Mallorca erlebte zu Wochenbeginn den viel beachteten Prozessauftakt gegen einen 83-jährigen Rentner, der im Februar 2018 infolge eines Raubüberfalls in seinem Haus in Porreres einen von insgesamt vier mutmaßlichen Tätern erschoss. Am Dienstag gab der rüstige Senior gegenüber dem vorsitzenden Richter des Landgerichts zu Protokoll, dass er damals keine andere Wahl gehabt habe. "Ich tat, was notwendig war und wünsche mir, dass dies so anerkannt wird", sagte Pau R. im Rahmen seiner Aussage. Die Staatsanwaltschaft fordert für das Opfer des Überfalls dagegen vier Jahre Haft wegen Totschlags.
Vor dem Schwurgericht in Palma erzählte Pau R. ausführlich, wie sich an jenem Februartag vor gut fünf Jahren aus seiner Sicht der Raubüberfall auf sein Haus abgespielt haben soll. Es sei ein ganz normaler Tag gewesen, bis "plötzlich zwei Männer über mich herfielen und den Mund zuhielten." Ohne viele Worte hätten die beiden Angeklagten Fredy y Mauricio E., zwei Brüder aus Kolumbien, ihn aufgefordert, den Tresor zu öffnen. "Die glaubten, darin würden sich 200.000 Euro befinden", schilderte Pau R. den Ablauf des Überfalls. Weil dem aber nicht so war, hätten sich die Brüder daran gemacht, wütend das Haus zu durchsuchen.
Diesen Umstand, so der Angeklagte, der sich vielmehr als Opfer sieht, hätte er genutzt, um sich im Obergeschoss des Hauses seiner Jagdflinte zu bemächtigen. Er habe die Hoffnung gehabt, dass die beiden Männer angesichts der Schusswaffe den Rückzug antreten und sein Haus verlassen würden. "Die Angst überkam mich in diesem Moment. Ich wollte verhindern, dass sie meine Frau und mich misshandelten." Allerdings hätten sich Fredy und Mauricio E. von der Jagdflinte wenig beeindruckt gezeigt. "Als sie sich auf mich stürzten, drückte ich ab. Ich musste etwas machen", sagte Pau R. gegenüber dem Richter. Der Schuss traf Mauricio E. in den Bauch, kurze Zeit später erlag er seiner schweren Verletzung.
Drahtzieher des missglückten Raubüberfalls, so MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora", seien aber zwei andere Männer gewesen. Einer von diesen glaubte zu wissen, dass Pau R. in seinem Haus eine große Menge Bargeld aufbewahrte. Das Geld sollte das Opfer von dem Verkauf seines Betriebes erhalten haben. Die Staatsanwaltschaft beantragte eine Haftstrafe von jeweils fünf Jahren für die beiden Rädelsführer und eine Haftstrafe von sechs Jahren für Mauricio E. Für den Prozess sind bis 20. September mehrere Verhandlungstage angesetzt.