Was ist der größte Unterschied zwischen der deutschen und der
spanischen Boulevardpresse?
AXEL THORER:
„In Deutschland haben die Illustrierten etwas mehr Abstand. Das hat
vor allem einen Grund: Die spanischen Prominenten gehen viel weiter
als die deutschen und vermarkten wirklich ihr komplettes Leben. Sie
verkaufen Fotos aus ihrem Privatleben für viel Geld an die Medien,
so dass immer ausreichend Bilder vorhanden sind. Der Preis für die
Bilder ist eine völlig kritiklose Berichterstattung, da die
Prominenten die Journalisten zensieren. Die spanische Presse druckt
eine kritiklose Freude am schönen Bild. Die deutschen Prominenten
sind dagegen nicht so daran gewöhnt, sich zu positionieren. Das
macht es den Zeitschriften natürlich auch schwerer, Bilder zu
finden.“ Wo sehen Sie den Grund für diese Unterschiede? „Ich
glaube, man muss Spaniens Geschichte bei diesen Dingen mit im Auge
behalten. Bis 1975 war die Presse der kompletten Zensur der
Franco-Diktatur ausgesetzt, es gab keine freie Berichterstattung.
Als Franco starb, gab es plötzlich einen unheimlichen Medienboom,
alles war frei und es gab kaum Regeln. Die Leute sind einfach froh,
keine Zensur mehr zu haben und denken nicht so viel über den Inhalt
nach, der ihnen geboten wird. Dazu kommt, dass Spanien ein sehr
großes Land mit einer relativ kleinen Bevölkerung ist, wo die
meisten Menschen immer noch auf dem Land wohnen. Das schafft eine
ganz andere Informationskultur als in Deutschland.“
PEDRO PRIETO:
Was ist der größte Unterschied zwischen der spanischen und der
deutschen Klatschpresse? „Ich kenne den deutschen Markt nicht
besonders gut, aber ich habe den Eindruck, dass die deutsche Presse
seriöser, ernsthafter ist. Es gibt immer zwei Arten von
Boulevardpresse – gute und solche für den Mülleimer. Leider gibt es
in Spanien mehr von der zweiten Sorte und in Deutschland ist das
glaube ich andersherum. In den deutschen Medien wird fast
ausschließlich über Prominente berichtet, die auch tatsächlich
etwas geleistet haben, Fußballspieler, Sänger, etc., es gibt nur
wenige Freakys, wie wir solche Personen wie Belén Esteban nennen.
In Spanien gibt es wahnsinnig viele Freakys!“ Wo sehen Sie den
Grund für diese Unterschiede? „Ich glaube, die Gründe für so etwas
finden sich auch in der wirtschaftlichen Lage. Deutschland hat die
Krise viel besser überstanden und es gibt mehr Arbeit. Die Menschen
dort haben mehr zu tun und deswegen weniger Zeit für Überflüssiges.
Das prägt natürlich auch die Zeitungen und das Fernsehprogramm.
Außerdem ist die Boulevardpresse meiner Meinung nach ein großer
Kreislauf. Je mehr über unwichtige Menschen berichtet wird, desto
mehr Freakys gibt es. Und je mehr Freakys es gibt, desto mehr wird
über sie berichtet. So geht das immer weiter. In Spanien sind wir
schon an einem Punkt, wo auch Prominente, die etwas geleistet
haben, nur noch auf ihr Privatleben reduziert werden, weil die
Leute eben nur das lesen wollen.