Als die beiden Stauseen Cúber und Gorg Blau vor jetzt genau 50 Jahren eingeweiht wurden, da hatten sie bereits eine lange Vorgeschichte hinter sich. Die Idee, das Wasser in dem Hochtal unterhalb des Puig Major zu nutzen, war keineswegs neu. Allerdings hatte das Interesse zunächst eher der Stromproduktion denn der Trinkwasserversorgung gegolten.
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts hatte es erste Versuche gegeben, dort oben mit Hilfe der Wasserkraft eine Turbine anzutreiben. Quellwasser und Sturzbäche wurden zu dem Zweck durch Kanäle in ein großes Auffangbecken geleitet. Zunächst ging es um die Versorgung des Landguts Massanella, das als erstes der Insel über elektrischen Strom verfügte. Ein deutscher Ingenieur soll für den Bau der Anlage verantwortlich gewesen sein, wie es im jetzt veröffentlichten Jubiläumsbüchlein der Stadtwerke heißt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden dann auch mehrere Ortschaften mit Elektrizität versorgt: Inca, Selva, Mancor und Caimari.
Schon bald nach dem Ende des Spanischen Bürgerkrieges kamen dann Pläne auf, im Gebirge regelrechte Stauseen zu bauen. Bereits damals aber gab es kritische Stimmen, die vor der Zerstörung der einzigartigen Berglandschaft warnten. In Biniaraix sollen die Bewohner große Sorge gehabt haben, eine der geplanten Staumauern könne brechen und ihr Dorf hinweggeschwemmt werden, schreiben Josep Puig und Elionor Pérez in ihrer Studie zur Entstehungsgeschichte der Stauseen.
Mitte der 1950er-Jahre präsentierte das Unternehmen Gas y Electricidad SA (GESA) das Projekt Aprovechamiento Hidroeléctrico Integral de la Cordillera Septentrional Mallorca (Umfassende hydroelektrische Nutzung des nördlichen Gebirges Mallorcas). Dieses sah den Bau von fünf Stauseen vor: Gorg Blau, Cúber, Ofre, Orient und Almadrà. Das Wasser sollte Turbinen antreiben und anschließend an Landwirte zum Bewässern verkauft werden. Das gesamte Bauvorhaben sollte 266 Millionen Peseten kosten – eine enorme Summe für die damalige Zeit.
Wegen der hohen Kosten, aber auch wegen Bedenken von Geologen und aus Gründen des Landschaftsschutzes wurde das ursprüngliche Mega-Projekt dann aber rasch verworfen. Vor allem das Vorhaben, das Orient-Tal zu fluten, war höchst umstritten. Heute gehört die Gegend zu den malerischsten der Insel. Außerdem zeichnete sich ab, dass die Energiegewinnung überhaupt nicht die größte Anforderung jener Zeit bleiben sollte. Der wenn auch erst zaghaft aufkommende Tourismus trieb vor allem den Wasserverbrauch in die Höhe. Die knappen natürlichen Ressourcen gingen zumindest in den Sommermonaten bereits damals zur Neige. Also stand nun die Trinkwasserproduktion im Vordergrund, nicht mehr nur Grund-, sondern auch Oberflächenwasser sollte künftig für die Versorgung der Bevölkerung Palmas genutzt werden.
Welchen besseren Standort konnte es geben, als die mit durchschnittlich 1300 Millimeter Niederschlag pro Jahr regenreichste Gegend der Insel? Dazu kamen die relativ niedrigen Durchschnittstemperaturen, die die Hochebene gemeinsam mit der Bodenbeschaffenheit und dem Relief der Gegend zu einem idealen Ort machten, um Wasser zu speichern.
Nach jahrelangen Planungen, Studien, Probebohrungen und einem langwierigen Genehmigungsverfahren – alles in allem vergingen mehr als zehn Jahre – begannen Anfang 1970 die Bauarbeiten, die zwei Jahre dauerten. Die Kosten des Zwei-Stauseen-Projekts beliefen sich auf 290 Millionen Peseten, 35 Prozent davon übernahm das Bauministerium aus Madrid, den Großteil die Stadt Palma. Der Auftrag ging an das Unternehmen Materiales y Tubos Bonna, SA. Am 17. April 1972 wurden die beiden Stauseen dann eingeweiht, in Anwesenheit von Francos Bauminister Gonzalo Fernández de la Mora, der sich ganz nebenbei auch noch selbst davon überzeugen konnte, wie dringend nötig der Bau eines Tunnels zwischen Sóller und Palma sei, wie lokale Medien am Folgetag anmerkten. Bis dieser endlich Realität war, vergingen allerdings noch 25 Jahre.
Etwa 1000 Bauarbeiter waren mit dem Bau der Stauseen beschäftigt, die zum überwiegenden Teil aus den umliegenden Ortschaften, aber auch vom Festland kamen und deren Schicht von sieben bis 17.30 Uhr ging. Eine entscheidende Voraussetzung für das gute Gelingen des Vorhabens war die zwischen 1956 und 1959 entstandene Berg-straße hinauf von Sóller zum Puig Major, auf dem die US-Army eine Radarstation eingerichtet hatte.
Die Funktionsweise der Anlage ist in all den Jahren gleich geblieben: Aus dem um 137 Meter tiefer gelegenen der beiden Stauseen, dem Gorg Blau, wird das Wasser zunächst 156 Meter in die Höhe gepumpt, um dann von dort durch einen etwa 5,6 Kilometer langen offenen Kanal in den Cúber-Stausee zu fließen. Von dort wiederum gelangt das Wasser dann durch ein 10.984 Meter langes Rohr mit 50 bis 70 Zentimetern Durchmesser über 559 Höhenmeter ins Tal hinunter zur Aufbereitungsanlage in Lloseta. Von dort geht es dann knapp 29 weitere Kilometer bergab in Richtung Palma zum dortigen zentralen Trinkwasserdepot in Son Anglada. Die Stauseen decken durchschnittlich 20 Prozent des Trinkwasserbedarfs der Inselhauptstadt.