Oft läuft das Auswandern anders ab, als man es sich vorgestellt hat. Nicht wenige Neuankömmlinge bringen große Hoffnungen und Träume mit nach Mallorca, die dann aber meist ziemlich schnell auf dem Boden der Tatsachen zerbrechen. Umso wichtiger ist es dann, flexibel zu bleiben und gekonnt auf neue Situationen zu reagieren. So ist es auch Louisa Eicker ergangen, denn erst schien alles perfekt, als sie im Februar vergangenen Jahres die Zusage für ihren Traumjob auf Mallorca bekam.
Dafür kündigt sie ihren festen Job als Radiomoderatorin in Nürnberg, in nur sechs Wochen packen sie und ihr Verlobter Ludwig – der nahe Murcia aufgewachsen ist und fließend Spanisch spricht – Umzugskartons und Koffer, vermieten ihre Wohnung, nehmen Abschied von Freunden und Familie und denken sich dabei „Warum nicht? Einfach mal machen!” Denn mit Mallorca ist die 27-Jährige schon immer eng verbunden. Vor Jahrzehnten lernten sich schon ihre Eltern hier kennen und für Louisa ist klar, dass sie ihren Verlobten Ludwig unter Palmen heiraten möchte – lange bevor sie überhaupt ans Auswandern gedacht hat.
„Ich wurde mit den größten Versprechungen nach Mallorca gelockt”, erzählt sie rückblickend, „und menschlich sowie geschäftlich enttäuscht.” Gerade einmal sechs Monate arbeitet die Moderatorin bei einem Medienprojekt auf Mallorca: „Das, was mir in Aussicht gestellt wurde, hatte leider kaum mit den tatsächlichen Gegebenheiten zu tun – selbst die Gehälter wurden nur sporadisch gezahlt, weshalb ich die Reißleine gezogen habe und das Ganze jetzt beim Anwalt liegt.” Louisa hofft, für das Erlebte zumindest finanziell ein wenig entschädigt zu werden. Gleichzeitig ist diese Enttäuschung für sie aber ein riesiger Gewinn. „Schließt sich eine Tür, öffnet sich ein Tor”, erklärt sie ihre Lebenseinstellung im Interview.
Schon vor Jahren hat sie sich als Influencerin bei Instagram ein zweites Standbein aufgebaut. Über 37.000 Menschen folgen ihr, während sie aus ihrem Alltag berichtet, Einrichtungs- und Styling-Tipps gibt. Jetzt investiert sie außerdem in ihre Ausbildung als Synchronsprecherin und ihr Verlobter hat ihr eine Sprechkabine auf der Finca in Ses Salines gebaut. Ihr Traum ist es, künftig beispielsweise Werbung und Hörbücher zu vertonen. „Das wollte ich schon immer machen, doch erst als das Projekt hier gescheitert ist, habe ich mir einen Ruck gegeben. In einem 9-to-5-Job wäre das nie möglich gewesen.” Sie schwärmt über neue Projekte und Kooperationen, die sich schrittweise auftun. Dass sie jetzt endlich die Kapazitäten hat, in neue Richtungen zu denken, verdankt sie ihrer Kündigung.
Wenn die Freelancerin heute daran zurückdenkt, wieso sie ursprünglich nach Mallorca gekommen ist, sagt sie: „Ich bin sehr froh, dass es nicht geklappt hat”. Louisa Eicker wirkt wie jemand, der nicht tief fällt. Sie strahlt von innen heraus, als sie von ihrem neuen Weg als Selbstständige erzählt. Ihr unbändiger Optimismus käme von dem Glauben ans „Universum”, wie sie sagt; dem Glauben daran, „dass alles so kommt, wie es kommen muss.” In diesem Jahr werden sich für sie nicht nur beruflich neue Perspektiven auftun, sondern auch in ihrem Privatleben wird sich einiges verändern: Zum einen steht im Sommer die Hochzeit des Paares an, zum anderen werden Louisas Eltern im Frühjahr nach Mallorca ziehen. Zum Ende des Gesprächs sinniert sie: „Wie schön es ist, dass das Leben nicht geradlinig läuft?”