Es ist ein Geräusch, das einschläfernd und – obwohl laut – nicht unangenehm klingt: Unmengen von Zikaden vor allem der am Mittelmeer verbreiteten Unterart Cicada orni überziehen die Insel momentan mit einem Geräuschteppich. Die Kreaturen hocken vor allem in Bäumen und Hecken. Es ist eine Art Sommerkonzert in der mediterranen Welt, das vielen Menschen nach Urlauben im Gedächtnis kleben bleibt.
Mit dem Lärm wollen die Männchen die Weibchen anlocken, um sich fortzupflanzen, denn im Sommer ist Paarungszeit. Die Zikaden, die wie überdimensionierte Fliegen aussehen, erzeugen das penetrante Geräusch mit speziellen Muskeln im Unterleib, die kleine Platten vibrieren lassen können. Mehr als 60 Dezibel erreichen die Insekten so. Bei 85 ist in Deutschland Gehörschutz im Arbeitsbereich vorgeschrieben, nervige 100 Dezibel kann eine Kreissäge verursachen.
Der Lärm der Zikaden erschallt jedoch zum Glück nur am Tag. Und das Geräusch ist leiser als in anderen Weltgegenden. In den Vereinigten Staaten verursachen die grünlichen Exemplare der Unterart Tibicen linnei noch viel ohrenbetäubendere Klänge.
Die Zikaden-Männchen bewegen sich kurioserweise kaum, obwohl sie gut fliegen können. Das seltsame Tier sitzt die meiste Zeit ruhig auf einem Ast oder an einem Baumstamm und saugt mit einem dort hineingetriebenen Rüssel in rauen Mengen zuckerhaltige Säfte heraus. Will es sich an eine andere Stelle bewegen, läuft es lieber oder springt. Die Zikaden einiger Unterarten schaffen aus dem Stand problemlos 70 Zentimeter in die Höhe.
Um die Weibchen anzulocken, müssen sich die Männchen kräftig ins Zeug legen, denn sie haben nur einen Sommer Zeit: Zikaden leben maximal ein Jahr. Bevor sie auf den Ästen zirpen, haben sie bereits einiges hinter sich gebracht: Sage und schreibe fünf Jahre dauert die Entwicklung von der Larve über die Puppe bis zum reifen Insekt im Erdreich. Dort ernähren sich die filigranen Wesen unter anderem von Wurzelsäften.
Die auf Mallorca, im Nahen Osten und in Nordafrika verbreitete, mit Flügeln 70 Millimeter lange Cicada orni ist nur eine von sage und schreibe 45.000 Unterarten. Neben den beiden großen Facetten-Augen verfügt die den Rundkopfzikaden zuzuordnende Insel-Zikade auch über drei Miniatur-Augen auf der Kopfoberseite und zwei Fühler. Sie ist im Gegensatz zu den in Nordamerika vorherrschenden Zikaden bräunlich-grau. Es ist deswegen auch bei näherem Hinsehen kaum möglich, so ein Tier auf einem Ast überhaupt auszumachen.
Das fast ohrenbetäubende Zikadengeräusch endet in der Regel am frühen Abend. Dann werden erheblich leisere nachtaktive Grillen aktiv.