Auf der Tourismusmesse World Travel Market in London hat die Balearenregierung am Mittwoch einen Rückgang des Besucherdrucks im Hochsommermonat August verkündet. Bei genauer Betrachtung zeigt sich allerdings: Während die Gesamtzahlen für den Archipel leicht sanken, verzeichnete die Urlaubsinsel per excellence, Mallorca, einen neuen Höchststand.
Nach Angaben des balearischen Statistikamts Ibestat lag die durchschnittliche Bevölkerungsdichte auf den Balearen im August bei 2,005 Millionen Menschen – rund 11.500 weniger als im Vorjahresmonat. Tourismusminister Jaume Bauzá (Volkspartei, PP) wertete dies als Erfolg der Regierungspolitik: "Diese Zahl ist der beste Indikator für den Trendwechsel", sagte er in London.
Von diesem Trendwechsel ist ausgerechnet auf Mallorca nichts zu spüren. Auf der größten Baleareninsel stieg der durchschnittliche Besucherdruck im August auf 1,455 Millionen Menschen – 5.300 mehr als im Vorjahr und damit ein neuer Rekord. Nur auf den kleineren Inseln Menorca, Ibiza und Formentera gingen die Zahlen zurück.
Experten führen die leichte Gesamtentlastung weniger auf politische Entscheidungen als auf wirtschaftliche Faktoren zurück. Besonders schwächelnde Herkunftsmärkte spielten eine Rolle. Pau A. Monserrat, Wirtschaftswissenschaftler und Mitglied des Rats für Wirtschafts- und Gesellschaftsstudien CES, verweist auf die deutsche Wirtschaft: "Einer der wichtigsten Märkte, nämlich Deutschland, durchlebt gerade wirtschaftlich schwere Zeiten."
Die Deutschen hätten ein geringeres verfügbares Einkommen und blickten eine zunehmend unsicheren Zukunft entgegen. weniger Zukunftssicherheit. "Deshalb reisen sie weniger", so sein Fazit. Hinzu kämen gestiegene Hotel- und Flugpreise. In andere Worten: Der Markt reguliere sich gerade selbst.
Der Geografie-Professor Pere Salvà sieht ebenfalls die "Krisen oder das geringere Wirtschaftswachstum bei Briten und Deutschen" als Hauptgrund für den leichten Rückgang bei den Gästezahlen. Margalida Ramis von der Umweltschutzorganisation GOB kritisiert, die Regierung schmücke sich mit fremden Federn. "Die gegenwärtige Konjunktur hängt von vielen Faktoren ab." Außerdem sei der Rückgang "sehr gering und völlig unzureichend".
Auch die Sprecherin der Bürgerinitiative Mallorca no es ven, Laura Pérez , zeigt ist von der Lesart der Regierung nicht überzeugt: "Man muss sich nur im Sommer auf Mallorca umschauen, dann sieht man ganz deutlich, dass der touristische Druck uns das Leben unmöglich macht – insbesondere bei der Mobilität und den Mietpreisen."
Selbst Javier Vich, Präsident des mallorquinischen Hotelverbands, geht mit seinem Produkt Mallorca hart ins Gericht. Ihm fehlt es ganz grundsätzlich an Qualität: „Mallorca muss nicht mehr, sondern besser wachsen."
Wie das geschehen könnte, zeigt die Inselhauptstadt Palma. Deren Bürgermeister Jaime Martínez (PP) präsentierte tags zuvor in London die touristische Neuausrichtung seiner Stadt. Er warb für die Bewerbung der Inselhauptstadt als Europäische Kulturhauptstadt 2031. Kultur könne "den Tourismus in neue Bahnen leiten und zur Regenerierung des Territoriums beitragen", sagte Martínez vor Branchenvertretern und Fachjournalisten. Er verwies auf eine neue Generation von Urlaubern, die besonderen Wert auf kulturelle Erlebnisse lege.
Die Kandidatur wird von der konservativen Regierung auf allen Ebenen unterstützt – von Ministerpräsidentin Marga Prohens über Inselratspräsident Llorenç Galmés (PP) bis zu Bürgermeistern wichtiger Tourismusgemeinden. Flankiert werden soll der kulturelle Wandel durch städtebauliche Großprojekte wie die Umgestaltung der Plaça Major und die Schaffung eines grünen Korridors vom Schloss Bellver bis zum Landgut Son Quint.