Was Michelle Obama an Glasdekoration für ihr privates Heim ausgegeben hat, verrät Daniel Aldeguer natürlich nicht. Aber es war eine ganze Menge, denn Michael Smith, Innenarchitekt der Ex-US-Präsidentengattin, hat während ihres Mallorca-Besuchs im vergangenen Jahr richtig zugeschlagen.
Ein Zufall wollte es, dass Smith Lebensgefährte von James Costos ist, dem US-Botschafter in Madrid. Und der ist ein erklärter Fan von Gordiola-Glas – ebenso wie die spanische Königsmutter Sofia als regelmäßige Kundin oder die legendäre Monaco-Fürstin Grazia. Ein bisschen Glück gehört freilich auch dazu, um im härter werdenden Wettbewerb als Traditionsgeschäft zu bestehen. Aber Glück alleine reicht nicht.
Glas von Gordiola, das ist mehr als ein Mallorca-Souvenir, das ist immer noch lebendige Inseltradition. Gegründet hat die Firma im Jahr 1719 ein katalanischer Kaufmann namens Gordiola, der die Lizenz für einen Glasofen im damaligen Templerturm beantragte. Seitdem hat es ein paar Umzüge gegeben, aber eins ist geblieben: Die Fabrik Gordiola produziert immer noch selbst.
Heute liegt die Fabrik an der Landstraße nach Manacor auf der Höhe von Algaida. Das Geschäft in Palma - im modernen Marketing würde es Flagship-Store heißen – liegt aber seit mehr als 150 Jahren in der Calle Conquistador in Palma. Gegründet wurde es 1855 und gesehen hat den blauen Gordiola-Schriftzug wohl schon so ziemlich jeder Besucher von Palmas Alstadt.
„Wir würden in die höchste Kategorie für emblematische Geschäfte der Stadt Palma fallen, wenn das Gebäude denkmalgeschützt wäre”, sagt Aldeguer. So ist es „nur” die Kategorie 1B, aber das macht ihm nichts aus. Der dezent auftretende Mitinhaber Daniel Aldeguer führt die Firma mit seinen vier Schwestern mittlerweile in achter Generation. „Es ist nicht immer einfach”, sagt er. Er selbst ist außer Glasunternehmer auch noch Hotelier in Santa Ponça.
Eine Glasproduktion in dem Umfang wie sie Gordiola betreibt - Unternehmenszahlen werden diskret behandelt – bringt ein Problem mit sich: die Kosten. Ihr moderner Glasofen mit einer Grundfläche von drei mal drei Metern wird heutzutage nicht mehr wie früher mit Holz sondern mit Gas beheizt. „Er muss kontinuierlich auf 1300 Grad gehalten werden, 24 Stunden am Tag”, sagt Aldeguer.
„Den kann man nicht herunterfahren, dann dauert es wieder sieben bis acht Tage, bis er die Temperatur erreicht”, erklärt er. Teures Gas verteuert entsprechend die Produktion. Danach kommt das Glas in einen mit Holz beheizten Abkühlofen, der langsam heruntergefahren wird. Direkt an die Umgebungsluft geführt, würde es nach dem Herausnehmen platzen.
All dieser Aufwand muss sich freilich auch im Preis widerspiegeln. Gleichzeitig sieht sich das Traditionsgeschäft veränderten Rahmenbedingungen auf Mallorca gegenüber. „Früher kamen die Touristen mit Bussen in unsere Fabrik gefahren. Das gibt es heute kaum noch, heute ist jeder mit dem Auto unterwegs”, sagt Aldeguer. Allerdings sei derjenige, der sich hinausbemüht, auch gewillt, etwas zu kaufen. Seit einiger Zeit gibt es auch einen Online-Shop, so dass sich beispielsweise deutsche Kunden ihre Gläser nach Hause schicken lassen können.
Gordiola schafft ständig Neues, bewahrt aber auch Tradition: Ein Flaschendesign mit einem charakteristischen Schwan als Flaschenverschluss, das Ende des 19. Jahrhunderts für den Wein aus eigenem Anbau von Erzherzog Ludwig Salvator geschaffen wurde, gibt es noch heute zu kaufen. Es ist nach dem prominenten Erstkäufer benannt: „Archiduque”.
Für das Neue ist vor allem eine von Aldeguers Schwestern zuständig. Die beeindruckende Lampe aus hängenden blauen Glasscheiben etwa gehört zu einer von ihr kreierten Designlinie. Mehrere Hotels, die Cappuccino-Gruppe, das Café Born 8 oder die Tast-Restaurants haben solche oder ähnliche Lampen gekauft. „Für die gehört es einfach dazu, ein Stück von uns in ihren Lokalen zu haben”, sagt Aldeguer. Nur ein Hotelier in Santa Ponça sei etwas geizig gewesen, der habe nur eine Lampe für die Rezeption erworben, fügt er schmunzelnd hinzu. Aldeguer spricht von sich selbst.
Wie schwer es ist, sich auf dem Markt zu behaupten, zeigt die kürzliche Pleite eines Mitkonkurrenten, der stark expandiert hatte und sogar am Flughafen verkaufte. „Sie tun mir leid, sie haben viel versucht”, sagt Aldeguer und es klingt aufrichtig.
Seine Firma sei gesund und er sei stolz, Teil der Tradition zu sein. Ob eine seiner Töchter oder die Kinder seiner Schwestern weitermachen wollen, wisse er noch nicht. „Noch sind wir ja da und uns bleibt noch ein bisschen Zeit”, sagt der 65-Jährige lachend.