Die ältere Frau schaut ganz verzückt: „Hach, ist das schön” sagt sie auf Mallorquinisch. Neben ihr drückt eine Gruppe Schulkinder die Nasen gegen das Fenster. „Schau mal, schau mal”, rufen sich die Schüler zu. Sie alle bestaunen die Weihnachtskrippe, die im Foyer des Rathauses von Palma steht.
Marga Bover ist stolz auf die Arbeit ihres Vereins: „Es ist schön zu hören, dass sie den Besuchern gefällt.” Sie steht der Vereinigung der mallorquinischen Krippenbauer „Betlemistes de Mallorca” vor. Die 25 aktiven Mitglieder sind verantwortlich für die Gestaltung und den Aufbau von 14 „Belenes” auf der Insel, wie sie auf Spanisch heißen.
„Wir beginnen bereits im Januar mit den Planungen für die Krippen”, erzählt die Seniorin. Das Hobby begleitet sie schon ein Leben lang. „Auch mein Vater hat schon Krippen gebaut.” 2001 entstanden dann die „Betlemistes”, die erste Krippenbauervereinigung auf Mallorca. Inzwischen gibt es drei an der Zahl. Seit acht Jahren steht Marga Bover dem Verein vor.
Seit sieben Jahren sind die „Betlemistes” für die Weihnachtskrippe im Rathaus verantwortlich. Sie legen einen Projektentwurf vor und dann beginnen die Arbeiten, alles wird von Freiwilligen in Handarbeit gefertigt. „In diesem Jahr haben wir die Figuren etwas größer gemacht”, erklärt Marga Bover.
In der Rathauskrippe hat der Betrachter das Gefühl von einer Höhle aus das Geschehen zu beobachten. Zu sehen gibt es unter anderem den Rathausplatz sowie andere typische Gebäude der Stadt, den Drac de Na Coca sowie Szenen aus dem traditionellen Landleben Mallorcas. „Wir gestalten ausschließlich Weihnachtskrippen, die wir in die mallorquinische Landschaft einbetten”, erklärt die Expertin. An anderen Orten hingegen wird das historische Bethlehem nachempfunden. Natürlich fehlen auch die Heiligen Drei Könige, die auf einem Eselskarren anreisen, sowie die biblischen Szenen der Verkündigung sowie Maria, Joseph und das Jesuskind im Stall nicht.
Krippen gehören in ganz Spanien zur Vorweihnachtszeit dazu, sie sind auch auf Mallorca ein beliebtes Ausflugsziel für Schülergruppen und Familien. „Eine Person darf im Belén nicht fehlen: der Mönch”, erklärt Marga Bover. Er war eine traditionelle Figur mallorquinischer Krippen und erlebt nun eine Renaissance. Der Mönch gilt als Symbol der Einsamkeit und geht auf Franz von Assisi zurück. „Der Mönch wird versteckt, so dass die Besucher ihn suchen müssen. Aber wir dürfen ihn nicht zu gut verstecken, weil es sonst Beschwerden gibt.”
Das Herzensprojekt von Marga Bover befindet sich im Kulturzentrum La Misericòrdia in Palma. Seit 18 Jahren ist sie für die dortige Krippe verantwortlich, es wird jedoch das letzte Weihnachten sein. „Die Krippe und deren Aufbau dort sind sehr schwer, das schaffe ich nicht mehr.” Unterstützung erhielt sie zwar von vier Mitstreiterinnen, diese sind allerdings auch schon im fortgeschrittenen Alter.
In drei Vitrinen in der Misericòrdia sind Alltagsszenen in Miniaturversion dargestellt. „Während der Ausgangssperre letztes Jahr habe ich viele neue Figuren gebastelt”, erzählt die Seniorin. So entstanden in liebevoller Kleinarbeit Mini-Verkaufsstände. Auch traditionelle Feierlichkeiten, eine Strandszene sowie den Nachbau des Wohnhauses eines der Mitglieder können die Besucher bewundern.
Warum verschreibt man sich diesem Hobby? Marga Bover lächelt. „Gute Frage. Es bringt vor allem in der Vorweihnachtszeit Stress mit sich. Ich sehe es als eine Art Kunsttherapie für mich.” Zudem habe sie im Laufe der Jahre viel über künstlerische Techniken und Modellbau gelernt.
Der Verein war außerdem für die Krippen in der Markthalle von Santa Catalina sowie die in der Stiftung Sa Nostra zuständig. In Santa Catalina sind typische Gebäude des Viertels nachempfunden. Die Aufbauarbeiten des Beléns in der Fundación Sa Nostra dauerten sechs Tage. Zu bestaunen sind dort Fischer, die ihre Netze flicken, sowie ein Dorf in der Tramuntana.
Die Krippen in Palma sind bis zum Drei-Königs-Tag zu besuchen, dann werden sie abgebaut. Neben den genannten waren die „Betlemistes” auch zuständig für die weihnachtlichen Modelllandschaften in der Kirche Sant Antoni Abad in Son Ferriol, der Kirche Sant Roc in Son Roca und in der Puríssima Concepció im Stadtteil La Vileta. In den Dörfer Mallorcas bleiben die Krippen teilweise bis Anfang Februar stehen. Zu sehen gibt es Belenes des Vereins in der Kirche und im Rathaus von Consell, im Casal Ca’n Vallès in Deià, im Kulturzentrum in Felanitx, in der Kirche von Maria de la Salut und Selva sowie im Rathaus von Sóller.