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Expertin: Spanier tanzen nicht besser als Deutsche

Den „Rhythmus im Blut” als solchen gibt es nicht

Es gibt sie noch, die klassischen Tanzkurse.

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Mallorca Magazin: Frau Ritter, wie wird man eigentlich ADTV-Tanzlehrerin?

Tina Ritter: Es ist ein ganz normaler Beruf. Die Ausbildung dauert drei Jahre. Am Ende legt man eine theoretische und eine praktische Prüfung ab und schon ist man ausgebildete Tanzlehrerin.

MM: Eine theoretische Prüfung im Tanzsport?Wie soll das funktionieren?

Ritter: Das gibt es tatsächlich. Man sitzt in einem Raum gegenüber von drei streng dreinblickenden Prüfern und muss wörtlich die Schrittfolgen wiedergeben... „Zwei vor, eins zurück”, und so weiter. Das ist natürlich ein wenig kurios, das muss ich zugeben, und einfach ist es nicht. Denn jeder muss neben dem eigenen auch den anderen Part tanzen können. Ich musste also auch den Herrenpart draufhaben.

MM: ADTV-Tanzlehrerin ist ja doch ein etwas exotischer Beruf. Wie sind Sie zum Tanzsport gekommen?

Ritter: Ich war, seit ich denken kann, begeistert vom Tanzen, habe bereits als Kind damit angefangen und es immer als Hobby betrieben. Später dann stand mein Berufswunsch fest: Ich will Tanzlehrerin werden. Meine Eltern wollten aber, dass ich erstmal etwas „Ordentliches” lerne. Also habe ich vorher zwei andere Ausbildungen gemacht, eine zur Fremdsprachenkorrespondentin für Englisch und Französisch und eine zur Industriekauffrau.

MM: Ist so eine Ausbildung denn teuer? Lohnt sich das?

Ritter: Billig ist es nicht gerade, damals kostete sie 16.000 Mark. Ich denke, heute kostet es das Gleiche, aber in Euro. Natürlich lohnt es sich, sich beim ADTV, dem allgemeinen deutschen Tanzlehrerverband, ausbilden zu lassen. Den Menschen, die Tanzkurse machen, ist es wichtig, dass sie vom Profi lernen. Ich muss nicht selten meine offizielle Urkunde vorzeigen.

MM: Was macht denn die Faszination des Tanzsports aus?

Ritter: Ich kann das nicht so genau sagen. Es ist ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Zum einen die Musik, aber vor allem die Freude an Bewegung war, was mich so begeistert hat.

MM: Heute geben Sie an verschiedenen Orten auf Mallorca Tanzkurse, hauptsächlich in Santa Ponça. Die meisten Ihrer Kunden sind Deutsche, wie gerne tanzen die Deutschen ?

Ritter: Das kann man so nicht sagen. Es gibt überall auf der Welt Menschen, die gerne tanzen und Menschen die es nicht gerne tun, ganz unabhängig von der Nationalität.

MM: Aber es gibt doch bestimmt Länder, in denen die Menschen besser tanzen können als wir Deutsche. Den Spaniern sagt man ja den „Rhythmus im Blut” nach.

Ritter: Ich wehre mich gegen solche Verallgemeinerungen (lacht). Nein im Ernst, Spanier können grundsätzlich nicht besser tanzen als Deutsche. Ob jemand eine gewisse Begabung an den Tag legt, ist meines Erachtens keine Frage der Herkunft, sondern eher eine Frage, in welchem Alter und wie intensiv man mit dem Tanzen in Berührung kommt. Insofern kann man sagen, dass vielleicht die Südamerikaner bessere Grundlagen haben als wir Europäer. Das hat aber nichts mit „Rhythmus im Blut” zu tun, sondern schlicht und einfach mit der Tatsache, dass man dort immer und überall von Musik und Tanz umgeben ist und die meisten schon als Kinder damit in Berührung kommen.

MM: Mit welchem Ziel gehen die Menschen heutzutage in Tanzkurse?

Ritter: Früher ging man in den Tanzkurs, weil man halt in den Tanzkurs geht, basta! Heute ist das anders. Viele gehen nur zum Tanzkurs, weil sie Freude daran haben. Sie freuen sich, einen Abend in der Woche mit Musik und Bewegung zu verbringen, sich zu bewegen. Ich habe aber auch Kunden, die den Kurs aus einem ganz speziellen Grund absolvieren, zum Beispiel weil ein Familienmitglied heiratet. Dann biete ich einen Hochzeitskurs für Walzer, langsamen Walzer und Foxtrott an.

MM: Und welcher ist Ihr persönlicher Lieblingstanz?

Ritter: Rumba. Er vereint südamerikanisches Lebensgefühl mit langsamer Sinnlichkeit.

(aus MM 50/2014)

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