascheturbulenzen gekommen. Anders als an bis zu sieben Airports in Südspanien und auf den Kanaren – sowie diversen Flughäfen am Sonntag in Süddeutschland – musste Son Sant Joan seinen Betrieb zu keiner Zeit einstellen, auch wenn seit Samstag mindestens 130 Flugverbindungen gestrichen wurden.
Angesichts der wenig positiven Perspektiven fordern Mallorcas Hoteliers von den Politikern, die für Juli geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer auf November zu verschieben.
Handfeste Forderungen an die Politik werden auch von den Airlines vorgebracht. Sie drängen auf eine europaweit einheitliche Regelung der Messungen der Aschekonzentrationen am Himmel. Die Tatsache, dass baden-württembergische Flughäfen geschlossen wurden, während im nahen Zürich und Straßburg weiter Flugbetrieb herrschte, lasse Zweifel an den Kriterien für die Flugverbote aufkommen. „Wir brauchen objektive, zeitnahe und effektive Prüfungsverfahren”, sagte Air-Berlin-Direktor für Spanien, Álvaro Middelmann, gegenüber MM.
Der Marketing-Direktor für Condor in Spanien, Carsten Sasse, sieht das genauso. „Wir dürfen uns nicht nur auf Computersimulationen verlassen, sondern brauchen europaweit Sicherheit bei den Messwerten.”
Der Sprecher des Hotelverbandes auf Mallorca, Joan Antoni Fuster, registrierte eine gewisse Anpassungsfähigkeit der Behörden und Bürger im Umgang mit der Aschewolke: Bei erstem Ausbruch Mitte April reagierten Flugsicherungen und Politik drastisch und verhängten allgemeine Flugverbote. Jetzt gingen die Behörden mit dem Problem viel flexibler um. Es gebe eine enge Kooperation und Absprachen, es werden alternative Flugrouten in verschiedenen Höhen ermittelt, um die Aschewolke zu umfliegen. „Das ist keine normale Situation. Aber wir lernen dazu.” Ähnlich werden auch die Urlauber in Europa reagieren, glaubt Fuster. Sie planten mehr Zeitpuffer und Reiseversicherungen ein. „Aber auf den Urlaub wird am Ende niemand verzichten wollen. Das wäre ja nahezu Sünde.”