Mit einem normalen Pkw ist es unmöglich, den Weg mitten durch das Unesco-Weltkulturerbe, das Tramuntana-Gebirge, zu der Hanf-Plantage zu bewältigen. Der Italiener Roberto Maggioni und sein deutscher Geschäftspartner Mario Niemuth kämpfen sich daher regelmäßig mit einem Geländewagen durch das unwegsame Terrain. „Wenn du kein Allradantrieb hast, bleibt dir nur eine Wanderung oder das Reiten auf dem Esel, um hier hochzukommen,” scherzt Maggioni, der neben dem Marihuana-Start-up „Pollensa Green S.L” ein Restaurant in Port de Pollença führt.
Kompagnon Niemuth ist studierter Dolmetscher und erklärt: „Wir wollen natürlich nicht, dass der genaue Standort der Plantage bekannt wird, denn auch wenn das hier alles zu 100 Prozent legal ist, brauchen unsere Pflanzen vor allem Ruhe und möglichst wenig Aufmerksamkeit.” Verraten werden könne, dass sich das Feld mit den rund 2000 Pflanzen unweit des Puig de Tomir, einem der höchsten Berge der Sierra de Tramuntana befinde.Für potenzielle Marihuana-Wilderer besonders wichtig zu wissen: Der THC-Gehalt, also der psychoaktive, gesetzlich verbotene Inhaltsstoff, liegt pro Pflanze bei maximal 0,2 Prozent. Das ist die in Spanien erlaubte Obergrenze für freiverkäufliches Marihuana und viel zu niedrig, um als Rauschmittel zu funktionieren.
Was die Pflanzen der beiden Unternehmer allerdings dennoch sehr wertvoll macht, ist ihr hoher CBD- und CBG-Gehalt. Cannabidiol und Cannabigerol sind zwei nicht psychoaktive Inhaltsstoffe der Hanfpflanze. Besonders das CBD hat als Öl in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom als alternatives Arzneimittel erfahren. In medizinischen Studien weltweit bestätigen Forscher die positiven Effekte, die das Cannabinoid auf den Menschen haben kann. Es hilft nachweislich bei Angstzuständen, Schlafstörungen, Unwohlsein und vielem mehr.
Der Inhaltsstoff CBG ist dagegen noch kaum erforscht, erklärt Niemuth. „Alle sind damals auf den CBD-Zug aufgesprungen und haben die vielen anderen tollen Inhaltsstoffe der Pflanze völlig ignoriert. Wir wollen das ändern. CBG scheint sehr wirksam gegen Diabetes zu sein oder auch gegen verschiedene Augenerkrankungen, wie zum Beispiel den Grünen Star. Deswegen züchten wir unsere Pflanzen dementsprechend.”
Der Grund und Boden, umgeben von Bergen, der Platz für bis zu 20.000 Pflanzen bietet, gehöre einem privaten Investor und sei ein echter Jackpot für die beiden und ihre grünen Daumen „Hier oben brauchen wir uns keine Sorgen um Kontaminationen machen, die unser Produkt verunreinigen könnten.”, freut sich Maggioni. Das Wasser für die Pflanzen komme direkt aus einer Quelle, und die Erde sei nie landwirtschaftlich genutzt worden. „Das bringt zwar andere Probleme mit sich, ist aber ein Garant für eine minimale Schadstoffbelastung im Boden.”
Die erste Ernte der beiden wurde bereits im Labor untersucht und sei außergewöhnlich gut gewesen, erinnert sich Niemuth. „Wir haben unser Start-up erst im vergangenen Jahr gegründet und schon jetzt ist die Qualität außergewöhnlich. Was in unserem Fall bedeutet, dass die gewünschten Inhaltsstoffe hochkonzentriert sind, und die unerwünschten, wie zum Beispiel THC, im gesetzlichen Rahmen liegen.” Neben den guten Bedingungen, die die Pflanzen zum Wachsen bekommen, haben sich die beiden Initiatoren einer rein ökologischen Aufzucht der Hanfpflanzen verschrieben. „Wir haben eine Null-Chemie-Politik, auch wenn das bedeutet, der Ertrag ist nicht so hoch wie er sein könnte. Wir wollen am Ende ein 100-prozentiges Naturprodukt. Allerdings ist hier in Spanien der Weg dahin recht steinig.”, moniert Maggioni.
Einem alten spanischen Gesetz zufolge dürfen Hanfpflanzen zwar mit den richtigen Genehmigungen in Spanien angebaut, jedoch nicht verarbeitet werden. „Ein sinnloses Gesetz in unseren Augen.”, ärgert sich der Italiener, und sein deutscher Kollege und Freund ergänzt, „wir dürfen die Pflanzen nur abschneiden und trocknen. Dann müssen wir sie nach Italien verschicken, um sie dort zu Öl oder Ähnlichem zu verarbeiten.” Anschließend würden die fertigen Produkte wieder nach Mallorca kommen, um dann wiederum in alle Welt verschickt werden zu können. „Das ist sehr unökologisch und entgegen unserer Philosophie, ein reines Mallorca-Produkt zu erschaffen, aber dagegen können wir leider nichts tun. Hoffentlich ändert sich das bald.”
Ihre Produkte bieten die beiden Unternehmer derzeit auf ihrer Website (www.cannallorca.com) an. Künftig wollen sie aber vor allem mit großen Abnehmern ins Geschäft kommen, erzählt Niemuth. „Natürlich wäre es schön, mit unseren Pflanzen gutes Geld zu verdienen. Unseren Lebensunterhalt bestreiten wir aber auf andere Art und Weise. Unsere Intention ist es, in erster Linie ein außergewöhnliches Produkt zu erschaffen. Wir wollen etwas auf dem Markt etablieren, das aus dem Herzen der Insel kommt und von dem die Konsumenten den für sie größtmöglichen Nutzen ziehen können.”