ALEXANDER SEPASGOSARIAN
Mallorca, 21 April – Pinyol und Menut sind genügsame Mitarbeiter.
In den Pausen, die man ihnen gönnt, sind sie schon mit ein paar
Grashalmen und Frühlingsblumen zufrieden, die am Weg wachsen.
Ansonsten legen sie sich ordentlich ins Zeug. Das Fell am Rücken
ist schweißnass, während sie, nebeneinander eingespannt, mit den
Hufen über die Erde stampfen und den Pflug hinter sich herziehen.
Das Futter am Abend -ein Kilo Hafer oder Weizen samt zehn Kilo
Grünfutter oder Stroh - ist redlich verdient.
Jaume Mesquida, der gemeinsam mit seiner Schwester Bàrbara in vierter Generation dem Familienbetrieb vorsteht, ist der erste Winzer der Insel, der die Arbeit im Weinberg auf tierische Muskelkraft umgestellt hat. Traktoren und dieselbetriebenes Maschinengerät haben auf seinem Rebland nichts mehr zu suchen.
Um die Maultiere kümmert sich ihr Halter Tomeu Bibiloni. Der gelernte Schreiner aus Binissalem verkaufte nach 20 Jahren den florierenden Betrieb, um sich ganz der Landwirtschaft mit Tierkraft zu widmen. "Alle Welt sagte mir, ich sei übergeschnappt." Dabei mache er jetzt das, was er sein Leben lang tun wollte. In Jaume Mesquida fand Bibiloni einen Auftraggeber, bei dem er mit seinen Tieren ein Auskommen hat.
Die Rückkehr zum Arbeitskollegen Maultier ist eine stille Sensation in der Agrarindustrie der Balearen. "Es ist bestimmt über ein Jahrhundert her", glaubt Jaume Mesquida, "dass die Scholle auf Mallorca mit Hilfe von zwei ,Mulos' im Doppeljoch umgepflügt wurde."
Schon lange hatte der studierte Biologe vor, die Arbeit in dem Familiengut auf echte Pferdestärken umzustellen. Jaume Mesquida ist ein Enthusiast der naturnahen Lebensweise. Dass andere ihn deswegen belächeln könnten, tangiert ihn nicht.
Dieser Spleen zur inneren Unabhängigkeit mag in der Familie liegen. Schon sein Vater, ebenfalls Jaume Mesquida, hatte mit seinen unkonventionellen Ideen für Furore gesorgt, als er in den 1970er Jahren als Erster französische Edelsorten auf der Insel anpflanzte und auf Qualität setzte - just in einer Zeit, in der der Weinbau auf Mallorca totgesagt worden war. Als "jove foll", als junger Verrückter, war er bezeichnet worden. Und doch leitete er damals, zusammen mit einer Handvoll Gleichgesinnter, Mallorcas Wandel hin zu einem ernst zu nehmenden Weinbaugebiet ein.
In dieser Tradition führen die Mesquida-Kinder das Landgut fort. Seit dem Generationswechsel vor sieben Jahren stellten sie den Betrieb auf ökologische Arbeitsweisen um. Auf den Flächen wurden seitdem weder chemische Schädlingsbekämpfungsmittel noch Kunstdünger verwendet. Die Hinwendung zu den Maultieren, die erstmals vor wenigen Wochen zum Einsatz kamen, ist für Mesquida die folgenrichtige Fortentwicklung seiner Agrarphilosophie. "Das ist keine Folklore-Show, die wir hier veranstalten. Weder zur Belustigung der Touristen noch zu unserer eigenen", betont der Winzer. Vielmehr gehe es ihm darum, realistische Lösungen für die Notwendigkeiten der Feldarbeit zu finden.
Der Verzicht auf Pestizide seit 2007 habe den Boden sich regelrecht regenerieren lassen. Das sei an der Abfolge der Gräser und Kräuter zu sehen, die von Jahr zu Jahr auf dem Rebland zugenommen haben. Auch eine wachsende Artenvielfalt sei zu beobachten. "Früher fandest du hier nicht einen einzigen Regenwurm oder Marienkäfer - jetzt schon." Selbst Mäuse, Igel, Schlangen und Greifvögel hätten sich auf dem sieben Hektar großen Land eingestellt. "Die Natur kommt wieder ins Gleichgewicht."
Die Vorteile der Maultiere sieht Jaume Mesquida darin, dass die Böden nicht mehr unter dem Gewicht der Traktoren verdichtet und keine Abgase ausgestoßen werden. Erdreich, Pflanzen, Tiere und der Mensch bildeten biodynamisch wieder einen harmonischen Gleichklang.
"Das tut auch dem Wein gut, der hier wächst", ist sich Mesquida
sicher. Der Jahrgang 2009 war der Erste, der das amtliche
Öko-Siegel führen durfte.
Aber hat der Winzer keine Sorge, dass die Gräser seinen Reben
Wasser und Mineralien entziehen? Nein, sagt Mesquida und zeigt
lächelnd auf die grünenden Weinstöcke: "Sieh doch selbst, wie
prächtig sie gedeihen."