Die rechtspopulistische Vox-Partei hat wegen eines Problems bei der Verteilung von Flüchtlingen mit dem konservativen Partido Popular (PP) sämtliche Kooperationen auf spanischer Regionalebene aufgekündigt, darunter die Tolerierung der Landesregierung von Mallorca und den Nachbarinseln. Parteichef Santiago Abascal machte diese Ankündigung am Donnerstagabend.
Damit hat die konservative Regionalregierung keine Mehrheit mehr im Parlament. Man hofft dort aber, einige Abgeordnete der ohnehin zerstrittenen Vox-Partei auf seine Seite zu ziehen, sodass dann doch eine Mehrheit zustande kommen kann. Auf Inselratsebene und in der Stadt Palma, wo beide Parteien sogar koalieren, hat der Beschluss der Rechtspopulisten politischen Kreisen zufolge, die von der MM-schwesterzeitung "Ultima Hora" zitiert wurden, aber keine Auswirkungen.
Bei der Kontroverse ging es um die Aufnahme unbegleiteter minderjähriger Migranten, die vor kurzem auf einer nationalen Migrationskonferenz auf Teneriffa beschlossen worden war. Vox beschuldigte die PP, Vereinbarungen gebrochen zu haben. Die balearische Ministerpräsidentin Marga Prohens sagte hingegen, dass immer sämtliche Absprachen eingehalten worden seien. Die Regionalregierung ist seit etwas mehr als einem Jahr im Amt.
Santiago Abascal, der nationale Präsident von Vox, ließ kein gutes Haar an der PP und insbesondere am Vorsitzenden Alberto Núñez Feijóo: „Feijóo hat die Regionalpräsidenten seiner Partei gezwungen, der Verteilung von 400 minderjährigen Immigranten zuzustimmen, was die Koalitionsvereinbarungen bricht. Die PP handelt gegen die Interessen des spanischen Volkes.“
Die Inseln sind nach Meinung der Landesregierung mit der Betreuung von 306 unbegleiteten minderjährigen Ausländern bereits überlastet, was einer Überbelegung von 650 Prozent über der Kapazität entspricht. Familienministerin Catalina Cirer warnte, dass die Inseln nicht in der Lage seien, weiterhin unbegleitete Minderjährige aufzunehmen. „Die Balearen sind am Limit. Wir fordern eine Sonderbehandlung und eine Konferenz der Regionalpräsidenten, um dieses ernsthafte Problem zu lösen“, betonte Cirer. Der vom Ministerium bereitgestellte Betrag von 529.250 Euro für die Betreuung der zehn neuen Jugendlichen sei „völlig unzureichend“.
Dennoch entschied sich die Balearenregierung aus "humanitären Gründen" letztendlich, zehn unbegleitete Minderjährige aufzunehmen. Prohens kritisierte die sozialistisch geführte spanische Zentralregierung dafür, ein Problem zu lösen, das ihrer Meinung nach in deren Zuständigkeit fällt, und forderte erneut einen Dialog und Konsens mit Madrid, „den es bisher nicht gegeben hat“.
Neben den Balearen betrifft die Verteilung unbegleiteter minderjähriger Migranten auch andere von der PP regierte Regionen. Laut dem Vorschlag der Exekutive sollen Aragón 20, Castilla y León 21, die Comunidad Valenciana 23, Extremadura 30 und Murcia 30 Minderjährige aufnehmen. Vox hatte wiederholt gewarnt, dass sie die regionalen Regierungen als gebrochen betrachten werden, sollten die PP-Präsidenten nicht alle politischen und rechtlichen Mittel einsetzen, um sich der Aufnahme unbegleiteter minderjähriger Migranten zu widersetzen.