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Die Zukunft hat zwei Räder

Palma will nach dem Vorbild großer europäischer Städte ein System öffentlicher Leihfahrräder einführen. Das könnte die Stadt gründlich verändern, wie das Beispiel Sevilla zeigt

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Großprojekte gibt es in Palma einige. Der neue Kongresspalast ist bereits im Bau, die Straßenbahn in Planung, die Playa de Palma bekommt ein völlig neues Aussehen und auch ein modernes Messegelände soll es geben. Am nachhaltigsten aber könnte ein ganz anderes und viel weniger teures Projekt das Stadtbild verändern: Noch 2010 soll ein öffentliches Fahrradleihsystem in Betrieb gehen. Sollte das Projekt wie geplant umgesetzt werden, wäre das ein entscheidender Schritt bei dem Versuch, Palma zur Fahrradstadt zu machen.

Derzeit läuft die Ausschreibungsphase. Geplant sind mindestens 25 Mietstationen mit 280 Fahrrädern. Die Kosten belaufen sich auf 800.000 Euro und werden von der Zentralregierung in Madrid übernommen. Für den Erfolg des Projektes wird entscheidend sein, wie das Leihsystem genau funktioniert. Wie hoch wird die Leihgebühr sein? Wie wird abgerechnet? Diese Entscheidungen seien noch nicht getroffen, heißt es bei der Stadtverwaltung. Angedacht sei, die Nutzung der Räder an die Bürgerkarte („Tarjeta Ciudadana”) zu koppeln, die nur die rund 400.000 Bewohner Palmas sowie die Einwohner von 20 weiteren Inselgemeinden bekommen und die auch als Busfahrkarte dient. Touristen bleiben zunächst außen vor, heißt es bei der Stadtverwaltung.

Ein erfolgreich funktionierendes öffentliches Fahrradleihsystem gibt es seit 2007 in Sevilla. Wer die andalusische Hauptstadt noch aus der Zeit davor kennt, dürfte sich an eine ausgesprochene Autostadt erinnern. Heute ist Sevilla (rund 700.000 Einwohner) eine Stadt, die über mehr als 100 Kilometer Fahrradwege verfügt (in Palma sind es 42 Kilometer) und in der es normal zu sein scheint, sich radelnd fortzubewegen. An 250 rund um die Uhr zugänglichen Mietstationen stehen 2500 Fahrräder zur Verfügung.

Die Nutzung steht allerdings jedermann frei – auch Touristen können die Räder ausleihen. Das Prozedere an den Automaten ist einfach – wenn man es denn einmal durchschaut hat. Eine Wochenkarte kostet fünf Euro, die erste halbe Stunde ist pro Tag gratis. Danach kostet jede Stunde einen Euro. Damit die Nutzer die Fahrräder auch ordnungsgemäß wieder an einer der Stationen abstellen, müssen per Kredit- oder Debit-Karte 150 Euro als Pfand hinterlegt werden. Anschließend bekommt man eine Zugangsnummer. Um ein Fahrrad auszuleihen, muss diese an einem der Automaten eingetippt werden. Bei der Rückgabe gilt es, das Fahrrad an der entsprechenden Vorrichtung einrasten zu lassen: fertig.

Die Verantwortlichen werten die Einführung des Leihsystems in Sevilla als vollen Erfolg. „Es hat in den vergangenen Jahren einen Wandel im Verhalten der Bürger gegeben”, heißt es in einer aktuellen Analyse. Pro Tag würden in der Stadt durch das Angebot mehr als 11.000 zusätzliche Fahrradfahrten registriert. Der Autoverkehr sei zurückgegangen, der CO2-Ausstoß habe sich um 1178 Tonnen pro Jahr reduziert. Für Urlauber sind die Mietfahrräder interessant, weil sich beim „Sightseeing” so plötzlich viel weitere Entfernungen zurücklegen lassen als zu Fuß. Man gelangt in Stadtteile, in die es einen vorher wohl kaum verschlagen hätte.

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