Jahrhunderte nach einer der verheerendsten Flutkatastrophen der Insel bleibt Palma, die Hauptstadt von Mallorca, das Hochrisikogebiet für Überschwemmungen auf der Insel. Laut einer neuen Studie der Geographen Miquel Grimalt, Joan Bauzà und Joan Rosselló der Universität der Balearen (UIB) ist Palmas schneller städtischer Wandel eine gefährliche Begleiterscheinung, die die Hochwassergefahr enorm erhöht.
Die Geographen präsentieren in ihrem Kapitel Urban Growth and Increased Flood Impact in Palma: A Loss of Resilience, das im Buch Resilience to Disasters and Human Settlements 2023 veröffentlicht wurde, erschreckende Erkenntnisse: Palma sei der gefährlichste Ort Mallorcas, wenn es um Überschwemmungsrisiken geht. Doch warum bleibt die Bedrohung so akut und was können künftige Generationen daraus lernen?
Ein tragischer Wendepunkt und seine Nachwirkungen
Die Wurzeln der Gefahr liegen tief in der Geschichte der Stadt: Die Überschwemmung von 1403 verwüstete Palma und kostete rund 5000 Menschen das Leben. Seitdem hat die Stadt versucht, den Flusslauf von sa Riera, dem damals gefährlichsten Wildbach, zu regulieren und umzuleiten – mit mäßigem Erfolg. Bis ins 19. Jahrhundert hinein trat der Fluss immer wieder über die Ufer und richtete schwere Schäden an, doch der Ausbau von Abflüssen und Kanalisationssystemen konnte die Gefahr nur teilweise bannen. Grimalt und seine Kollegen betonen, dass Palma „nur zwischen 1850 und 1900 wirklich sicher war“. Mit dem wachsenden Siedlungsdruck wurden wasserführende Bereiche bebaut und das einst offene Flusssystem in unzureichende Rohre gezwängt. Die Folge: Die Stadt verliert zunehmend ihre Widerstandskraft und ist der Kraft des Wassers schutzlos ausgeliefert.
Kritische Überflutungszonen mitten in Palma
Besonders besorgniserregend sind laut Studie drei große Überflutungsgebiete, die allesamt die stark besiedelten Zonen um Palma betreffen: die Hänge von na Burguesa, die Wildbäche Bàrbara und Gros, sowie der Prat de Sant Jordi. Der erste Bereich umfasst Teile von Stadtteilen wie El Terreno und Son Armadams, wo Straßen durch oft vergessene, zugewuchterte Wildbäche verlaufen. Bàrbara und Gros bedrohen unter anderem das Gebiet um das Krankenhaus Son Llàtzer, während der Prat de Sant Jordi bei extremem Regen auch den Flughafen und umliegende Viertel überfluten könnte. Die Geographen warnen zudem vor einem vierten möglichen Überflutungsgebiet: dem Torrent dels Jueus, der an der Grenze zu Llucmajor liegt und die stark touristischen Küstenzonen Mallorcas treffen könnte.
Versäumnisse und falsches Sicherheitsgefühl
Die Geographen kritisieren, dass sich Palma in trügerischer Sicherheit wiegt, weil sich extreme Überflutungen bislang selten wiederholt haben. Dabei warnt die Geschichte mit dramatischen Ereignissen, wie den Fluten von 1934 und 1962, vor Palmas Verwundbarkeit. Grimalt bemerkt dazu: „Palma hat nicht nur an Widerstandskraft, sondern auch an Respekt vor der Gefahr verloren.“ Autos werden bei Hochwasser zu gefährlichen Treibobjekten, und die vielen unterirdischen Parkhäuser und andere sensible Infrastrukturen könnten bei einer erneuten Flutkatastrophe zur tödlichen Falle werden. Ein besonders paradoxes Beispiel ist die Platzierung des Feuerwehrhauses direkt neben dem Wildbach Bàrbara – ein Standort, der im Ernstfall selbst hochwassergefährdet ist.
Ist Palma für die Zukunft gerüstet?
Mit dem Stadtwachstum hat Palma viele seiner natürlichen Wasserwege verbaut. Das Abflusssystem, das dem Druck großer Regenfälle kaum standhält, zeigt bereits heute Schwächen. Die Studie mahnt, dass es längst Zeit für umfassende Maßnahmen ist, um zukünftige Katastrophen zu verhindern. Die natürlichen Flutgebiete könnten durch das Anlegen unbebauter Flächen oder den Rückbau von Siedlungen wieder an Widerstandskraft gewinnen. Für Palma steht jedoch viel auf dem Spiel: Ohne Anpassungsmaßnahmen bleibt die Stadt verwundbar und birgt das Potenzial für eine Katastrophe, deren Ausmaß noch schwer abzusehen ist.