15. September – „Mallorca auf dem (richtigen?) Weg in die Zukunft” – so lautet der Titel eines Vortrags, den Sabine Christiansen aus Anlass des 40. MM-Geburtstags am 17. September in Palma hält. Das Mallorca Magazin sprach mit der Journalistin und TV-Produzentin über die Probleme und Chancen der Insel, ihre persönlichen Mallorca-Vorlieben und ihr Leben fernab der roten Teppiche
Mallorca Magazin: Geben Sie uns einen kleinen Hinweis auf
die Richtung Ihres Vortrags: Ist Mallorca für die Zukunft
gerüstet?
Sabine Christiansen: Wenn der RCD sich nicht weiter schlagen
lässt wie von Betis Sevilla, dann schon! Mallorca hat, nach
schleppendem Beginn in diesem Jahr, vermutlich die beste Saison
seit rund zehn Jahren erlebt. Und auch jetzt im September scheint
sich der Trend für die Tourismusindustrie fortzusetzen. Das gibt
für die wirtschaftliche Situation Mallorcas derzeit sicher bessere
Aussichten als in manch anderen Regionen, in denen die
wirtschaftliche Misere voll durchschlägt. Aber die öffentlichen
Kassen sind leer, es muss in vielen Bereichen bis zur Schmerzgrenze
gespart werden – da müssen Tabuthemen angepackt werden, politische
Grenzen überwunden werden zum Wohle des Ganzen und Geldverteilungen
neu überdacht werden. Aus jeder Krise erwachsen bekanntliche auch
Chancen. Daher braucht Mallorca gerade jetzt Visionäre!
MM: Wo ist Mallorca top, was fehlt? Können Sie uns ein
paar Beispiele nennen?
Christiansen: Ich komme gerade aus Kroatien, diesem
wunderbaren Segelrevier aus mehr als tausend Inseln. Wenn der Krieg
dort nicht viele Jahre den Tourismus zum Erliegen gebracht hätte,
wäre die Konkurrenz zu den Balearen sicher enorm groß. Die
wunderbare Natur dort, die Mallorcas Politiker leider nicht immer
als schützenswert empfunden haben, spielt bei dem Tourismus der
Zukunft sicher eine wesentliche Rolle. Mallorca darf sich daher nie
auf seinen Lorbeeren ausruhen, muss sich Veränderungen,
Konkurrenten, Trends und gewachsenen Umwelt- und
Qualitätsansprüchen der Gäste stellen.
MM: Zu den Stärken Mallorcas.
Christiansen: Mallorca ist als Ganzjahresinsel fast
unschlagbar. Seine Infrastruktur, die Angebote für Touristen wie
Tagungen, für Events wie Naturliebhaber haben sich enorm
verbessert. Mallorca hat sich auch über seine Residenten aus allen
Teilen Europas und darüber hinaus zu einem internationalen Spot
entwickelt, was ich als große Chance sehe, wenn man diesen denn
auch bereit ist zu akzeptieren.
MM: Wie gut kennen Sie Mallorca und wie lange schon?
Christiansen: Ich mag vielleicht in den letzten 20 oder 25
Jahren, die ich Mallorca kenne und schätze, noch nicht in jedes
Dorf vorgedrungen sein, aber in alle Regionen der Insel.
MM: Wie viel Zeit des Jahres verbringen Sie denn auf
Mallorca?
Christiansen: Wir sind im Winter eine Familie, die auch gern
für ein verlängertes Wochenende einfliegt, wenn es in Paris oder
Berlin grau und düster ist. Butterblumen, blühende Mandelbäume,
Orangenhaine in Sóller - all das hilft unendlich, den eigenen Tank
wieder aufzufüllen. Im Sommer versuchen wir zwischen den
beruflichen Verpflichtungen so viel Zeit wie möglich da zu sein.
Unser Haus wird dann zum "Basiscamp" der ganzen Familie und vieler
Freunde.
MM: Ihr Hauptwohnsitz ist Paris. Warum nicht Côte d'Azur?
Wäre doch naheliegend, im wahrsten Sinne des Wortes.
Christiansen: Mein Mann ist in Südfrankreich aufgewachsen
und wir lieben die Region auch sehr. Eine Woche im Sommer sind wir
meist auch dort. Aber wir beide, ganz abgesehen von unserer
spanischen Haushälterin, die seit Jahren zur Familie in Berlin und
Paris gehört, sind einfach Balearen- Fans. Mein Mann ist früher mit
Ibiza sehr verbunden gewesen, die Kinder sind einige Jahre dort zur
Schule gegangen und unsere französischen Freunde treffen wir
weiterhin auch meist dort. Mallorca hat ihn dann aber
glücklicherweise genauso fasziniert wie mich. Die Saison ist
erheblich länger als in Südfrankreich, wir schätzen die weniger
mondäne Lebensphilosophie und mögen die Menschen hier einfach
sehr.
MM: Wohnen in Paris und auf Mallorca, Arbeiten in Berlin
und im Rest der Welt. Haben Sie schon mal ausgerechnet, wie viele
Tage des Jahres Sie auf Flughäfen und in Jets verbringen?
Christiansen: Rechnen wir lieber bei uns beiden nicht nach
... das ist sicher die Hälfte des Jahres. Mein Mann ist als
Mode-Unternehmer sehr viel in Afrika und Asien bei den Produzenten
unterwegs. Ich habe in diesem Jahr, neben den Unicef-Reisen, ein
Mammutprogramm absolviert. Wir haben eine wöchentliche,
internationale Produktion über CEOs und deren große Unternehmen
gestartet. Mit viel Erfolg, aber auch einem Reiseprogramm in diesem
Jahr, was seinesgleichen sucht: Ich war in Afrika, zirka zehnmal in
Shanghai, musste dann nach Afghanistan und Pakistan, Haiti et
cetera - das geht bis zum Dezember auch noch weiter. Die fast
täglichen Europa-Flüge zählt man gar nicht mehr.
MM: Ihr Mann sieht Sie noch häufig genug?
Christiansen: Das schaffen wir schon ganz gut. Aber manchmal
wären ein paar Tage länger auf der Insel schön. Wir arbeiten
daran.
MM: Für NTV interviewen Sie Führungskräfte aus aller
Welt. Was haben diese Menschen, was andere nicht haben? Was macht
sie so interessant?
Christiansen: Spätestens seit der Lehman-Pleite und der
nachfolgenden Krise haben wir deutlich gesehen, dass nicht nur die
Politiker, sondern vor allem die Entscheider in der Wirtschaft vor
die Kamera gehören. In bad times wie in good times. Wissen und
kennen wir mehr über die Entscheider und ihre Unternehmen, hilft
uns das sehr viel weiter, über Branchen, Unternehmen und ihre
Führung bessere Einblicke zu bekommen.
MM: Hand aufs Herz: Das ganz große Rampenlicht wie bis
zum Abschied Ihrer Talkrunde in der ARD fehlt Ihnen wirklich
nicht?
Christiansen: Ich freue mich zusammen mit meinem Mann, da
heraus zu sein. Das Leben ohne einen roten Teppich pro Woche ist
immer unser Ziel gewesen. Man muss es ähnlich wie in der Politik
betrachten: eine Zeit lang gehört das Rampenlicht zum Geschäft.
Dann kann man entweder selbstbestimmt ein anderes Leben wählen, was
die Paparazzi dann auch nicht mehr spannend finden, oder man
vermisst es. Wir sind dankbar für jeden privaten Tag ohne.
MM: Sie haben gegenüber dem Spiegel den Einheitsbrei in
den deutschen Talkshows beklagt. Woran liegt das: an den
Moderatoren, den Gästen - oder fehlen die Themen?
Christiansen: Ich habe lediglich zu Bedenken gegeben, dass
MEHR nicht immer BESSER ist. Je mehr Formate sich allein bei einem
Sender wie der ARD Konkurrenz machen müssen, desto schwieriger wird
es, noch etwas Exklusives vorweisen zu können ...
MM: Apropos deutsche Führungskräfte: Da gibt es eine
erstaunliche Dichte auf Mallorca. Haben Sie auch schon Interviews
hier geführt? Was zieht diese Leute nach Mallorca?
Christiansen: Mallorca hat in der Tat eine erstaunliche
Dichte an deutschen Wirtschaftslenkern, die sich hier sehr wohl
fühlen. Die Größe Mallorcas verhindert dabei, dass man sich - im
Gegensatz zu Sylt - jeden Abend sieht. Die Abgeschiedenheit, die
viele für Projekte auswählen, die Ruhe, die sie in dem Job hier
finden, lässt mehr und mehr "Big-shots" da sein...
MM: Welches sind Ihre persönlichen
Mallorca-Vorlieben?
Christiansen: Wir lieben unsere Winterausflüge und
Wanderungen rund um Sóller und in der Tramuntana. Wenn Pollença und
der Norden im Frühjahr erwachen, dann fahren wir gerne dorthin. In
der Sommerhitze bleibt man auf dem Wasser und nah am Haus. Oder uns
zieht es auf die balearischen Schwesterinseln Formentera und Ibiza.
Wenn ich mich recht erinnere, hat das Mallorca Magazin in
diesem Sommer einmal gefragt: Warum ist Ibiza beim internationalen
Jetset gefragter als Mallorca? Was kann Mallorca daraus lernen?
Einiges denke ich! Ein sehr gut recherchiertes Dossier war das.
MM: Nennen Sie uns ein paar Hotspots auf der Insel.
Christiansen: Fisch essen von besonderer Qualität
(Restaurant Fish & Soul, Port d'Andratx ), Spanferkel & Co
(Restaurant C'an Torat, Calvià), mit dem Boot früh rausfahren (Cala
Mondragó), Spaziergang durch Orangenhaine (Sóller), Sundowner
(Portixol), Beachclubs genießen wie auf Ibiza – auf Mallorca leider
Fehlanzeige.
MM: Das bekannte Wortspiel: Das Mallorca Magazin
ist für mich ...
Christiansen: ... Insellektüre Nummer eins.
Die Fragen stellte Bernd Jogalla