Gewerbetreibende auf Mallorca sind verunsichert, denn etliche Kunden haben Angst vor einer Ansteckung mit Covid-19 in geschlossenen Räumen, wenn die nur mit einer Klimaanlage belüftet werden. Neueste Experten-Erkenntnisse nach dem Krankheits-Ausbruch in einer Fleischfabrik in Gütersloh befeuern die Angst, denn die Belüftungsanlage soll dort unter anderem zur Verteilung der keimbelasteten Luft beigetragen haben. Welche Gefahren gehen wirklich von Klimaanlagen aus?
„Gefährlicher als Klimaanlagen sind die Aerosole, die in der Raumluft stehen bleiben“, weiß Constantin Kletti von „Kälte Klima Peters” in Llucmajor. Wenn der Kollege im Raum huste, seien diese sich absenkenden Tröpfchen deutlich infektiöser als die Luft, die von der Klimaanlage verarbeitet wird.
Die meisten Geräte in Büro- und Privathäusern seien Umluftanlagen, verarbeiten also nur die Raumluft. „In Spanien gehört es zum Arbeitsschutz, dass der Raumluft auch noch Frischluft von außen zugesetzt wird“, so Kletti. Bei der jährlichen Wartung würden die Anlagen gereinigt und desinfiziert, dafür gibt es auch in Spanien eine Plakette, an der dies zu erkennen ist.
Dass die Vielzahl der Geräte und zu wenige Kontrollen allerdings zum Problem werden können, weiß Manfred Robrade von „Klimatechnik Palma“, der seit mehr als 20 Jahren auf Mallorca in dem Bereich tätig ist. „Ich habe in meiner Laufbahn schon Geräte in Restaurants gesehen, die seit ihrer Inbetriebnahme noch nie gereinigt wurden“, so der Experte. „Wenn die Anlage regelmäßig in Betrieb ist und viele Menschen von der Belüftung betroffen sind, empfehle ich, mindestens alle fünf Jahre die Anlage komplett zu zerlegen und zu desinfizieren.“ Das Gesundheitsamt sei seiner Meinung nach in der Pflicht, strengere Kontrollen durchzuführen. Nach der Pandemie gebe es womöglich bald neue Auflagen für das Gewerbe, da will sich Robrade überraschen lassen.
Die gängigen Modelle in Wohnungen oder Gewerbebetrieben unterscheiden sich von denen im Flugzeug. Erstere würden höchstens Pollen aus der Luft filtern, aber keine Viren, so Robrade. Die Raumluft werde nur angesaugt, umgewälzt, abgekühlt und dann wieder in den Raum abgegeben. Das sei laut des Experten auch in den meisten Hotels so, deshalb sei es dort umso wichtiger, die Oberflächen gründlich zu reinigen. Im Flugzeug hingegen, wo Verantwortliche in letzter Zeit immer häufiger von einer „Luft wie in einem Operationssaal“ reden, setzt man spezielle Schwebstofffilter, „Hepa-Filter“, ein – wie in Operationssälen auch. Diese scheiden neben Pollen, Staub und Milben auch Bakterien und Viren aus der Luft ab. Diese für Standard-Anlagen in Häusern zu verwenden, sei aber alleine von der Größe her nicht möglich, weiß Constantin Kletti. In seinem Unternehmen nutze man jedoch Ionen-Filter. Im Zuge der Corona-Pandemie biete die Firma wegen stärkerer Nachfragen auf der Insel eine zusätzliche Wartungsaktion für Kunden an.
Eine Lösung will Klimatechniker Rolf Berndt von „Clean Air Mallorca“ mit dem Einsatz von speziellen Ozon-Geräten gefunden haben. Der Mechatroniker für Kältetechnik arbeitet seit 22 Jahren auf Mallorca und bietet die kleinen Geräte eines Schweizer Herstellers sowohl für Privat- als auch für Gewerberäume an.
Die Raumluft werde angesaugt und eine geringe Menge Ozon beigemischt. Zusätzliche UVC-Strahlung soll Bakterien, Viren, Hefen und Schimmelsporen vernichten. Die Hülle von Viren und Bakterien würde so wirksam zerstört. Ozon vernichte Eiweißmoleküle. „Das ist eine Art natürliche Desinfektion“, so Berndt. „Die gereinigte Luft kann man mit der Luft nach einem Gewitter vergleichen.“ Das System sei nicht neu, erfahre nur wegen der Corona-Pandemie stärkere Aufmerksamkeit. Der Vorteil sei zudem, dass die Geräte keine Wartung bräuchten, nach 10.000 Betriebsstunden müsse nur die Lampe ausgetauscht werden.
Das spanische Gesundheitsministerium warnte unlängst vor UVC-Strahlung zur Desinfektion, weil diese Augen- und Hautreizungen verursachen kann. „Wenn ich das Gerät öffne und mich genau vor die Lampe stelle, vielleicht“, entgegnet Rolf Berndt. „Das Gehäuse riegelt das Innere aber hermetisch ab.“