Grünes Zertifikat, Gesundheits- oder Impfreisepass: Die Synonyme für das neue Dokument zum Reisen sind zahlreich. Genauso vielfältig könnten auch die Regeln sein, die für das Grüne Zertifikat gelten. Die Frage für Mallorca-Pendler, -Urlauber und -Residenten ist, wie Spanien mit dem Impfreisepass umgeht. Erkennt das Land eine Impfung genauso an wie einen PCR-Test? Sprich: Können gegen Corona geimpfte Menschen wieder wie in normalen Zeiten auf die iberische Halbinsel, Balearen und Kanaren reisen?
Doch der Reihe nach. Dass Bürger der 27 EU-Staaten und weiterer assoziierter Länder wie Norwegen auch während der Pandemie möglichst ohne Restriktionen hin und her reisen können, ist Chefsache. Die EU-Kommission hat sich des Themas angenommen und Mitte März einen Gesetzentwurf für das Grüne Zertifikat, wie sie es nennt, herausgebracht. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten dafür plädiert, einen gegenseitig anerkannten digitalen Impfnachweis zu entwickeln. Sie sind aber uneins, ob damit Erleichterungen beim Reisen verbunden sein sollen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht das Zertifikat als Freifahrtsschein kritisch, solange erst wenige Menschen Zugang zu einer Corona-Impfung haben. Urlaubsländer wie Griechenland, Zypern, Malta hingegen würde es lieber heute als morgen einführen. Österreich will bereits von April an schrittweise mit der Einführung des Zertifikats beginnen.
Und Spanien? Der Fremdenverkehr steuert in Spanien zwölf Prozent zur Wirtschaftsleistung bei. Das Bruttoinlandsprodukt ging im ersten Corona-Jahr 2020 landesweit um elf Prozent zurück. In Urlaubsregionen wie den Balearen ist der Rückgang noch stärker: 27 Prozent, also fast der dreifache Wert. Deshalb ist der Zentralregierung in Madrid klar: Touristen müssen diesen Sommer sicher und einfach ins Land kommen können.
Tourismusministerin Reyes Maroto wird nicht müde zu betonen, dass Spanien eines der ersten Länder – wenn nicht gar das erste – sein möchte, das den Impfreisepass anwendet. Im Mai könnte es mit einem Pilotprojekt losgehen, wenn die internationale Tourismusbörse Fitur in Madrid stattfindet. Die Ministerin spricht von „Libre circulación”, freier Reise. Ein Hinweis darauf, dass für Geimpfte bei Einreise kein PCR-Test mehr notwendig ist. Der offizielle Starttermin des Impfzertifikats für die EU-Kommission ist der 1. Juni.
Die Aussagen Marotos kommen auf Mallorca gut an. Iago Negueruela, Tourismusminister der Balearen-Regierung, verkündete, dass auch die Mittelmeerinseln die erste Region Spaniens sein wollen, in der das Grüne Zertifikat zum Einsatz kommen solle.
Doch privilegiert das Zertifikat nicht ausschließlich Geimpfte? Dieser Kritik will die EU-Kommission damit begegnen, dass die Impfreisepässe auch negative Corona-Tests oder Antikörper nach einer Corona-Infektion dokumentieren sollen. Die Kommission nennt den Nachweis auch „Digitales Grünes Zertifikat”, das aber auch in Papierform ausgestellt werden könne. Es soll kostenlos sein.
Zentraler Punkt ist ein QR-Code, der die Sicherheit und Echtheit des Zertifikats garantieren soll. Wenn EU-Staaten weiterhin Quarantäne oder Tests von Inhabern der Zertifikate verlangen, müssten sie dafür Gründe angeben.
Ein Gegner des Grünen Zertifikats ist Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron. Bei einem Treffen mit Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez sagte er: „Werden wir alle Impfstoffe anerkennen, die auf der ganzen Welt hergestellt werden? Vielleicht nicht.” Macron spricht eher von einem Gesundheitspass statt reinem Impfpass – da nicht alle Menschen Zugang zu einer Impfung hätten.
In Israel gibt es seit einigen Wochen bereits einen Impfpass. Menschen gehen damit ins Kino, auf Konzerte, ins Theater. Er ist vorerst nur im Inland gültig. Ein bilaterales Abkommen mit Griechenland, um frei reisen zu können, steht in den Startlöchern. Spanien muss sich beeilen, wenn es EU-weit die Nummer eins werden will.