Karl J. Pojer ist seit Mitte Januar CEO der Hotel-Holding des deutschen Reiseveranstalters DER Touristik. Die Hotel-Division umfasst aktuell zehn Marken und über 100 Hotels, Resorts und Clubs in 14 Ländern weltweit. Pojer gilt als erfahrener Manager im internationalen Hotel- und Kreuzfahrtgeschäft. MM stand er Rede und Antwort.
Mallorca Magazin: Welchen Herausforderungen warten auf Sie?
Karl Pojer: Im Fokus steht, das Markenportfolio weiter zu schärfen, um Gästen das bestmögliche Erlebnis zu bieten, und auch unsere Markenversprechen einzuhalten. Zudem plane ich mit meinem Team, die enge Zusammenarbeit mit unseren Veranstaltern weiter auszubauen. Gemeinsam bewerten wir, welche Konzepte, Trends und Destinationen für unsere Gäste interessant sind – um dann genau zielgerichtet darauf unser Angebot auszusteuern.
MM: Auf Mallorca gibt es aufgrund der aktuellen Wohnungsnot eine Personalknappheit in der Hotellerie. Sowohl Saisonkräfte als auch höher qualifizierte Mitarbeiter vom Festland finden keine bezahlbaren Unterkünfte mehr auf der Insel. Wie könnten Ihrer Meinung mögliche Lösungen aussehen?
Pojer: Das ist eine immense Herausforderung, die so leicht sicherlich nicht zu lösen ist. Deshalb sind jetzt Maßnahmen notwendig, um neuen Wohnraum zu schaffen, ohne zusätzliche Flächen zu zersiedeln oder die Spekulation mit Wohnraum zu fördern. Die aktuellen Maßnahmen der Regierung, wie z.B. gelockerte Bauvorschriften, Umwandlung von Geschäftslokalen und Büros, und gegebenenfalls sogar die Umwidmung von veralteten Hotels sind wichtig und sollten jetzt auch so umgesetzt werden.
MM: Ist der Fachkräftemangel in der Hotellerie auch in anderen Ländern Europas ein Problem?
Pojer: Absolut, ja. Wir spüren in der Hotellerie schon seit längerem den Fachkräftemangel. Natürlich hat sich diese Situation durch Corona noch einmal verschärft, aber eine Ausbildung in der Hotellerie, oder im Gastgewerbe allgemein, ist heute nicht mehr so gefragt wie früher. Darüber hinaus sehen wir auch die Tendenz, dass mehr und mehr junge Menschen studieren möchten und eine Ausbildung nicht einmal mehr in Erwägung ziehen. Hier müssen wir gegensteuern. Sowohl seitens der Schulen, um aufzuklären, was die Vorteile einer Ausbildung sind, als auch seitens der Hotellerie, um die Arbeitsbedingungen noch attraktiver zu machen. Das ist sicherlich ein langfristiges Unterfangen, aber wichtig, denn Hotellerie und Touristik bieten spannende Aufgaben, attraktive Karriere- und Aufstiegs-chancen und natürlich auch die Möglichkeit, die Welt zu sehen. Und man muss nach wie vor sagen: Mitarbeitende aus der Hotellerie sind einfach gut ausgebildet, sprechen meist mehrere Sprachen, sind serviceorientiert – und werden gerade deshalb auch so gern von anderen Branchen abgeworben.
MM: Auf Mallorca und den Nachbarinseln stehen Hotels und private Ferienvermietung in einem jährlich stärker werdenden Wettbewerbskampf. Ein Phänomen, das auch in anderen Urlaubsregionen Europas zu beobachten ist?
Pojer: Wichtig ist, dass sich Hotels mit ihrem Angebot deutlich von Ferienunterkünften abgrenzen. Wie geht das? Indem sie sich auf ihr Kernangebot fokussieren. Und das lebt von persönlichem Service, der Individualität, dem Komfort und den persönlichen Erlebnissen vor Ort. Auf der anderen Seite müssen wir im Hotelgeschäft dem Trend zum individuelleren Reisen Rechnung tragen und Konzepte entwickeln, die auf die jeweiligen Zielgruppen zugeschnitten sind. Darum haben wir heute in der Hotelgesellschaft eine Bandbreite an Marken und Konzepten, die unterschiedliche Urlaubsbedürfnisse bedienen.
MM: Ist die Ferienvermietung eine ernste Gefahr für die Hotellerie?
Pojer: Als Hotel ist man Gastgeber, heißt seine Gäste willkommen und umsorgt sie mit einem Team sehr persönlich. Dieses Urlaubserlebnis setzt auf Entspannung – fernab von Alltagsaufgaben und ermöglicht auch den Kontakt zu anderen Gästen, wenn dies gewünscht ist. In der Ferienwohnung dagegen leben die Gäste allein und autark. Ferienwohnung und Hotelaufenthalte sind darum einfach zwei sehr unterschiedliche Arten des Urlaubmachens – für beide Konzepte gibt es Zielgruppen und Nachfrage, also ist eine Koexistenz hier vollkommen legitim.
MM: Was wünschen sich Hotelbesucher heutzutage von ihren Unterkünften? Wie haben sich diese in den vergangenen Jahren verändert?
Pojer: Im Einklang mit dem Wunsch, sorgenfrei Urlaub zu machen, beobachten wir einen Trend zu höheren Hotelkategorien. Unsere Gäste möchten sich etwas gönnen; wünschen sich mehr Komfort und ein gehobenes Level an Service und Erlebnisangebot in den Hotels – und das gern in einem sehr individuellen Zuschnitt. So bedeutet für den einen die Nähe zur Natur und authentische Erlebnisse Luxus pur, für den anderen das außergewöhnliche Interieur- und Dining-Angebot. Zudem wird es für Gäste zunehmend relevanter, den Urlaub auf eine nachhaltigere Art und Weise zu verbringen. Dabei spielt auch das Erleben von lokaler Kultur eine immer größere Rolle. Entsprechend stehen für heutige Gäste auch Fragen im Vordergrund wie: Werden saisonale und regionale Produkte verwendet? Welches Angebot an vegetarischen und veganen Speisen gibt es? Wie geht das Hotel mit der Zimmerreinigung um? Diese Kriterien werden zunehmend wichtiger. An dieser Stelle setzen wir auch auf technologische Innovationen, die wir zum einen nutzen, um unseren Service zu verbessern, zum anderen, um nachhaltiger zu wirtschaften. Das fängt an bei digitalen Check-In- und Check-Out-Prozessen und geht über den Einsatz von Robotern als mobile Mini-Bars bis zur Speisenplanung mit Hilfe Künstlicher Intelligenz.
MM: Welche Trends sind in der Hotellerie zu beobachten?
Pojer: Insgesamt kann man sagen, dass es mehr und mehr vom Haben zum Sein geht. Der Alltag ist schon stressig genug, da wollen die Menschen im Urlaub möglichst sorgenfrei sein. Hier ist dann nicht mehr „High Tech“ im Fokus, sondern „High Touch“. Dabei geht es darum, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Der persönliche Service, der Kontakt zu den Gastgebenden entscheidet maßgeblich mit, wie die Urlaubserfahrung ausfällt. Manche Gäste kommen z.B. seit Jahren in unsere Aldiana Clubs, weil sie sich darauf freuen, die Mitarbeitenden wiederzusehen. Das ist für sie fast so wie alte Freunde wiederzutreffen. Und das ist es, was die Hotellerie so besonders macht: Es zu schaffen, als Gastgeber seinen Gästen dieses Gefühl von Wohlfühlen und Zuhause-Sein zu vermitteln. Wir erkennen auch den Trend, dass großzügiger Raum immer stärker als Luxus gesehen wird. Für die Hotellerie können wir das übersetzen in Punkte wie große Wohnräume, exklusive Veranstaltungsorte oder einfach Raum für persönlichen Komfort. Dabei entscheiden die Gäste bei ihren Buchungen, welche Art von Hotel und auch, welche Zimmergröße sie sich für ihren Aufenthalt leisten wollen. Das ist für uns als Hoteliers ein überaus spannender Aspekt, den wir in unsere Planungen und Gestaltung für neue Hotelprojekte mit einfließen lassen.
MM: Wird Mallorca auch in Zukunft eines der beliebtesten Reiseziele für Deutschland bleiben? Warum?
Pojer: Ja, Mallorca ist und bleibt einfach ein wunderschönes Reiseziel. Die Insel ist so facettenreich, das wird Urlauber und Urlauberinnen aus Deutschland immer anziehen. Ganz besonders auch, weil die Anreise so einfach ist und man das gesamte Jahr dort Urlaub machen kann. Es gibt für jeden Geschmack und jedes Portemonnaie das richtige Angebot. Wir gehen daher davon aus, dass diese Destination auch weiterhin stark nachgefragt sein wird. Zudem halte ich die Insel auch für Individualreisende für interessant. Es gibt so viele schöne Ecken abseits des Bekannten, man muss sich nur die Zeit und Muße nehmen, diese zu entdecken.
MM: Einheimische aber auch Urlauber halten die Insel in den Sommermonaten für überlaufen. Was müsste sich ändern?
Pojer: Es wird in der Gesamtbetrachtung immer wichtiger, zu hinterfragen, wie man Urlaubsströme auf der Insel noch besser verteilen kann. Dabei werden auch Konzepte relevanter, die die Nebensaison attraktiver gestalten, um die starke Frequentierung im Sommer etwas zu reduzieren und besser auf das Jahr zu verteilen. So sind einige Gemeinden auf der Insel ja bereits dabei, die Badesaison an mehreren Stränden bis mindestens in den November hinein zu verlängern. Das ist auch ein spannendes Zeichen an uns, dass wir unsere Hotels auch noch nach der Hauptsaison länger geöffnet lassen. Wichtig ist natürlich, dass auch die Infrastruktur passt. Das bedeutet: Restaurants müssten noch in der Nebensaison geöffnet bleiben, das entsprechende Personal müsste natürlich auch verfügbar sein. Und nicht zuletzt bedarf es ausreichender Flugkapazitäten, um auch in diesen Saisonzeiten die Gäste auf die Insel und wieder nach Hause zu bringen. Unser Sentido Fido Punta del Mar, das dieses Jahr im Februar schon geöffnet hat, ist zum Beispiel ein erster Start in genau diese Richtung: Wir bieten unseren Gästen die Möglichkeit, die Insel auch in ruhigeren Zeiten zu genießen.
MM: Wie sind Ihre eigenen Erfahrungen eines Mallorca-Urlaubes?
Pojer: Ich liebe diese Insel und würde gern mehr Zeit dort verbringen – ganz besonders auch in der Nebensaison, um neue Facetten zu entdecken, vielleicht einmal mit dem Rad die Gegend erkunden. Daher finde ich unseren Ansatz, ein entsprechendes Angebot für die weniger frequentierten Zeiten zu machen, ambitioniert und richtig.