Zum Baden lädt das Hafenbecken wahrlich nicht ein. Grünlich und trüb schwappt das Wasser an die Mole, auf der Oberfläche treibt ein in allen Regenbogenfarben schillernder Fleck. Schuld ist die Tankanlage, die sich nur ein paar Schritte entfernt befindet. Die Betreiber des Sporthafens Alcúdiamar im Norden der Insel haben sich nun entschlossen, etwas für die Wasserqualität in der Anlage zu tun – und gehen dabei neue Wege.
Mehr als 40.000 Miesmuscheln sind jetzt in Käfigen im Hafenbecken untergebracht, weitere 10.000 sollen in den nächsten Wochen noch hinzukommen. Ihre Hauptaufgabe: Die Nährstoffe aus dem Wasser filtern. Dabei seien Miesmuscheln die idealen Helferlein, sagt Juan Poyatos vom Startup „Desafío en Azul”, das das Projekt im Auftrag der Hafenverwaltung durchführt. „Miesmuscheln sind genügsam, arbeiten sogar sonntags und das auch noch gratis”, sagt er. Bis zu 13 Liter Wasser in der Stunde könne jede einzelne Muschel reinigen. Einmal pro Woche sehen Poyatos und sein Kollege Jaime Morell nach dem Rechten in Alcúdia.
Dann ziehen sie die aus rostfreiem Gitter bestehenden und mit biologisch abbaubaren Netzen umwickelten Käfige aus dem Wasser und prüfen, wie es den Miesmuscheln geht. Die haben nämlich reichlich Fressfeinde. „Tintenfische, Krebse und Doraden in erster Linie”, sagt Poyatos, während er mit den Fingern über die zerstörten Schalen der Muscheln fährt, die ein paar Schritte weiter zu Vergleichszwecken gänzlich ungeschützt im Wasser hängen.
„Am Anfang haben wir Käfige getestet, die mit einem Deckel verschlossen waren”, sagt er. Das habe sich als nicht ausreichend erwiesen: Ein Tintenfisch fand heraus, wie er diesen öffnen konnte und tat sich dann gütlich an den delikaten Weichtieren, die von Menorca stammen, wo es einen Zuchtbetrieb gibt. „Wenn es uns gelingt, die Menge des Planktons zu reduzieren, die sich im Wasser befindet, dann gelangt mehr Sonnenlicht in die Tiefe, was mehr Leben ermöglicht”, erklärt Poyatos.
Die Säuberung des Hafenwassers aber ist nicht der einzige Effekt, den man sich bei Alcúdiamar durch die Miesmuscheln erhofft. Diese sollen sich nämlich auch im Wasser ausbreiten. Die Wellenbrecher seien hervorragend dazu geeignet, dass sich dort eine Muschelpopulation bildet. Rund um Mallorca kommen Miesmuscheln eigentlich nur noch in Tiefen ab 20 Metern vor, heißt es. „Wir sorgen also auch dafür, dass sich eine Art hier wieder ansiedelt, die kaum noch anzutreffen ist”, so Poyatos.
Ob es tatsächlich dazu kommt, ist aber noch offen. Denn der Temperaturanstieg des Meeres in den Sommermonaten wird auch den im Rahmen des Projektes im Hafenbecken angesiedelten Muscheln zusetzen. Das Problem ist dabei weniger die Wärme, als der damit einhergehende Sauerstoffmangel im Wasser. Deshalb prüfe man die Installation von Sauerstoffpumpen in unmittelbarer Nähe der Käfige. „Ungefähr so wie in einem Aquarium”, sagt Poyatos.
Im kleineren Rahmen hatte es im vergangenen Jahr bereits ein Forschungsprojekt im Hafen von Palma gegeben, bei dem ebenfalls Miesmuscheln zum Einsatz kamen. Damals waren Forscher des Ozeanografischen Instituts federführend beteiligt. Auch die Balearen-Universität ist bei dem Thema eingebunden. „In dieser Größenordnung ist dies das zweite Projekt weltweit, nach New York”, sagt Poyatos. Dort sei man aber schließlich von Miesmuscheln auf Austern umgestiegen, da diese noch mehr Wasser filtern können.
„Die regelmäßigen Wasseranalysen belegen, dass wir die vorgeschriebenen Grenzwerte einhalten”, sagt Mar Vera, Nachhaltigkeitsbeauftragte bei Alcúdiamar. Die Bedingungen der staatlichen Konzession aber sähen vor, dass Anstrengungen im Umweltbereich unternommen werden müssen. Neben dem Miesmuschelprojekt gibt es auch eine Umwälzpumpe in dem Sporthafen sowie einen Apparat zur Sauerstoffanreicherung des Wassers. „Wir wollen mit gutem Beispiel vorangehen”, sagt Vera. Dann sei es auch leichter, die Bootseigner zum Umweltschutz anzuhalten. So gebe es im Hafen mittlerweile an jeder Mole einen Fäkalwasser-Tank. „Niemand hat mehr eine Ausrede, wenn er sein Dreckwasser ins Meer leitet”, sagt Vera. In Alcúdiamar gibt es 745 Liegeplätze für Yachten von sechs bis 30 Metern Länge.
Juan Poyatos hat derweil die Käfige mit den Miesmuscheln wieder im Hafenbecken versenkt. Er ist sichtlich begeistert von dem Projekt. „Das alles ist so spannend”, sagt er. „Einfach aus dem Grund, weil es hier noch nie gemacht wurde.” Er hofft, dass sich andere Sporthäfen ein Beispiel nehmen, auch aus wissenschaftlichem Interesse. Denn um herauszufinden, ob die Methode tatsächlich dauerhaft eine umweltverträgliche Alternative sein kann, bräuchte man Daten aus verschiedenen Gegenden der Insel. (jm)