So langsam wird die Zeit knapp. Am 12. Juli ist der Abgabetermin für die Bewerbung der Kandidatur von Palma und den Balearen als Kulturhauptstadt Europas 2016. Insgesamt wollen 16 spanische – und elf polnische – Städte und Regionen bei der Europäischen Kommission den Titel erringen. Neben den Balearen als Region auch die Städte Alcalá de Henares, Burgos, Càceres, Córdoba, Cuenca, Las Palmas, Málaga, Murcia, Pamplona, San Sebastian, Santander, Tarragona, Zaragoza.
Initiator des ehrgeizigen Projektes für die Balearen ist der deutsche Kulturexperte Hubert Georg Feil, der mit seiner Firma Culturebrand S.L. die Sache nicht nur ohne öffentliche Gelder, sondern auch – zumindest bislang – ohne öffentliche Unterstützung stemmen musste. Denn noch hat sich keine politische Institution auf den Balearen offiziell für die Kandidatur ausgesprochen.
Hierzulande schweigt die Landesregierung ebenso wie Inselrat und die Stadtverwaltung von Palma. Im Pressebüro der Oberbürgermeisterin Aina Calvo heißt es: kein Kommentar.
Statt dessen gibt es Gerüchte, dass der spanische Ministerpräsident Zapatero die Kandidatur von Córdoba unterstützt und dass deswegen spanische Städtevertreter seiner Partei (PSOE) zum Nichthandeln aufgefordert wurden.
„Das sind keine Gerüchte“, sagt Hubert Feil. „Ministerpräsident Zapatero gab seit dem Frühjahr 2008 mehrere Unterstützungserklärungen für Córdoba 2016 ab. Was natürlich schwerer wiegt, ist die Tatsache, dass viele PSOE-Mitglieder der spanischen Regierung seit Jahren und kontinuierlich verkünden, die Entscheidung für 2016 sei bereits zugunsten von Córdoba gefallen. Dies stimmt natürlich nicht, hat jedoch viele spanische Städte verunsichert.“
Für Feil hat das politischen Hintergrund. Zapateros großes politisches und internationales Star-Projekt sei seit dem Jahr 2005 die „Alianza de Civilizaciones“, eine Initiative unter der Flagge der Vereinten Nationen, die sich offiziell United Nations Alliance of Civilizations (AOC) nennt. Die beiden Initiatoren der AOC sind der spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero und der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan.
„Es ist eine wichtige Initiative zur Erzielung gemeinsamer Handlungsansätze über verschiedene Gesellschaften und Kulturen hinweg und zur Öffnung der arabischen Welt für die arabischen und internationalen Länder“, sagt Feil. Allerdings könnten unter diesem Aspekt auch die Balearen eine bemerkenswerte Rolle spielen: „Die Balearen stehen seit Jahrhunderten für ein gelungenes interkulturelles Zusammenleben mit arabischen, christlichen, islamischen, jüdischen Einflüssen.“
Aina Calvo folge „wahrscheinlich klaren Instruktionen aus Madrid“. Wer im Internet recherchiert, findet zahlreiche Presseartikel, die Zapateros Unterstützung für Córdoba belegen.
„In der Geschichte der europäischen Kulturhauptstädte hat es seit 25 Jahren keinen vergleichbaren Fall des Versuches einer so direkten und konkreten Einflussnahme durch eine Regierung gegeben. Das ist natürlich gegen das demokratische Verständnis in Europa und gegen den sportlichen und positiven Spirit einer Kandidatur für den wichtigsten Titel, den die Europäische Kommission zu vergeben hat“, sagt Feil.
Die Entscheidung für die Kulturhauptstadt Europas 2016 wird von einer europäischen Jury aus 13 unabhängigen Mitgliedern getroffen. Feil: „Wir vertrauen auf die Integrität und Urteilskraft der Jury-Experten.“
Und er sagt: „Es ist nicht ungewöhnlich für die EU, eine Kandidatur zunächst ohne politische Unterstützung zu realisieren.“ Die Gespräche mit Politikern der Balearen laufen derzeit weiter.
Feil: „Es gibt sowohl beim Inselrat als auch bei der Landesregierung Bemühungen, die Kandidatur zu unterstützen. Was fehlt, ist der Politiker, der es verantwortlich in die Hand nimmt.” Auch die Sponsoren bleiben außer Air Berlin – noch – anonym. „Das ist Diplomatie. Große Unternehmen arbeiten mit den politischen Stellen zusammen. Sponsoren benötigen ein Kommunikationsumfeld. Ein solches werden wir erst im zweiten Schritt nach der Präsentation der Kandidatur entwickeln. Den Zeitpunkt der Integration von Sponsoren in das Marketing zur Kandidatur bestimmen die Sponsoren selbst.“
Bleibt die Frage: Was passiert, wenn ...? Wenn etwa die Balearen als Kulturhauptstadt unter die fünf ersten Kandidaten in die sogenannte „Short List“ gewählt werden. Das könnte Ende dieses Jahres der Fall sein; bis September 2011 besucht die Jury die Finalisten-Städte, um sich vor Ort ein Bild zu machen.
„Wir sind jetzt noch in der konzeptuellen Phase, über Kommunikation und Werbung können wir frühestens nach Abgabe des Bewerbungsdossiers sprechen.“ Wird dann auch über die Finanzierung gesprochen? Zwei Millionen, so Feil, soll das Budget bis Ende 2011 betragen. Das Geld soll erst dann eingesetzt werden, wenn die Balearen in der „Short List“ sind: „Es gibt mit Sponsoren eine Absprache zum Mitteleinsatz.“
Wie finanziert sich das Projekt bislang? „Einen großen Teil finanziere ich selbst“, sagt Feil. „Es ist ein finanzielles Risiko.“ Bis März 2012 steht fest, wer den Titel Kulturhauptstadt 2016 für Spanien gewinnt. Was dann?
Feil: „Niemand weiß, wohin die wirtschaftliche Krise Spanien führt. Also entwickeln wir mehrere Szenarien für die theoretische Finanzierung einer Kulturhauptstadt im Jahr 2016. Ich gehe selbstverständlich davon aus, dass die Institutionen der Balearen bei einem Titelgewinn mitziehen.“