Auf Mallorca häufen sich Fälle, in denen trächtige Katzen und hilflose Kätzchen auf offener Straße entsorgt werden – eine Praxis, die besonders im Ort Sa Pobla ein Ausmaß erreicht hat, das selbst erfahrene Tierschützer sprachlos macht. An einem einzigen Wochenende mussten Mitarbeiter der Stadtverwaltung dort 21 ausgesetzte Tiere aufnehmen. Meist winzige Fellknäuel, kaum geboren, ohne jede Chance, sich selbst zu versorgen.
Die Folge: Das ohnehin schmale Budget der Gemeinde für Tierschutz ist restlos aufgebraucht. Gerade einmal 8000 Euro standen in Sa Pobla dafür zur Verfügung – eine Summe, die kaum reicht, um die Tiere medizinisch zu versorgen, zu entwurmen, zu kastrieren und mit einem Mikrochip zu versehen, wie es das spanische Tierschutzgesetz vorschreibt. „Wir sind verpflichtet, uns um die Tiere zu kümmern, aber unsere Mittel sind begrenzt“, sagt der stellvertretende Bürgermeister Antoni Simó Tomàs.
Dabei sind die Straßenkatzen in Sa Pobla kein neues Phänomen. 80 Prozent der Tiere werden laut Tomàs inzwischen kontrolliert, entwurmt und versorgt. Dafür kooperiert die Gemeinde mit lokalen Tierschutzvereinen und Tierärzten. Doch was mühsam aufgebaut wurde, droht zu kippen. Immer mehr Privatleute bringen verletzte Tiere zum Tierarzt und erwarten, dass die Gemeinde zahlt – oder sie setzen trächtige Katzen kurzerhand aus.
Das Problem ist nicht nur eine moralische Frage, sondern auch eine finanzielle. Die Nachbargemeinde Pollença soll nun helfen, die Kosten zu stemmen. Doch ohne striktere Kontrollen und ein Umdenken in der Bevölkerung droht ein Fass ohne Boden.
Hohe Strafen, klare Regeln – Deutschlands strengere Linie
Ein Blick nach Deutschland zeigt, wie ernst das Aussetzen von Tieren hier genommen wird – zumindest auf dem Papier. Wer eine Katze aussetzt, riskiert ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro. Wird das Tier dabei gequält, drohen sogar bis zu drei Jahre Haft. Ob ausgewachsener Kater, trächtige Katze oder ein Wurf Kätzchen: Tiere gelten nicht als Müll, den man heimlich entsorgen darf.
Das deutsche Tierschutzgesetz verpflichtet die Kommunen außerdem dazu, Fundtiere aufzunehmen, medizinisch zu versorgen und unterzubringen. In der Praxis leisten Tierheime und Vereine den Löwenanteil dieser Arbeit. Sie betreuen Katzenkolonien, lassen die Tiere kastrieren, kümmern sich um kranke und verletzte Streuner.
Doch auch in Deutschland stoßen viele Tierheime längst an ihre Kapazitätsgrenzen. Die Zahl herrenloser Katzen wächst, während Spenden und Zuschüsse nicht Schritt halten. Viele Tierheime sind chronisch überfüllt, ehrenamtliche Helfer überlastet, der Fachkräftemangel macht sich auch hier bemerkbar.
Eine Gemeinschaftsaufgabe, die Geld kostet
Das Beispiel Mallorca zeigt, wie schnell ein scheinbar „kleines" Problem zur kommunalen Mammutaufgabe werden kann. Wer eine trächtige Katze aussetzt, schafft gleich ein Dutzend weiterer Probleme. Ohne Kastrationen vermehrt sich eine Katzenkolonie rasant – mit fatalen Folgen für die Tiere selbst und die Gemeinden, die ihre gesetzliche Pflicht erfüllen müssen.
In Deutschland sorgt die strenge Gesetzeslage zumindest dafür, dass Aussetzen kein Kavaliersdelikt ist. Doch auch hier sind es letztlich die Gemeinden, die zahlen – oft mit Unterstützung engagierter Tierschutzvereine, die ihre Arbeit meist auf Spendenbasis stemmen.
Ob auf Mallorca oder in Berlin: Tierschutz kostet. Und solange Menschen ihre Verantwortung für Haustiere so leichtfertig abgeben wie einen leeren Milchkarton, wird sich daran wenig ändern.