, 28. Juli – Liv Strømsvåg wäre in diesen Tagen lieber nicht auf Mallorca, sondern in ihrer Heimat. "Am Montag stand ganz Norwegen still, allein im Zentrum von Oslo standen 200.000 Menschen auf der Straße. Da habe ich gefühlt, dass ich dabei sein müsste", sagt sie. Die Frau des Vikars Arvid Tver, Urlaubsvertretung des Pfarrers in der norwegischen Gemeinde in Palmanova, telefoniert seit dem Anschlag oft mit ihrer 21-jährigen Tochter in Bergen. Deren Freundin war bei dem Ferienlager der Arbeiterpartei auf der Insel Utøya dabei, konnte sich durch einen Sprung vor dem Attentäter ins Wasser retten. "Sie wurde von einem Boot gerettet. Das hat meine Tochter aber erst nach zwei Tagen erfahren. Eine ehemalige Schulkameradin meiner Tochter wird noch vermisst. Ihr werden wenig Überlebenschancen eingeräumt." Ihre Tochter sollte eigentlich auch auf die Insel fahren, hatte es aber kurzfristig absagen müssen. "Sie hatte sich darüber noch geärgert." Die Sjømannskirken in Palmanova ist regelmäßiger Treffpunkt für 50 bis 60 Norweger. Vor dem Eingang zur schlichten Kappelle in dem Wohnhaus liegt ein schmuckloses Kondolenzbuch. Keine Blumenkränze, keine Karten zum Gedenken der Trauernden, die Norweger gehen gefasst mit ihrer Trauer und Wut um. In der Kneipe Gsøkeredet (Kukuksnest) unweit des Gemeindezentrums, schauen die Norweger momentan jeden Abend gebannt um 21 Uhr die norwegischen Nachrichten. Die spanischen Nachbarn in Palmanova nehmen Anteil. "Die Blumen für die Sonntagsmesse haben wir von der Verkäuferin geschenkt bekommen", sagt er.
Beide Taten waren unfassbar für das reiche Land mit seinen weniger als fünf Millionen Einwohnern. "Ein Bombenanschlag! So etwas hat es noch nie in Norwegen gegeben", sagt Arvid Tver. Durch alle Gesellschaftsschichten gebe es jetzt Solidarität, sogar die rechten Parteien seien in diesen Tagen bekennende Sozialisten. Premierminister Jens Stoltenberg, der seine Jugend auf der Horrorinsel verbrachte, verrichte einen guten Job. Das norwegische Volk stehe eng zusammen. "Man sagt, die meisten in Norwegen sind zwei Handschläge entfernt. Ich treffe auch hier Leute, mit denen ich gemeinsame Bekannten habe", sagt Liv Strømsvåg.
Weit weg, aber doch tief betroffen, das gilt auch für Inger Kathrine Smeby, die mit ihrem mallorquinischen Mann seit elf Jahren auf Mallorca wohnt. "Meine Mutter konnte die Explosion im Zentrum von Oslo hören", sagt sie. Als ihr Ehemann vom Anschlag erzählte, ging Inger sofort ins Netz. "Auf meinen Facebook-Kommentar hatte ich sofort viele Antworten. Keinem meiner engeren Freunde ist etwas passiert." Hat sie Angst, dass in Zukunft weitere Anschläge folgen könnten? "Nein, wir sind stärker denn je vereint. Norwegen wird aus dieser Krise gefestigter als zuvor hervorgehen", sagt Inger Smeby. Die Freiheit, die dieses Land seinen Menschen bietet, dürfe nicht eingeschränkt werden. "Dann hätte dieser Kerl gewonnen." Aber ein Gedanke lässt die Norweger nicht los. "Was müssen wir machen, damit unsere Gesellschaft keinen zweiten Attentäter hervorbringt?", fragt sich Arvid Tver. Es sei gut, dass dieser Mensch aus der norwegischen Gesellschaft kam und nicht von außen. "Wir müssen uns untereinander damit auseinandersetzen und können das Problem intern lösen." Tver wird in zwei Wochen wieder mit seiner Frau nach Bergen zurückkehren. "Bis dahin habe ich noch zwei Hochzeiten hier. Darauf freue ich mich richtig. Wir wollen jedes positive Erlebnis mitnehmen."