Obgleich das Ermittlungsverfahren gegen die Führungsriege der balearischen Hafenbehörde (APB) der Geheimhaltung unterliegt, sickern nach und nach Informationen zu den mutmaßlichen Unregelmäßigkeiten durch. Demnach soll der am Donnerstag festgenommene und am Freitagabend unter Auflagen wieder auf freien Fuß gesetzte APB-Präsident Joan Gual de Torrella Privatschulden mit der Vergabe von Liegplätzen ausgeglichen haben. Der ehemalige Handelskammerpräsident, der auch ein gastronomisches Unternehmen betreibt, wird beschuldigt, seinem Gläubiger einen Pachtvertrag über die Ausnutzung von 91 Liegeplätzen auf Formentera zugesprochen zu haben.
Die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft prüft dazu einen weiteren Verdachtsfall auf Menorca. Dort wurden 2018 im Hafen von Mahón 154 Liegeplätze an eine erst ein Jahr zuvor gegründete Gesellschaft vergeben. Hier wird ermittelt, ob das Unternehmen ebenfalls mit dem Gläubiger verbunden ist.
Gegenüber den Medien erklärte Joan Gual de Torrella, die Vergaben der Liegeplätze erfolgte stets nach den Vorgaben des Gesetzes. Er habe sich nichts vorzuwerfen. Hinzu komme, dass ihm aufgrund der Geheimhaltung des Verfahrens von den Ermittlern keine konkreten Informationen über die Beschuldigungen zugestellt worden seien.
Die Sprecherin der Balearen-Regierung und Gesundheitsministerin, Patricia Gómez, betonte am Sonntag gegenüber den Medien ihr Vertrauen in die Justiz. Das Kabinett, das von dem Verfahren erst aus der Zeitung erfahren hatte, werde in den kommenden Tagen die Entwicklung abwarten und keine voreiligen Schlüsse ziehen. Sie unterstrich die "Null-Toleranz-Haltung" der Regierung gegenüber jeglicher Form der Korruption, appellierte aber zugleich an die Unschuldsvermutung.
Joan Gual de Torrella galt bisher als Vertrauensmann der balearischen Ministerpräsidentin Francina Armengol und war von ihr in Madrid für das Amt des APB-Präsidenten vorgeschlagen worden. Bei der Hafenbehörde handelt es sich um eine Kompetenz der Zentralregierung. Die APB ist dem spanischen Verkehrsministerium unterstellt.
Der konservative Oppositionsführer auf den Balearen, Gabriel Company, rief unterdessen Ministerpräsident Armengol auf, bei allem Respekt für die Unschuldsvermutung rasch eine Entscheidung zu treffen. "Es ist überraschend, dass Armengol noch nicht mit Nachdruck gegen dieses Problem vorgegangen ist", sagte Company. Allein das Ermittlungsverfahren habe dem Ansehen der Hafenbehörde schweren Schaden zugefügt.
In den Büros der Hafenbehörde in Palma sowie auf Menorca, Ibiza und Formentera haben die Ermittler zeitgleich Tausende Dokumente und Datenträger sichergestellt, die jetzt ausgewertet werden müssen.