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Palmas Stadtviertel

U-Bahn-Station, großer Boulevard, kleine Häuschen: Dieses Viertel von Palma kennt kaum ein Urlauber

Die Insel-Hauptstadt birgt Barrios, in die sich kaum ein Tourist verirrt: Jenseits des Ses-Estacions-Parks befindet sich eine gutbürgerliche Gegend mit Ex-Arbeiterhäusern, Kunst und modernen Wohngebäuden.

Palma, Mallorca |

Es muss geschäftig zugegangen sein in dieser Gegend in Palma de Mallorca im 19. Jahrhundert und davor, als immer wieder Kutschen hier halt machten. In Els Hostalets stieg man, wenn man die Pferde ausruhen ließ, in einem oder mehreren der einstöckigen Gebäuden ab, um aus Inca und sonstwo von der Insel kommend etwas zu essen oder zu übernachten, bevor man sich der wuchtigen Stadtmauer von Palma näherte.

Die damals ländliche, vor den Toren der Stadt liegende Ecke war auch unter dem Namen Hostalets d’en Canyelles bekannt. Später – Anfang des 20. Jahrhunderts – entstanden hier Fabriken, aus den Herbergen und Gaststätten wurde eine Arbeitersiedlung mit engen Gassen.

Heute ist das Viertel Els Hostalets ein Teil der Balearen-Kapitale, die Stadtmauer ist schon lange Geschichte. Schlendert man durch die stillen Sträßchen wie den Carrer Vivero oder den Carrer Nord, hört man neben dem Zwitschern von Vögeln in einiger Entfernung, nördlich vom angrenzenden Viertel Sa Fortesa, wie ein Wasserfall das Rauschen der Fahrzeuge auf der Ringautobahn.

Noch bis zum Jahr 2005 gesellte sich in Els Hostalets ein anderes Geräusch hinzu: Die Züge ratterten hier ins Innere der Insel in Orte wie Sa Pobla oder Manacor oder zum Endbahnhof an der Plaça d’Espanya. Schienen prägten die Gegend, so wie heute noch die des historischen Zugs in der parallel verlaufenden Eusebi-Estada-Straße, der Palma mit dem Orangental von Sóller verbindet.

In einem baulich anspruchsvollen, mehrere Jahre dauernden Kraftakt sondergleichen wurden die Gleise damals in einen breiten Tunnel verlegt, ein ganz neuer Bahnhof entstand, Palmas „Estació Intermodal-Plaça d'Espanya". Und direkt darüber legten die Stadtplaner den Ses-Estacions-Park und die Jacint-Verdaguer-Straße an.

Seitdem hat sich die ausländischen Besuchern wenig bekannte Ecke der Stadt zu einem gutbürgerlichen Wohngebiet gewandelt: Die meisten Häuser der nahe der Aragón-Ausfallstraße liegenden ehemaligen Arbeitersiedlung sind frisch gestrichen, es ist generell sauber, hier und da wurden alte einstöckige Gebäude abgerissen und durch neue, ebenfalls einstöckige ersetzt. Alles hier sieht um Längen properer aus als im schmuddeligen Gassenviertel La Soledat etwas weiter südlich, wo Drogenhändler und obskure Gestalten seit Jahrzehnten das Sagen haben.

In fünf Gehminuten Entfernung an der alles andere als stark befahrenen Verdaguer-Straße stehen moderne und teilweise sogar fast schicke Mehrfamilienhäuser. Ein Carrefour Express, ein riesiger China-Markt namens „El Encanto” („Das Flair”) und einige Bars und Restaurants wie das „Can Pas” oder das „Estaciones” mit Mittagsmenüs für lediglich etwa zehn Euro benetzen das eher ruhige große Ganze mit einer gewissen Urbanität, die allerdings alles andere als unangepasst daherkommt.

Alberto, Gast im Restaurant „Can Pas”, ist mit seiner Wohngegend volllauf zufrieden: „Hier sind nicht so viele Menschenmassen wie an der Plaça d’Espanya”, freut sich der Rentner, während er an einem café solo nippt. „Man wird auch nicht belästigt.”

Einen Hauch von Bohème verleihen dem Viertel die zahlreichen meterhohen Street-Art-Gemälde, die an Mauern zu sehen sind. Ob tanzende Teufel, Frauenantlitze, Hände und mehr, Kunstfreunde dürften hier aus dem Staunen kaum herauskommen. Hinzu kommt etwas entfernt von Els Hostalets der wie eine grüne Oase anmutende Son-Costa-Park, wo ein Brunnen in Wasserfallform zu finden ist.

Neben zahlreichen gutbürgerlichen Spaniern prägen hier und dort auch Lateinamerikaner – meist aus dem karibischen Raum stammend – das „Barrio”-Bild. Blonde Rollkoffer-Benutzer aus Mitteleuropa, die woanders in Palma derzeit in Scharen in illegalen Touristenunterkünften nächtigen, scheinen bis hierher noch nicht vorgedrungen zu sein.

Die Gegend, wo früher die Schienen raus aus der Stadt führten, ist eine Art unverdorbenes, durchaus gemütliches Wohnzimmer der Insel-Hauptstadt, in welchem man sich Lichtjahre von den Zehntausenden Touristen entfernt vorkommt, die Tag für Tag auf der Insel unterwegs sind. Sie ruht zwischen modernen Radwegen, alten Gässchen und U-Bahn-Stationen in sich selbst. Hin kommt man von der Plaça d'Espanya zu Fuß oder mit den U-Bahn-Linien M1 oder M2 zu den Haltestellen Jacint Verdaguer oder Son Costa-Son Fortesa.

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