Wer Umfragen und Internetforen liest oder sich in seinem spanischen Bekanntenkreis umhört, kann sich eigentlich nicht vorstellen, dass der Generalstreik am 29. September ein großer Erfolg wird. Die Planung ist nicht gerade von Hurra-Geschrei der Arbeitnehmer begleitet.
Nicht zuletzt deshalb setzen die Gewerkschaften auf bewährte Strategien: Druck und punktuelle Aktionen. Ein Hauptaugenmerk ist auf den öffentlichen Personenverkehr gerichtet. Wer Busse und Bahnen lahmlegt, kontrolliert auch jene, die zur Arbeit wollen. Und wer internationale Flugverbindungen kappt, gewinnt höchstmögliche Aufmerksamkeit.
Auf Mallorca wird Letzteres mit Bangen beobachtet. Aus leidvoller Erfahrung weiß man, dass sich der Airport mit relativ wenigen Mitteln lahmlegen lässt. Wieder einmal werden unbeteiligte Reisende zu Geiseln im Machtspiel zwischen Gewerkschaften und Regierung. Besser wird dadurch gar nichts.
Das erklärt wohl auch die allgemeine Zurückhaltung gegenüber den Gewerkschaften. Ein Streikziel ist nicht wirklich erkennbar. Erwartet jemand im Ernst, dass Zapatero seine Arbeitsmarktreformen zurücknimmt? Reformen, die den meisten Wirtschaftsexperten ohnehin noch nicht weit genug gehen? Wohl kaum.
Viele Menschen bangen um ihren Wohlstand. Wut auf „die da oben” haben sie schon. Aber wenig Hoffnung, dass ein Streik etwas bringen könnte. Und: Wessen Geld kaum bis Monatsende reicht, will sich ungern auch noch einen Streiktag vom Lohn abziehen lassen.
Erstaunt nimmt Spanien das neue deutsche Wirtschaftswunder zur Kenntnis. Eine Merkel hätten sie gerne, hört man immer wieder. Aber damit wäre es wohl nicht getan. Spaniens Wirtschaft hat Strukturprobleme, die nicht von heute auf morgen und auch nicht durch eine gestiegene Nachfrage in China zu lösen sind. Ein Umbau ist notwendig, Verwaltungen müssen modernisiert, Bildungsoffensiven gestartet werden. Von den Gewerkschaften hören wir dazu wenig. Es soll alles schön beim Alten bleiben.
Der Streik ist ein Grundrecht. Man sollte sorgsam mit ihm umgehen.