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Arenal: Eldorado in Trümmern

Erfolgsgeschichte mit ungewissem Ausgang: ein Rundgang

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In den Palmwipfeln von Arenal rauscht der Wind, während Putzfrauen an jenem Novembermorgen die Treppenstufen der Geschäfte wischen und Händler ihre Waren in die Auslagen drapieren. Unvermittelt zeigt Pere Canals auf die Fliesen der Strandpromenade: "Wir stehen hier auf dem Fundament des Tourismus in Spanien." In der Stimme des Seniors schwingen Stolz und Skepsis gleichermaßen mit.

Der 68 Jahre alte Hotelier, ein Urgestein der Branche an der Playa de Palma, ist der wohl beste Kenner Arenals. Im Jahre 2006 veröffentlichte er ein opulentes biographisches Buch über seinen Heimat-ort (frei übersetzt: "Arenal, wie ich es erlebt habe"), jetzt legte er einen Zweitband vor: "Arenal, wie man mir davon erzählte". Das Werk ist ein ethnographisches Konvolut, in dem - so könnte man meinen - der Lebensweg eines jeden Arenal-Bewohners der vergangenen 100 Jahren aufgezeichnet wurde. Es handelt sich um ein einzigartiges Dokument, das belegt, wie ein sandiger Winkel an der Bucht von Palma zur Wiege des Massentourismus, zum "Fundament" eines ganzen Wirtschaftssektors aufstieg, und nun mit den Trümmern seiner Erfolgsgeschichte zu kämpfen hat.

Stolz und Skepsis. Pere Canals Vater war der Erste, der 1956 mit dem "Solimar" und 1960 mit dem "San Diego" in Arenal Sommer-Sonne-Strand-Hotels eröffnete. Wer damals fest anpackte und hart arbeitete, erinnert sich Canals, konnte gutes Geld verdienen und der Armut entfliehen.

Doch der Tourismus-Boom, das räumt Canals unumwunden ein, hatte auch seine Kehrseiten: Der städtebauliche Wildwuchs, mit gigantischen Hotels und Wohnblöcken. Und dies in Straßen, deren Anlage noch aus dem 19. Jahrhundert stammte, als kaum jemand ein Auto gesehen hatte. Viele Ecken in Arenal, die aus heutiger Sicht ästhetisch und funktional höchst fragwürdig erscheinen, findet auch Pere Canals alles andere als schön. Er selbst hatte dieselben Straßen bereits als Dreijähriger durchwandert. Es muss diese groteske Verwandlung, dieser Kontrast zu früher gewesen sein, die dem Freizeit-Autor die Energien zuführte, jene insgesamt 900 Buchseiten zu verfassen.

Mitten zwischen den bis zu 14 Stockwerken hohen Bauten an der ersten Linie stechen noch drei traditionelle Häuser heraus: mit Erdgeschoss und erster Etage, einer Veranda vor dem Eingang, dazu ein Sonnendach, das auf Steinsäulen ruht. So sahen in Arenal einst alle Häuser aus. Mit Blick aufs Meer, den man, je nach Jahreszeit und Gusto, besonnt oder beschattet genießen konnte.

Hat sich "Don Pedro", jemals gefragt oder ausgemalt, wie Arenal heute noch aussehen könnte, wenn es diesen ungebremsten Bauboom nicht gegeben hätte? Pere Canals winkt ab. Es habe keinen Sinn, sich beim Rückblick auf die 1950er Jahre von nostalgischen Gefühlen überwältigen zu lassen, gibt sich der Unternehmer realistisch. Die Zeiten seien alles andere als rosig gewesen. "Wir hatten keine Kanalisation, die Abwässer sickerten ins Meer. Es gab keine Trinkwasserversorgung, keine geteerten Straßen, keinen Arzt, keine Apotheke. Und wenn der Strom abgestellt wurde, was bis zu 24 Stunden dauern konnte, dann kramten alle die Kerzen hervor. Ich weiß noch, wie ich als Kind im Winter gefroren habe. Heute friere ich überhaupt nicht mehr." Pere Canals führt über die Brücke des Torrent de Jueus. Das ausbetonierte Bachbett bildet die Grenze. Das geteilte Arenal gehört halb zu Llucmajor, halb zu Palma. Wer nicht darauf hingewiesen wird, würde die steinalte Grenzmarke unter der Brücke prompt übersehen.

Der Umgang mit der wenigen historischen Substanz, die in Arenal zu finden ist, ist erschreckend sorglos. Altehrwürdige Sommervillen, wie jene, die sich reiche Palmesaner um 1920 errichten ließen, sollen nach dem Integralplan des Konsortiums zur Sanierung der Playa de Palma (siehe auch S. 6) am Torrent ebenso verschwinden wie jene voluminösen Wohnblöcke von ausgewiesener Hässlichkeit.

Pere Canals fühlt sich vom Konsortium regelrecht betrogen. "Das ist ein Überfall", sagt der Hotelier. Dabei ist ihm nicht das Reformprojekt an sich ein Dorn im Auge. Die städtebaulichen Eingriffe hält er im Prinzip für richtig und wichtig. Was ihn wurmt, ist die Art und Weise, wie das Vorhaben durchgezogen werden soll. "Sie haben über alles gesprochen - nur nicht über Geld!" Er selbst ist mit dem Hotel San Diego teilbetroffen. Das Konsortium schlug ihm zwei Varianten vor: Entweder es werden die vier obersten Stockwerke zurückgebaut, die Sternekategorie in allen Zimmern von zwei auf drei erhöht und Garagenplätze geschaffen. Oder das Gebäude wird um fünf Etagen gekappt und in ein Wohnhaus umgewandelt. "Alles schön und gut", kommentiert Canals, "aber wer zahlt das alles? Die? Oder ich? Und wie viel?" Nichts davon sei klar.
Die Straßen zwischen den Hochhäusern wirken wie Schluchten. Canals zeigt auf zwei riesige Hotelkomplexe mit mehr als 1000 Betten, derzeit geschlossen. Diese Häuser wolle das Konsortium vollständig abreißen. "Aber mit den Eigentümern hat noch niemand offiziell gesprochen." Doch sind diese Blöcke nicht regelrecht erdrückend?! "Das mag alles sein", sagt Canals. Ihm gehe es darum, dass Eigentümer entschädigt werden. "Man muss ihnen mindestens den Wert der Immobilie bezahlen sowie den seelischen oder emotionalen Schaden, der durch den Verlust entsteht. Manche Wohnungen, die abgerissen werden sollen, sind seit 30 Jahren das Heim von Menschen. Und so manche Villa ist seit 80 Jahren in Familienbesitz. Den Eigentümern kann man nicht einfach mit einer Umsiedlung nach woandershin kommen." Arenal, das zeigt Canals in seinen Büchern, ist die Geschichte der Einwohner. Einst lebten dort ein paar Steinmetze und Fischer. Die erste Einwanderungswelle um 1900 waren "Habenichtse" aus Llucmajor, in den 1930er Jahren kamen Opfer des Bürgerkrieges aus ganz Mallorca. Sie hielten sich mit dem Abbau des Marés-Sandsteins mehr schlecht als recht über Wasser. Die dritte Zuwandererwelle waren die Festlandspanier, die in den 1940er und 1950er Jahren hungrig ihre Dörfer verließen und auf Feldern der Insel ackerten. Canals beschreibt die frühen Einwohner von Arenal als arm, aber fleißig. In den Steinbrüchen wurde schon damals mehr bezahlt als anderswo, aber auch länger gearbeitet. Die Menschen seien Glücksritter gewesen, auf der Suche nach dem Eldorado.

Ein goldenes Zeitalter, das dann tatsächlich über Nacht anbrach, mit dem Tourismus, der um 1955 einsetzte. Aus Handwerkern und Landarbeitern wurden plötzlich Kellner. Bei Monatsgehältern von 7000 Pesetas hatten sie Einnahmen von 20.000 Pesetas allein an Trinkgeldern. "Zehn Mark oder Pfund waren ein Vermögen, davon lebten 50 Menschen." Auf den ungeahnten Aufschwung folgten die vierte und fünfte Einwanderungswelle: erst die Nordeuropäer, dann die Südamerikaner und Schwarzafrikaner.
An die Boomjahre des Bauens, als die Hotels in den Himmel strebten, kann sich Canals bestens erinnern. Er war damals von 1970 bis 1978 der erste Abgeordnete Arenals im Rathaus von Llucmajor. "Bedenken gegen die Hochhäuser, die ab 1965 errichtet wurden, hatte damals niemand. Im Gegenteil: Die Devise lautete stets: je mehr davon, desto besser." Die Betonkonstruktionen standen für Modernität, Aufbruch, Lebensqualität, Arbeitsplätze. 1980 wurde zum ersten Mal eine Höchstbaugrenze erlassen. Bis dahin galt das Wachstum als grenzenlos.

Heute sieht Canals den Fortschrittsglauben von damals durchaus kritisch. "Wenn sich die Zeit zurückdrehen ließe, und ich Befugnis hätte, würde ich festlegen, dass zu jedem Bau entsprechend Grünzonen und Autostellplätze einzuplanen seien. All das war damals kein Thema." Und es gab einen weiteren Planungsfehler, findet Canals. Man hätte damals nicht Sozialwohnungsbau und touristische Infrastrukturen auf engstem Raum vermischen dürfen. Der erste Wohnbunker dieser Art mit 30 Metern Höhe wurde um 1965 errichtet.

Arenal war meist sich selbst überlassen, resümiert Canals. Die Rathäuser waren weit weg. Palmas Zentrum und Llucmajor wurden lediglich als Orte wahrgenommen, an denen einmal im Jahr die Steuern bezahlt werden musten. Konstruktive Hilfen wurden von den dortigen Behörden kaum erwartet.

Ungeachtet der derzeitigen Situation hält Canals Arenal nach wie vor für attraktiv zum Wohnen. "Es stimmt nicht, dass es hier laut ist. Es gibt viele stille Winkel. Die Straßen sind eng und verkehrsarm." Gerne führt Canals Besucher am Freitag über den Wochenmarkt. Hier herrscht mediterranes Lebensgefühl pur. Die Palmen auf dem Platz hat Canals pflanzen lassen, als er noch Stadtrat war, ebenso den Palmenhain am Strand. "Man hielt mich damals für verrückt. Aber sieh selbst, wie schön sie gewachsen sind!"

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