Wenn Horst Peter Zierof aus seinem Leben erzählt, dann wird schnell klar: Der Sport, vor allem der Fußball, spielte und spielt für den gebürtigen Nordrhein-Westfalen eine wichtige Rolle.
„Als ich Reiner Calmund kennengelernt habe, da war Wattenscheid noch in der Bundesliga“, sagt er und rechnet nach. Anfang der 1990er muss das gewesen sein, ein paar Jahre nach der Eröffnung seiner Kultkneipe „RTL Anpfiff“ in Cala Millor an Mallorcas Ostküste. Und Calmund war nur einer von vielen Prominenten, die Horst Peter Zierof bald mit Handschlag begrüßte: So kam zum Beispiel Fußballlegende Rudi Völler in Zierofs Sportsbar unweit des feinen Sandstrandes, und mit Startrainer Ottmar Hitzfeld pflegt er eine langjährige Freundschaft
Vor einigen Wochen feierte Zierof seinen 80. Geburtstag – beim gemütlichen Abendessen im Fischrestaurant „Casa Fernando“ in Palmas Vorort Ciutat Jardí. „Das war wohl das erste Mal, dass ich einen runden Geburtstag nicht groß gefeiert habe. Nur mit meiner Frau, unserem Sohn, unserer Schwiegertochter und den Enkeln. Nicht mal Stephan, mein Sohn aus erster Ehe konnte dabei sein“, erzählt er ein wenig bekümmert.
Eigentlich war eine Feier mit 40 Freunden aus Deutschland geplant. Die sollte, wie bei jedem Anlass in den vergangenen Jahrzehnten, im „RTL Anpfiff“ stattfinden. Wegen der bestehenden Beschränkungen durch Covid-19 war das in diesem Jahr nicht möglich. „Schade, aber so ist es nun mal. Bei uns war sonst immer was los. Die Leute sind in einer Polonäse zwischen den Tischen tanzend durchgezogen, Livebands haben gespielt… Und was habe ich getrunken! Das reicht bis 2050“, erinnert er sich lachend.
Zierofs Anpfiff war zuletzt das, was man wohl einen Selbstläufer nennt: Jahr für Jahr kamen Stammgäste, Prominente und neue Gäste, um bei Currywurst, Sauerbraten, Rinderrouladen und natürlich bei Bier die aktuellen Spiele ihrer Fußballclubs auf den Bildschirmen zu verfolgen und die urige Atmosphäre auf den Holzbänken zwischen den Wänden voller Fotos zu genießen.
Dass er einmal der Inhaber einer Sportsbar mit Kultcharakter sein wird, das hatte sich Horst Peter Zierof, als er vor fast 50 Jahren nach Mallorca kam, wohl kaum ausgemalt. Damals, 1973, hatte er die Cafeteria „Frankfurt“ in Cala Millor übernommen. „Nach der ersten Saison hatte ich noch 80 Peseten in der Tasche. Und vor mir lagen fünf Monate Winterpause“, erinnert sich Zierof. Die wenigen Hotels im Ort seien bereits geschlossen gewesen, nur im Nachbardorf Cala Bona war noch ein Hotel geöffnet. „Also entschied ich, die ,Frankfurt’ über Winter drei Tage pro Woche zu öffnen und holte mit meinem alten Fiat 600 die Gäste aus dem Hotel in Cala Bona zu mir in die Cafeteria. Mehr als drei Leute auf einmal konnte ich aber nicht mitnehmen“, sagt er lachend. So überstand Zierof den ersten Winter als Geschäftsmann in Cala Millor und wusste schon damals: Nach Deutschland zurückzugehen, das ist für ihn keine Option.
Erst recht nicht mehr, als er 1978 seine heutige Frau Dori Mínguez kennenlernte. „Sie fuhr jeden Tag mit dem Fahrrad bei mir an der Cafeteria vorbei und lächelte mir zu“, erinnert sich Horst Peter Zierof. Er schickte ihr bald jeden zweiten Tag frische Blumen in den Laden, in dem sie arbeitete, aber es dauerte noch weitere sechs Monate, bis aus den beiden ein Paar wurde. „Dori ist die Liebe meines Lebens. Ich liebe sie noch wie am ersten Tag“, sagt Zierof.
In diesem Jahr sind sie 41 Jahre verheiratet. Zumindest standesamtlich, denn mit der kirchlichen Trauung war es für die Verliebten schwierig im katholischen Spanien. „Es wollte uns einfach kein Pfarrer trauen – weil ich evangelisch bin und in Deutschland schon einmal verheiratet gewesen war“, erinnert sich Zierof kopfschüttelnd. Erst der Pfarrer in Doris Heimat Palencia in Nordspanien erklärte sich mit Zustimmung des Bischofs bereit, Zierof und seiner Frau das Ehegelöbnis abzunehmen und den gemeinsamen Sohn Peter zu taufen. „Die Feier war unbeschreiblich schön. Die Gäste haben einen großen Kreis um uns gebildet und getanzt. Das werde ich nie vergessen“, erinnert sich Horst Peter Zierof mit glänzenden Augen.
„Das Geheimnis einer glücklichen Ehe? Liebe, Vertrauen und Gemeinsamkeiten“, weiß Zierof. Seit Dori zwei Wochen nach dem ersten Kuss bei ihm eingezogen ist, hat das Paar fast alles gemeinsam gemacht, nach kurzer Zeit auch gearbeitet. Erst im „Schinderhannes“, dem Lokal, das Zierof 1981 eröffnete, und ab 1988 dann auch im „RTL Anpfiff“. Die beiden benachbarten Lokale legten sie 2002 zusammen. „Dori ist bis heute die Chefin im Anpfiff“, erzählt Zierof. Doch das solle sich jetzt gerne ändern, denn seine Frau sei nun immerhin auch schon 65 Jahre alt. „Dori hat sich ihren Ruhestand wirklich verdient. Ich bin jetzt 80 Jahre alt und kämpfe mit verschiedenen gesundheitlichen Problemen. Unter anderem kann ich nicht mehr gut laufen. Ich will nicht, dass sich auch Dori kaputt arbeitet“, sagt Zierof.
Der „RTL Anpfiff“ soll deshalb von kommender Saison an verpachtet werden. „Am liebsten an ein Paar mit Erfahrung in der Gastronomie“, sagt er, denn Zierof weiß: Auswandern ohne Erfahrung auf dem Gebiet, in dem man arbeiten möchte, das mache keinen Sinn. In den vergangenen 47 Jahren habe er in Cala Millor viele Auswanderer kommen – und wieder gehen – sehen.
Der Jubilar selbst freut sich im Falle einer Verpachtung darauf, gemeinsam mit seiner Frau viel Zeit bei der Familie seines Sohnes in Palma verbringen zu können. Und wenn er trotzdem noch von Zeit zu Zeit nach Cala Millor kommt, dann ist eines klar: Am „RTL Anpfiff“ vorbeifahren, das würde er nie. Er würde immer anhalten und „Hallo“ sagen.