Das jüngste Sturmtief über Mallorca hat für zahlreiche Verspätungen und mehrere Annullierungen im Flugverkehr gesorgt. Unzählige Reisende mussten stunden-, wenn nicht tagelang im Flughafen von Palma ausharren. Viele Passagiere übten heftige Kritik am Krisenmanagement der Fluggesellschaften. Im Gespräch mit dem Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ) wurde nun klar, welche Rechte Passagiere bei Unwetter & Co. haben.
„Es ist völlig egal, aus welchen Gründen ein Flug nicht zustande kommt. Versorgungs- und Betreuungsleisten können Passagiere, die lange warten müssen, unabhängig davon verlangen“, sagt die Juristin Sabine Blanke des EVZ. Die Artikel 8 und 9 der EU-Fluggastrechteverordnung regeln den Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung sowie den Anspruch auf Betreuungsleistungen. Artikel 8 erlaubt Passagieren nach einer Verspätung von mehr als fünf Stunden oder der Annullierung eines Fluges die vollständige Erstattung der Flugscheinkosten für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie unter Umständen für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte nach bestimmten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde. Alternativ können Reisende eine Variante einer anderweitigen Beförderung auswählen. Artikel 9 regelt das unentgeltliche Angebot von Fluglinien an Fluggäste unter anderem von Mahlzeiten und Erfrischungen, einer Hotelunterbringung bei Flügen, die auf den nächsten Tag verschoben wurden, sowie der Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung. Explizit wird hier außerdem auf die Bedürfnisse von Personen mit eingeschränkter Mobilität sowie von Kindern ohne Begleitung hingewiesen.
„Bei einem Sturm müssen Fluggäste damit rechnen, keine Ausgleichszahlung zu bekommen“, so Blanke. Diese sind in Artikel 7 der EU-Fluggastrechteverordnung geregelt: Im Falle einer Nichtbeförderung des Reisenden oder einer Annullierung können Passagiere einen Anspruch auf Entschädigung seitens der Fluggesellschaft geltend machen. Die Kompensation richtet sich nach der Flugdistanz und reicht von mindestens 250 Euro bis maximal 600 Euro. Damit eine Fluglinie von ihrer Pflicht zu Ausgleichszahlungen teilweise oder vollständig befreit wird, müssen „außergewöhnliche Umstände“ vorliegen. So nennt Blanke Ereignisse, für die Luftfahrtunternehmen keine Verantwortung tragen. Das können beispielsweise ein Sturm wie im jüngsten Fall über Mallorca, Momente politischer Instabilität, Vulkanausbrüche oder Waldbrände sein. Zudem muss die ausführende Airline nachweisen, dass sie alles getan hat, um den Flugbetrieb aufrechtzuerhalten.
Wichtig: Die Unterstützungsleistungen aus Artikel 9 kommen bei Verspätungen erst ab einer Wartezeit von mindestens zwei Stunden zum Tragen. Die Pflicht für Luftfahrtunternehmen zum Angebot von Mahlzeiten und Erfrischungen gilt auch bei Flugannullierungen und jene, Passagiere in einem Hotel unterzubringen und entsprechend zu befördern, auch bei neuen Flügen, die auf eine Annullierung am nächsten Tag folgen. In jedem Fall ist es eine gute Idee, sich mit den Fluggastrechten vertraut zu machen. Sabine Blanke von dem Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland rät, dies bereits vor Reisebeginn zu tun.
Sollte sich der Fluggast selbst um die Verpflegung oder Übernachtung kümmern, die aufgrund der Verzögerung einer Verbindung oder eines gestrichenen Fluges nötig geworden sind, empfiehlt es sich, die Quittungen aufzubewahren. So fällt es später leichter, die getätigten Kosten von dem Beförderer erstattet zu bekommen. Zu guter Letzt sei auf Reiserücktrittsversicherungen aufmerksam gemacht: Damit sind Sie flexibler unterwegs und finanziell vor Überraschungen geschützt.
Weitere Informationen: Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland