Dienstagabend (4.7.) im Abflugterminal des Hamburger Airports. Michael H. und seine Tochter Lena sind bereits seit 18 Uhr vor Ort, um zusammen mit mehr als 150 weiteren Passagieren den Ryanair-Flug FR9169 nach Palma de Mallorca zu nehmen. "Lieber zu früh als zu spät, man weiß ja nie, was alles schiefgehen kann", hat der 55-jährige Holsteiner auf der Autofahrt zu seiner ältesten Tochter gesagt. Er weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wie recht er damit haben soll. Michael H. und seine Tochter wollen wie jeden Sommer einen auf der Insel lebenden Bekannten für eine Woche besuchen. Beide haben daher nur Handgepäck dabei und sind bereits online eingecheckt. Der Abflug ist für 21.45 Uhr vorgesehen.
Kurz nach dem Gang durch die Handgepäckschleuse wird auf der Anzeigetafel eine Flugverspätung angezeigt. Flug FR9169 soll statt 21.45 Uhr erst um 23 Uhr Richtung Mallorca starten. Ärgerlich, aber na ja. So ist das halt beim Fliegen. "Wir haben dann am Gate gewartet. Gegen 22 Uhr erschien auf dem Abflugmonitor erneut eine Änderung", erzählt Michael. Der Flug soll sich um weitere 20 Minuten auf 23.20 Uhr verspäten. Doch es kommt noch schlimmer. "Nach einer Viertelstunde habe ich eine Frau entdeckt, die vor dem Monitor mit dem Kopf schüttelte". Grund: Hinter FR9169 steht plötzlich das Wort "Canceled" – gestrichen! "Auf der Ryanair-App wurde davon nichts gemeldet, auch keine Nachricht, wie es jetzt weitergehen soll", sagt Lena.
Die irische Fluggesellschaft wird in Hamburg von der Handlingagentur AHS vertreten. "Deren Schalter war zu diesem Zeitpunkt aber nicht besetzt", so Lena. "Niemand konnte uns sagen, was genau eigentlich passiert war und wie wir nun nach Mallorca kommen". Die beiden beschlossen daraufhin, bei der Bundespolizei am Flughafen vorstellig zu werden. "Dort sagte man uns, dass die Maschine verspätet aus Palma gestartet sei und wahrscheinlich wegen des Nachtflugverbots in Hannover statt in Hamburg landen würde. Wir sollten am besten bis 6 Uhr morgens am Flughafen warten, bis der Info-Schalter von AHS wieder geöffnet wird", so Michael. "Doch das war uns zu ungewiss. Wir beschlossen daher, erst einmal wieder nach Hause zu fahren". Eine halbe Stunde später auf der Autobahn kommt über die Ryanair-App plötzlich eine Nachricht. "Der Flug würde nun doch noch stattfinden", hieß es. Abflugzeit um 2.30 Uhr von Hamburg", erzählt Lena.
Die beiden Deutschen entschließen sich, zurück zum Flughafen zu fahren. Doch statt den Wagen dort zu parken, hält Michael erst einmal kurz auf dem Wartestreifen, während seine Tochter ins Terminal läuft, um auf dem Abflugmonitor zu schauen, ob der Flug dort auch tatsächlich gelistet ist. Fehlanzeige. Von FR9169 ist auf dem Bildschirm nichts mehr zu sehen. Ein zufällig vorbeilaufender Airport-Angestellter sagt ihr, dass die Ryanair-Maschine wahrscheinlich immer noch in Hannover stehe und dass die Passagiere wohl mit einem Shuttle-Bus in die niedersächsische Hauptstadt gebracht werden. Vermutlich.
"Auf der Ryanair-App stand aber weiterhin Hamburg als Abflugort", sagt Lena. Als sie durchs Terminal zurück zum Parkplatz läuft, sieht sie zahlreiche Passagiere, die vorher mit ihnen am Gate gewartet hatten. "Sie saßen auf ihren Koffern und harrten genervt der Dinge".
Ihr Vater trifft schließlich die Entscheidung. "Es hat uns endgültig gereicht. Auf blauen Dunst nach Hannover zu fahren, ohne zu wissen, ob das Flugzeug dort wirklich irgendwann in der Nacht abhebt, war uns einfach zu blöd". Müde und zutiefst enttäuscht treten die beiden schließlich die mehr als einstündige Rückfahrt nach Hause an.
Doch auch am nächsten Morgen ist das Chaos nicht vorbei. "Ich habe um 8 Uhr bei der Ryanair-Hotline angerufen", sagt Lena. Nach 15 Minuten in der Warteschleife bekommt sie schließlich eine Mitarbeiterin an die Strippe. "Die erklärte, dass unser Flug doch noch stattfinden würde. Allerdings von Hannover aus. Um 14 Uhr". Lena lehnt das Angebot ab. "Die Mitarbeiterin hat dann aber gesagt, dass sie uns auf den 19.50-Uhr-Flug nach Mallorca einbuchen könnte. Und als Ersatz für den verloren gegangenen Urlaubstag würde sie unseren Rückflug um einen Tag nach hinten verlegen", erzählt Lena. Ihr Vater stimmt dem Vorschlag zu. Ob die beiden tatsächlich am Mittwochabend in Palma landen werden, ist ungewiss. Und auch was die anderen Passagiere seit Dienstagabend durchmachen, lässt sich nur erahnen ...