Er ist einer der schönsten und auch einer der am wenigsten besuchten Plätze der historischen Altstadt von Palma de Mallorca. Die Rede ist von der Plaça Llorenc Villalonga, die im Südosten des Zentrums liegt und von der Renaissance-Stadtmauer aus dem 17. Jahrhundert sogar den Blick auf das Meer gestattet. Was den Reiz des ebenso beschaulichen wie stillen Platzes ausmacht, sind seine exotischen Bäume, die aus Südamerika stammen und von ihrer Größe her dort schon vor mindestens einem Jahrhundert angepflanzt worden sein dürften.
Doch gerade diesen auch Elefantenbaum oder Zweihäusige Kermesbeere genannten Gewächsen droht nun Ungemach. Das Grünamt des Rathauses war bereits angerückt, um die Exemplare des im Fachjargon "Phytolacca dioica" heißenden Baumriesen zu fällen. Sie seien wegen ihres Alters nicht mehr sicher, herabstürzende Äste könnten Passanten gefährden.
Doch als die Baumfäller zu Wochenbeginn anrückten und die knatternden Motorsägen zückten, hatten sie nicht mit dem Protest der Anwohner gerechnet. Rasch wurde der Nachbarschaftsverein herbeigerufen, der die Maßnahme regelrecht blockierte und erst einmal Informationen aus dem Rathaus anforderte. Die Behörde rief die Gartenamtleute zurück, ließ aber zwei Bereiche auf dem Platz vorerst durch Barrieren und weiß-rote Bänder absperren. „Zugang verboten, entschuldigen Sie die Beeinträchtigung“, ist auf Hinweiszetteln zu lesen. Anwohner brachten eigene Zettel an: "Keine Fällaktion!"
Jetzt soll erst einmal geprüft werden, wie es in der Angelegenheit weitergeht. „Ich hoffe, das Vorhaben lässt sich stoppen. Ein Kahlschlag auf dem Platz wäre ein Desaster. Und in Palma gibt es ohnehin viel zu wenig Bäume“, sagt ein Passant, der dort täglich mit seinen Hunden spazieren geht. Er zeigt auf ein gähnendes Erdloch in dem Straßenpflaster. „Hier haben sie vor einigen Wochen bereits einen dieser Bäume gefällt und fortgeschafft.“
Somit sind auf der Plaça nur noch 23 Elefantenbäume neben einigen weiteren Palmen zu finden. Sie begrünen und beschatten den nach dem Schriftsteller Llorenç Villalonga benannten Platz. Er liegt still im Winkel der ehemaligen Bastion El Princep im Osten und dem kleineren Gefechtsstand D’en Berard im Westen. Die Häuserfront an dem Platz weist vor allem stattliche Patrizierhäuser und historische Altstadtpaläste auf, in zwei von ihnen befinden sich die beiden Fünf-Sterne-Hotels Llorenç und Calatrava.
Calatrava heißt auch das dahinter liegende Viertel, das zu den gediegensten und traditionsreichsten der Altstadt zählt. Eines der Privathäuser, Can Estarellas, wurde für seine architektonischen Art-Decó-Elemente ausgezeichnet, ein anderes war das Geburtshaus von Antonio Maura, dem einzigen mallorquinischen Politiker, der es zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis ins Amt des spanischen Ministerpräsidenten schaffte. Auch die Rückfront einer kleinen Kirche ist am Platz zu finden.
„Ich hoffe, die Bäume bleiben erhalten“, sagt die Rezeptionistin eines der beiden Hotels. „Sie prägen das Ambiente hier und sind etwas ganz Besonderes“. Am Vortag seien Anwohner gekommen, um sich mit dem Direktor zu besprechen. Sie wollen für die Elefantengewächse kämpfen. Aus dem anderen Hotel schlendert gerade die Küchenhilfe unter den Bäumen vorbei. „Mein Vater ist selbst Gärtner“, sagt der junge Mann, „und er kann auch nicht verstehen, warum diese Bäume verschwinden sollen. Das wäre sehr schade."
Der Spaziergänger mit den Hunden setzt seine Hoffnung auf den Anwohnerverein. „Calatrava ist ein sehr eigenes Viertel. Die können viel bewegen.“ Die meisten der Bäume sehen seinem Urteil nach mitsamt ihren Blättern absolut vital aus. „Sehen Sie nur, wie grün die sind!“ Dann zieht er mit seinen Hunden auf der Promenade des trapezförmigen Platzes weiter in die Sonne, die im Westen schon tief hängt und das gesamte Areal mit goldenem Abendlicht flutet. Bleibt zu hoffen, dass es nicht die letzten Tage sind, in denen für die knapp zwei Dutzend Elefantenbäume die Sonne untergeht.