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Kampfdrohnen auf Mallorca? Wann das Waffenlager am Flughafen Palma fertig sein soll

Auf Palmas Airport entsteht ein unterirdisches Waffenlager für Bomben und Raketen – auch für den Einsatz moderner Kampfdrohnen. Das Verteidigungsprojekt sorgt auf der Insel für Unruhe und politischen Streit.

Die Mq 9 gilt als modernste Kampfdrohne der spanischen Luftwaffe. (Archiv) | Foto: Fco Javier Chao / Spanische Luftwaffe

| | Mallorca |

Nur wenige Kilometer von der Playa de Palma entfernt, auf dem militärischen Teil des Flughafens Son Sant Joan auf Mallorca, wächst ein Bauwerk, das für Unbehagen sorgt: ein unterirdisches Waffenlager der spanischen Luft- und Weltraumstreitkräfte. Das Verteidigungsministerium will hier künftig sogenannte „strategische Materialien“ lagern – ein Begriff, der in Wahrheit Bomben, Raketen und andere Munition meint.

Das Depot entsteht halb im Boden eingelassen, in einer Igluform, die Explosionen ablenken und Druckwellen abfangen soll. Mit 27 Metern Länge, gut neun Metern Breite und 4,5 Metern Höhe wird es ein massiver Betonbau, bedeckt von einer 40 Zentimeter dicken Stahlbetondecke. Darüber liegt eine Schicht aus Erde und Vegetation, die das Gebäude optisch in die Landschaft einfügen und zugleich als natürliche Schutzbarriere dienen soll. Das Verteidigungsministerium spricht von einer Anlage, die Explosionen von bis zu sieben Bar Druck aushalten kann – das entspricht einer enormen Sprengkraft.

Die Bauarbeiten, vergeben für rund 1,8 Millionen Euro, begannen im September. Wenn alles nach Plan läuft, soll das Lager im Sommer kommenden Jahres betriebsbereit sein. Es wird eine Kapazität von 75 Tonnen haben und dient nach offiziellen Angaben vor allem der sicheren Aufbewahrung von Raketen und Bomben, wie sie an Kampfflugzeugen, Hubschraubern oder Drohnen montiert werden.

Waffen für die neue Generation der Kriegsführung

Besonders aufmerksam macht das Projekt, dass es auch für die Lagerung von Waffen ausgelegt ist, die künftig auf Kampfdrohnen vom Typ MQ-9 Predator eingesetzt werden könnten. Diese unbemannten Fluggeräte gelten als die modernsten, über die Spanien derzeit verfügt. Betrieben werden sie bislang auf dem Stützpunkt Talavera la Real in der Provinz Badajoz – doch die Nähe Mallorcas zum westlichen Mittelmeer macht die Insel aus Sicht des Militärs strategisch interessant.

Ein Sprecher der Luftwaffe betonte gegenüber der MM-Schwesterzeitung "Última Hora", es handele sich bei dem neuen Lager „um eine logistische Maßnahme, nicht um eine militärische Eskalation“. Dennoch sorgt die mögliche Stationierung bewaffneter Drohnen auf Mallorca für Unruhe. Das Verteidigungsministerium bestreitet zwar, konkrete Pläne zu haben, doch Beobachter werten den Bau als langfristige Vorbereitung auf eine mögliche Ausweitung der Einsätze.

Die MQ-9 Predator, elf Meter lang und mit einer Spannweite von rund 20 Metern, erreicht Geschwindigkeiten von bis zu 400 Kilometern pro Stunde und kann 3000 Kilometer weit fliegen. Sie wird in Spanien bislang vor allem zu Aufklärungszwecken eingesetzt, könnte aber – ausgestattet mit Lenkbomben vom Typ GBU-49 oder Hellfire-Raketen – auch als bewaffnete Kampfdrohne dienen.

Die Basis Son Sant Joan ist derzeit vor allem logistisch geprägt. Hier ist das Ala 49 stationiert, eine Einheit der spanischen Luftwaffe, die für Such- und Rettungsmissionen sowie die Überwachung des Mittelmeers zuständig ist. Ihre Lage zwischen Nordafrika, der Iberischen Halbinsel und dem Rest Europas macht die Basis zu einem zentralen Knotenpunkt für Rettungs- und Sicherheitsoperationen. Mit dem neuen Depot könnte sie jedoch eine deutlich strategischere Rolle einnehmen – als Bindeglied zwischen humanitärer Mission und militärischer Machtprojektion.

Geotechnische Arbeiten vor Ort. Foto: Ingeniería de Sondeos de Baleares

Sicherheit inmitten von Ferienfliegern

Das Waffenlager entsteht auf einem bisher unbebauten Teil der Basis, nördlich der alten Alarmbarracken und unweit eines ausrangierten Flugzeugs der Airline Spantax, das dort seit Jahren vor sich hin rostet. Da das Gelände im Eigentum des Verteidigungsministeriums steht, waren keine Enteignungen oder Genehmigungen erforderlich.Die Nähe zum zivilen Flughafen – einem der verkehrsreichsten Europas im Sommer – machte jedoch umfangreiche Sicherheitsuntersuchungen nötig. Geotechnische Gutachten, Bodenproben, Lärmsimulationen und Risikoanalysen wurden durchgeführt. In Phasen erhöhter Aktivität dürfen aus Sicherheitsgründen höchstens acht Arbeiter gleichzeitig auf dem Gelände tätig sein.

Im Inneren wird das Depot ohne tragende Säulen gebaut, um den Raum flexibel zu nutzen. Gepanzerte Kabel, geschützte Beleuchtung und ein spezielles Abdichtungssystem sollen die Anlage gegen Wasser und Druck sichern. Draußen sind Hydranten, Löschwasseranschlüsse und andere Brandschutzsysteme geplant. Laut Ministerium erfüllt der Bau sämtliche NATO-Sicherheitsvorschriften und soll Waffen wie AMRAAM-, Meteor-, IRIS-T-, Hellfire- oder GBU-49-Raketen aufnehmen können.
Auch an Nachhaltigkeit wurde gedacht: Die halbunterirdische Bauweise stabilisiert die Innentemperatur, verringert den Energiebedarf und reduziert den optischen Eingriff in die Umgebung. „Das ist kein Bunker aus dem Kalten Krieg“, heißt es aus Ministeriumskreisen, „sondern ein moderner Sicherheitsbau mit minimaler Umweltwirkung.“

Politischer Streit auf der Insel

Während das Verteidigungsministerium von einem notwendigen Modernisierungsschritt spricht, sehen viele auf der Insel den Bau mit Skepsis. Der Streit hat längst die Regionalpolitik erreicht.
Die links-regionalistische Partei Més per Mallorca nannte das Projekt eine „Respektlosigkeit gegenüber den Balearen“. Sprecher Lluís Apesteguia kritisierte, dass Madrid solch ein Vorhaben vorantreibe, während auf der Insel über mehr Mitbestimmung bei der Verwaltung öffentlicher Infrastruktur diskutiert werde. Mallorca dürfe, so Apesteguia, „nicht zur Kriegsmaschine gemacht werden – weder von den USA noch vom spanischen Staat“.

Auch die konservative Volkspartei (PP) bemängelt mangelnde Transparenz. Fraktionssprecher Sebastià Sagreras forderte „mehr institutionelle Loyalität“ und erklärte, die Regionalregierung und die Stadt Palma hätten frühzeitig über die Pläne informiert werden müssen. Gleichzeitig betonte er, seine Partei erkenne als „Staatspartei“ Spaniens Sicherheitsinteressen an und stehe grundsätzlich zur NATO-Verpflichtung des Landes – ein diplomatischer Spagat zwischen Kritik und Zustimmung.

Deutlich härter äußerte sich Podemos. Die Links-Partei lehnt das Projekt vollständig ab und warnt vor einer zunehmenden Militarisierung der Insel. Stadträtin Lucía Muñoz erklärte nach ihrer Rückkehr von einer internationalen Friedensveranstaltung, sie wolle „keine Bomben auf Mallorca“. Wenn jemand Waffen lagern wolle, „soll er sie in seinem eigenen Haus aufbewahren, nicht neben unserem Flughafen“.
Unterstützung kommt dagegen von Vox, der rechtsnationalen Partei. Sie bezeichnet das Waffenlager als „strategisch notwendige Investition“ zur Sicherung der nationalen Verteidigung. Mallorca sei „ein Schlüsselstandort für die Sicherheit des Mittelmeers“, so die Partei in einer Erklärung – eine Position, die in der Bevölkerung allerdings umstritten ist.

Zwischen Sicherheit und Symbolik

Das Verteidigungsministerium betont, dass es bei dem Projekt nicht um Aufrüstung, sondern um Sicherheit gehe. Die Modernisierung der Lagerinfrastruktur sei Routine, um alte Gebäude zu ersetzen und moderne Sicherheitsstandards zu erfüllen.
Doch die Symbolik des Projekts ist stark – vielleicht stärker als seine militärische Bedeutung. Dass wenige Kilometer von Ferienresorts und Wohnsiedlungen entfernt künftig Raketen und Bomben gelagert werden, sorgt für Unbehagen. Auf einer Insel, die sich über Jahrzehnte als friedliches Urlaubsparadies inszeniert hat, klingt der Gedanke an Drohnen und Sprengstoffbunker wie ein Fremdkörper.
Für das Verteidigungsministerium ist Son Sant Joan hingegen ein idealer Standort: gut gesichert, bereits militärisch genutzt und geostrategisch günstig gelegen. Für viele Mallorquiner aber steht das Projekt sinnbildlich für die wachsende Diskrepanz zwischen zentralstaatlicher Macht und regionalem Selbstverständnis.

Ob das Lager tatsächlich eines Tages auch bewaffnete Drohnen versorgen wird, bleibt offen. Doch schon jetzt zeigt sich, dass der Bau weit über die militärische Bedeutung hinausweist: Er ist ein Test dafür, wie viel Sicherheit die Inselgesellschaft zu akzeptieren bereit ist – und wo für sie die Grenze zwischen Schutz und Militarisierung verläuft.

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