Alles muss seine Ordnung haben hier. Im riesigen Hauptquartier der Guardia Civil der Balearen an der Azaña-Straße in Palma, wo heute etliche von 155 Pistolen, 90 Revolvern, 70 Karabinern und 742 Schrotflinten versteigert werden sollen, stehen die Stühle in schnurgeraden Reihen. Auf fast allen sitzen Waffen-Interessenten in Zivil. Vor ihnen sind mehrere Beamte in den typischen grünlichen Uniformen zugange. Diese beschäftigen sich emsig mit kleineren und größeren Papierbögen und Umschlägen. Hinter einer bräunlichen Trennwand sind die teils in Glasschränken befindlichen Waffen erkennbar, etwas weiter dahinter steht in einer Raumecke fast verloren die blitzblanke güldene Figur einer Jungfrau Maria. Man ist seit jeher religiös bei der Guardia Civil.
Es ist Montag, 14. November, das Prozedere in diesem verwinkelten, mit großflächigen Fotos aus dem Alltag der paramilitärischen Polizeieinheit garnierten Komplex ist erst auf den zweiten Blick erkennbar. Ein Uniformierter öffnet stehend die DIN-A-4-Umschläge ohne jegliche feierliche Attitüden, ein anderer fasst Gebote für bestimmte Waffen zusammen und übergibt die Zettel einem Kollegen. Am Ende dieses mehrminütigen papierlastigen Vorgangs tritt ein weiterer Beamter vor die Anwesenden und gibt kurz und knapp bekannt, wer letztendlich den Zuschlag erhält. Von 20 bis mehrere Hundert Euro wollen Jäger, Antiquitätensammler und andere Waffenscheinbesitzer bezahlen, um bei der vorerst letzten Versteigerung dieser Art auf den Inseln ein Schießeisen zu ergattern.
Als der Name eines gewissen Mascaró fällt, der eine Schrotflinte für 333,95 Euro erworben hat, geht hörbar ein Raunen durch eine Sitzreihe. Einer der fast durchweg erdverbunden daherkommenden Besucher scharrt mit den Gummisohlen seiner Sportschuhe und sagt leise etwas wie „ufff”, ein anderer reibt sich mit einem verschmitzten Lächeln die Hände. Dann kehrt wieder Ruhe in den schmucklosen Saal ein, denn der Guardia-Civil-Offizier geht mit bewusst schneidiger und lauter Stimme zum nächsten „lote” – wie die Verkaufsobjekte hier genannt werden – über. Und so geht das fast monoton und ohne allzu viel Gerede vier Stunden lang.
Eine Versteigerung bei der Guardia Civil ist halt nicht mit Glamour-Events dieser Art mit Gemälden bei Christie’s oder Sotheby’s in London oder New York zu vergleichen, wo in Pelzmäntel oder Anzüge gehüllte Zeitgenossen mit Pokergesicht fast unmerklich, aber dennoch mit Dramatik im Habitus den Finger heben, wenn mal wieder ein van Gogh oder Dalí für ein paar Millionen versteigert wird. Bei der Guardia Civil in Palma geht alles prosaisch und militärisch präzise zu. Und dann sieht man auch nicht das, was an den Mann oder die Frau gebracht wird. Die ersteigerten Waffen, für die vom 7. bis zum 11. November die Gebote abgegeben worden waren, können zwischen dem 21. November und dem 2. Dezember abgeholt werden. Sie wurden – das sagt die Guardia Civil ganz ausdrücklich – nicht bei Verbrechen verwendet, sondern beispielsweise beschlagnahmt oder von Erben abgegeben, die nicht über einen Waffenschein verfügen.
Dass das unspektakuläre Prozedere zum letzten Mal stattfindet, liegt an einer Gesetzesänderung. Künftig muss die Guardia Civil solche Waffen samt und sonders zerstören. Dass auch dies im Hauptquartier der vielen Flure und Winkel mit Ordnungssinn und Präzision erledigt wird, ist zu erwarten.