Ein wenig aus der Zeit gefallen inmitten von Handy-Läden, schicken Boutiquen und Souvenirshops wirkte die Mercería Ca Donya Àngela schon seit geraumer Zeit. Jetzt kam das Aus des 340 Jahre alten und damit ältesten Geschäfts Mallorcas. Inhaber Miquel Aguiló kündigte am Freitag die Aufgabe des traditionsreichen Kurzwarenladens an, den elf Generationen seiner Familie seit 1685 führten.
"Mir ist die Geduld ausgegangen", begründet Aguiló gegenüber der MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora" seine Entscheidung. Sein Laden habe zuletzt eher eher einem Museum geglichen. "Die Leute kommen herein, loben, dass es einen solchen Laden noch gebe, machten Fotos – und strömen wieder hinaus ohne etwas zu kaufen."
Aguiló weiß von Touristinnen zu berichten, die einen Meter Garn verlangten, obwohl eine Rolle mit hundert Metern 2,75 Euro koste. Dazu komme, dass jene Kundschaft, die sich noch selbst an die Nähmaschine setze, allmählich aussterbe. Früher hätten fünf Verkäuferinnen, sein Vater und er selbst ununterbrochen bedient. Heute stehe er meist allein im Laden, und fühle sich selbst dann überflüssig.
Die Straßen rund um die Mercería an der Kreuzung von Jaume II, Colom und Bosseria seien zwar zeitweise voll von Kreuzfahrt-Touristen, doch "echte Kunden kommen kaum noch", klagt Aguiló. Um ihn herum hätten andere traditionelle Kurzwarenläden längst das Handtuch geworfen, darunter die Mercería Ca Na Bet, die Mercería Colón und El Guante de Oro. "Am Ende wird hier wohl ein Souvenirshop mit Produkten aus China einziehen", prophezeit der Kaufmann mit bitterer Ironie.
Dass die Familie überhaupt so lange durchgehalten habe, liegt daran, dass sie keine Miete zahlen musste. Für das Ladenlokal, das seit Generationen im Besitz der Familie ist, stünden willige Mieter bereits Schlange, so Aguiló. "So mancher hat uns 10.000 Euro und mehr por Monat geboten." Zumeist für Eisdielen und auf Urlauber ausgerichtete Geschäfte. Um seine Zukunft muss sich der Kurzwarenhändler somit nicht sorgen.
Vor wenigen Jahren hatte sich Aguiló noch kämpferisch gegeben. 2018 betonte er in einer Reportage gegenüber dem MM, "niemals verkaufen" zu wollen. Allerdings fühlten sich seine Frau und er schon damals als eine Art "Widerstandskämpfer". Doch die Konkurrenz billiger chinesischer Importe, das Schließen von Kurzwarenfabriken in Spanien sowie das veränderte Konsumverhalten haben das Paar nun in die Knie gezwungen. Jeder Widerstand zwecklos, wieder ein Punktsieg für made in China.
Aguiló will sich nach dem Ausverkauf zur Ruhe setzen. Was mit dem Ladenlokal geschehe, sei noch unklar. Vielleicht eine Eisdiele, oder doch ein weitere Andenkenladen.