Beim Forum zum 50-jährigen Bestehen des Mallorca Magazins Mitte Oktober scherzte Wolfgang Kubicki, was in einem Koalitionsvertrag der möglichen neuen Bundesregierung von SPD, Grünen und seiner FDP stehen könnte: „Dass Karl Lauterbach und ich gemeinsam nach Mallorca fliegen.“ Die Gäste im Saal Aljub des Museums Es Baluard in Palma lachten.
Dass sich Kubicki mit dem SPD-Politiker auf der Insel treffen will, beruht auf dessen Kritik an Mallorca. Der Gesundheitsexperte hatte den hiesigen Behörden im März dieses Jahres vorgeworfen, zu manipulieren. Als diese kurz vor Ostern dementierten, dass die brasilianische Virusvariante P1 auf Mallorca entdeckt worden sei, sagte Lauterbach: „Da wird auch noch getrickst, ich glaube da kein Wort.“
Diese Aussage machte er, kurz nachdem die Bundesregierung die Reisewarnung für die Insel aufgehoben hatte und geschätzt 40.000 Deutsche Wellen sehen wollten, die nichts mit Corona zu tun hatten. Kubicki hatte zuvor im Mallorca Magazin dafür plädiert, die Balearen von der Liste der Risikogebiete zu streichen.
Der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, der eine Wohnung in Camp de Mar hat, griff den Konflikt in seiner Rede auf: „Tourismus lebt von Vertrauen und dieses Vertrauen wurde von deutschen Politikern beschädigt, ohne dass es dafür einen Grund oder einen Anlass gab.“ Die balearischen Behörden stünden den deutschen bei Sicherheit, Umsicht und Verantwortungsbewusstsein in nichts nach. „Die Art und Weise, wie manch einer in Deutschland Stimmung auf Kosten der mallorquinischen Unternehmer gemacht hat, beschämt mich. So gehen Freunde nicht miteinander um.”
Kubicki hoffe, dass dies auch in Deutschland noch einmal reflektiert wird und „wir dieses unrühmliche Kapitel ein für alle Mal hinter uns lassen“. Dass die Causa „Urlaub während eines Lockdowns ja oder nein“ auf Mallorca und nicht auf Italien oder Griechenland bezogen wurde, habe den Worten Kubickis zufolge jedoch auch die besondere Bedeutung der Insel im Bewusstsein der Deutschen deutlich werden lassen.
Dass sich Mallorca seit den 60er Jahren zu einem Sehnsuchtsort der Deutschen entwickelt habe, dazu habe auch das Mallorca Magazin beigetragen, sagte Kubicki. Eine Vermittlerposition zwischen Einheimischen und Gästen habe der ehemalige Chefredakteur Bernd Jogalla die Funktion des Blattes genannt. Es erkläre den Deutschen, wie Mallorca funktioniert und wie die Mallorquiner denken. „Der Wert einer solchen Arbeit geht über die Insel und über das deutschsprachige Europa hinaus.“
So könne Europa zusammenwachsen. „Man kann in Sonntagsreden immer wieder die europäische Einheit beschwören und man kann sogar vom europäischen Bundesstaat träumen.“ Aber man werde nicht an der Realität vorbeikommen, dass verschiedene europäische Öffentlichkeiten bestünden. „Außer Sportereignissen und vielleicht dem Eurovision Song Contest gibt es keine gemeinsame europäische Erfahrung, kein gemeinsames europäisches Bewusstsein für Politik und Gesellschaft.“
Stattdessen sei die Europäische Union in 27 parallele Öffentlichkeiten und 24 Amtssprachen geteilt. Ein nachhaltiges Wachstum eines europäischen Bewusstseins könne so schwer entstehen, sei aber nicht ausgeschlossen.
Die MM-Fachtagung, die am 13. Oktober stattgefunden hatte, stand unter dem Motto "Mallorca und Deutschland, gemeinsam Zukunft gestalten". Gefördert wurde die Veranstaltung auch von der Tourismusstiftung Mallorcas #MallorcaSafeTourism.
(aus MM 43/2021)