Wichtiger Meilenstein in der Geschichte der spanischen Justiz, auch wenn das Urteil im Fall Nóos auf Mallorca noch nicht rechtskräftig ist.
Während Infantin Cristina erwartungsgemäß vom Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung freigesprochen wurde, für ihre zivilrechtliche Mitverantwortung jedoch mit rund 265.000 Euro zur Kasse gebeten wird, hagelte es für andere Beschuldigte in erster Instanz nun lange Haftstrafen. Am Freitagmittag wurde die über tausend Seiten umfassende Urteilsschrift bekanntgegeben.
Die wichtigsten Angeklagten sollen wie folgt büßen:
Cristina de Borbón y Grecia (Schwester von König Felipe VI.) – 265.000 Euro Strafzahlung
Iñaki Urdangarin (Cristinas Gatte) – 6 Jahre und 3 Monate Haft
Diego Torres (Geschäftspartner von Urdangarin) – 8 Jahre und 6 Monate Haft
Jaume Matas (Ex-Präsident der Balearen) – 3 Jahre und 8 Monate Haft
Keiner der Angeklagten musste persönlich auf Mallorca erscheinen. Der Richterspruch wurde von den Anwälten entgegengenommen.
Die Hauptbeschuldigten – bis auf Prinzessin Cristina – wollen vor dem Obersten Gerichtshof in Berufung gehen. Ob ihnen der Haftantritt erspart bleibt, ist noch nicht klar. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor angekündigt, nur dann die sofortige Festnahme Iñaki Urdangarins fordern zu wollen, wenn gegen diesen mehr als sechs Jahre Freiheitsstrafe verhängt werden sollten. Dieser Fall ist nun eingetreten. Die Staatsanwaltschaft hat am Freitagnachmittag bereits einstweilige Maßnahmen beantragt. Worin diese genau bestehen sollen, blieb unklar. In den nächsten Tagen wird das Gericht jedenfalls darüber zu entscheiden haben.
Über das weitere Schicksal von Diego Torres ist ebenfalls noch nichts Näheres bekannt. Der Professor von der Wirtschaftshochschule ESADE in Barcelona gilt als Mentor des ehemaligen Handballstars Iñaki Urdangarin, der ohne Abitur an der Kaderschmiede einen Master machen durfte.
Torres hatte bei der Verhandlung auf Mallorca aus dem Nähkästchen geplaudert und mehrfach versucht, die Königsfamilie zu belasten. Auch ehemalige Mitarbeiter von Ex-König Juan Carlos kamen dadurch in Erklärungsnot. Der Wirtschaftswissenschaftler und Ex-Partner von Iñaki Urdangarin konnte jedoch trotz oder gerade wegen dieser Prozesstaktik keine Einigung mit der Staatsanwaltschaft erzielen.
Einige der 13 anderen Beschuldigte, unter ihnen viele Ex-Beamte der Balearen-Regierung sowie der frühere TUI-Manager Juan Carlos Alía hatten hingegen einen "Deal" geschlossen und kommen nun zum größten Teil mit Bewährungsstrafen oder sogar Freisprüchen davon:
José Luis Ballester – 15 Monate und 2 Tage
Gonzalo Bernal – 15 Monate und 2 Tage
Juan Carlos Alía – 1 Jahr und 2 Tage, ersatzweise abzugelten durch eine Geldbuße von 29 Monaten mit Tagessätzen zu 6 Euro
Miquel Angel Bonet – 1 Jahr und 2 Tage, ersatzweise Geldstrafe
Ana Maria Tejeiro (Gattin von Diego Torres) – zivilrechtliche Haftung über 344.000 Euro
Miguel Tejeiro – Anklage schon 2016 zurückgezogen
Marco Antonio Tejeiro – Freispruch
Luis Lobón – Freispruch
José Manuel Aguilar – Freispruch
Jorge Vela – Freispruch
Elisa Maldonado – Freispruch
Mercedes Coghen – Freispruch
Alfonso Grau (Ex-Vizebürgermeister von Valencia) – Freispruch
Salvador Trinxet – Freispruch
Im Übrigen wurde bekannt, dass die Nebenklage von der Steuergewerkschaft "Manos Limpias" die Prozess- und Reisekosten für Infantin Cristina sowie zur Hälfte auch für Ana Maria Tejeiro übernehmen muss. Für beide hatte die Staatsanwaltschaft Freispruch beantragt, Nebenklageanwältin Virginia López Negrete beharrte jedoch auf hohen Haftforderungen. Gegen die politisch weit rechts stehende Vereinigung "Manos Limpias" wird wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt. Im Zusammenhang mit dem Fall Nóos gab es auch Gerüchte über einen mutmaßlichen Erpressungsversuch gegen das Königshaus. Für vier Millionen Euro sollten angeblich die Beschuldigungen gegen die Infantin zurückgezogen werden.
In dem Verfahren ging es um die vermeintlich gemeinnützige Stiftung Nóos von Cristinas Ehemann Iñaki Urdangarin und dessen Ex-Geschäftspartner Diego Torres. Die beiden sollen auf betrügerische Art und Weise die Nähe zum Königshaus ausgenutzt haben, um von staatlichen und privaten Stellen teure aber nutzlose Aufträge für Beratungsdienstleistungen, Kongresse und Sportveranstaltungen zu ergattern, die teilweise gar nicht stattfanden. Im Fall Nóos wurde die öffentliche Hand auf den Balearen und in der Region Valencia um mehr als sechs Millionen Euro geschädigt.
Mehr Aufnahmen zur Geschichte des Nóos-Prozesses finden Sie in unserer MM-Fotostrecke (siehe unten)!